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Lübeck Lupe

Vom Eisernen Vorhang zum Grünen Band – Geschichts-Radtour entlang der früheren Grenze

Grün verbindet Radtour - Vom Eisernen Vorhang zum Grünen - Lübeck-Ratzeburg_29-08-15Wo sich heute ein Grünzug unverfänglich durch die malerische Landschaft zwischen Lübeck und Ratzeburg zieht, lag vor gar nicht so langer Zeit ein Todestreifen mit Stacheldraht, Minen und Schießbefehl. Was für jüngere Menschen in der Region unglaublich klingt, war für ältere Teilnehmer einer erinnerungspolitischen Radtour alltägliche Realität im Irrsinn des Kalten Krieges. Ob als Anwohnerin oder als Bundesgrenzschutzpolizist, sie können sich gut an den Eisernen Vorhang, ewige Grenzkontrollen oder die verwehrte Reisefreiheit in der DDR erinnern.

Um diese lokale Geschichte, aber auch die wunderbare Natur sprichwörtlich „erfahrbar“ zu machen, laden die Grünen aus beiden Bundesländern seit mehreren Jahren zu Radtouren auf dem früheren Grenzstreifen und heutigen Grünen Band ein. Denn nicht wenige der alten Patrouillenstrecken sind heute zu einem Radweg ausgebaut: Von Finnland bis zur Türkei führt der „Iron Curtain Trail“ entlang der früheren Linie zwischen den Systemen. „Auf einmalige Art konnte so eine schreckliche Trennungsgeschichte in wunderbar verbindendes EU-Projekt umgewandelt werden. Regionale Gedenkkultur, Naturschutz und nachhaltiger Tourismus ergänzen sich hier aufs Beste“, schwärmt Michael Cramer. Denn der Radweg führt durchs Grüne Band – eine Kette wertvoller und geschützter Biotope, die einst im Niemandsland ungestört entstehen konnte.

Der Abgeordnete im Europaparlament gehört zu den Initiatoren dieser Tour und kennt fast jede Ecke entlang der rund 10.000 Kilometer langen Strecke. Dieses Mal begleitete er die rund 40 Radler am vergangenen Samstag vom Lübecker Holstentor bis zum Ratzeburger Bahnhof. Entlang von Wakenitz und Ratzeburger See ging es mit einer Zwischenstation im Lübecker Bundespolizeimuseum mal durchs Herzogtum Lauenburg, mal durch Nordwestmecklenburg. Ole Eggers aus Gudow leitete die Tour. Er setzte sich für die Beschilderung der Strecke ein und freut sich heute auch für die Region. „Radtouristen machen so viel Umsatz wie die Kreuzschiffe, davon kommt aber ungleich mehr vor Ort an: Pensionen, Gastronomie und Ausflugsziele profitieren von diesem sanften Regionaltourismus. Und Anwohner und Schüler können hier noch etwas über die große Geschichte vor der eigenen Haustür lernen.“

Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordneter aus Mölln, verband zum Abschluss die deutsch-deutsche Geschichte von Teilung und Flucht mit der aktuellen Flüchtlingskrise: „So schön es hier an einem Sommertag auch ist – wir dürfen uns nicht an die einen Fluchtschicksale erinnern, ohne dabei über die heutigen Flüchtlinge im Mittelmeer zu reden. Die Parallele ist zu offensichtlich – nun steht wieder ein Stacheldrahtzaun in Ungarn und Menschen sterben an Grenzen. Statt rechtsextremer Aggression oder populistischem Aktionismus stehen hier Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in ganz Europa in der Verantwortung.“