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Iran: Verhaftungen in Hauskirchen – „Zunehmende Brutalität bei Verhören von Christen“

Open-DoorsIm Iran steht die wachsende Untergrundkirche seit Jahren unter großem Druck vonseiten der Behörden. Immer wieder führen Beamte Razzien gegen die verbotenen Hauskirchen durch, die größtenteils aus ehemaligen Muslimen bestehen. Dabei werden die Mitglieder verhaftet und verhört, in jüngster Zeit offenbar vermehrt unter Anwendung von Gewalt. Kürzlich sprach Open Doors mit Robert Duncan von „Middle East Concern“ über die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich.

Was wissen wir über die Verhaftungen von Christen im Iran im vergangenen Sommer?

Es gab viele Festnahmen – genaue Zahlen zu nennen ist schwierig, aber wir wissen von 20 Verhaftungen in Kermanschah, Teheran, Schiras und Karaj im Juli und August. Die tatsächliche Anzahl könnte allerdings viel höher sein. Betroffen waren hauptsächlich Hauskirchen. Es wird davon ausgegangen, dass es einem Regierungsvertreter gelang, sich in mehrere dieser Gruppen einzuschleusen und Informationen über Mitglieder und Gemeindeleiter zu sammeln, die zu den Verhaftungen führten. Das zeigt, wie vorsichtig Hauskirchen sein müssen, wenn sie neue Mitglieder aufnehmen, und dass Sicherheit ein großes Problem für diese Gemeinden ist.

Wie wurden die Verhaftungen durchgeführt?

Bei ihren Razzien auf Hauskirchen sind die Sicherheitsbeamten in der Regel bemüht, schnell vorzugehen und möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Doch diesen Sommer gab es mehrere Vorfälle, bei denen die Gefangennahmen unnötig brutal waren und vor den Augen der Nachbarn durchgeführt wurden. Der Angriff auf eine Hauskirche in Karaj am 8. August ist ein eindrückliches Beispiel dafür: Mehr als 15 Sicherheitsbeamte in Zivil drangen während einer Taufe in ein Haus ein. Wie gewöhnlich beschlagnahmten sie Bücher und Satellitenschüsseln, danach gingen sie Nachbarn zufolge grob mit den Gemeindemitgliedern um und stießen sie in einen Kleinbus.

Was hat Sie am meisten getroffen, als Sie von den Verhören hörten?

Natürlich hängt die Behandlung während eines Verhörs sehr vom Befrager ab, aber in diesem Sommer gab es regelmäßig Berichte von Schlägen. Das steht in starkem Kontrast zu einem Verhör im Februar, bei dem die Hauskirchenmitglieder respektvoll behandelt und höflich aufgefordert wurden, das Land zu verlassen. Besonders eine Person – ein Hauskirchenleiter – wurde während des Verhörs übel beschimpft und für längere Zeit in Gewahrsam genommen. Nach dessen Freilassung traf ihn ein Freund sehr verzweifelt an. Diese Menschen brauchen unsere Unterstützung und Gebete.

Können wir etwas über die Ursachen dieser Entwicklung sagen? Könnten sie in Verbindung zu dem Atomabkommen stehen?

Ich vermute sehr, dass die Obrigkeit während der Verhandlungen sehr viel vorsichtiger vorgegangen ist, auch wenn sich das nicht beweisen lässt. Es war erstaunlich, dass zwischen dem 1. Januar und Anfang April keine einzige Verhaftung von Christen gemeldet wurde. Möglicherweise war das iranische Regime besorgt, dass die Verhandlungen durch Menschenrechtsfragen beeinträchtigt werden könnten und wollte daher unnötige Aufmerksamkeit vermeiden.

Auf dem Open Doors Weltverfolgungsindex belegt der Iran aktuell Rang 7 unter den Ländern, in denen Christen am härtesten verfolgt werden. Im September 2014 startete Open Doors eine Ermutigungskampagne für sechs im Iran inhaftierte Christen – mit überwältigender Resonanz. Allein aus Deutschland konnten 9.000 Karten weitergeleitet werden.

Quellen: Middle East Concern, Open Doors