Sinfoniekonzert in der Lübecker Musik- und Kongresshalle
Noch im Abstand der Jahre lobte Hector Berlioz sie als seine „liebste Partitur“- „lebendiger, frischer, neuartiger – und das ist einer ihrer größten Fehler- als alle meine anderen Werke“: sein „Benvenuto Cellini“ war 1838 bei der Premiere an der Pariser „Opera“ durchgefallen; 1843/44 gestaltete der Komponist aus seiner Oper eine neue, unabhängige Konzertouvertüre: „Le Carneval romain“. Das große Englischhorn-Solo geht auf das Liebesduett Cellini-Theresa, 1.Akt, 3.Szene zurück; der anschließende Saltarello wird ursprünglich im zweiten Bild, im ausgelassenen Karnevalstreiben auf der römischen Piazza Colonna gesungen und getanzt.Während der „Benvenuto Cellini“ bis heute ein unverdientes Schattendasein fristet, avancierte die 1844 uraufgeführte Ouvertüre „Le Carneval romain“ zu einem der meistgespielten Bravourstücke der Orchesterliteratur.
Die Konzerte stellen eine eindeutige Absage an die zuvor in Frankreich herrschenden „concertos brillants“ dar, nähern sich vielmehr dem Typus des symphonischen Konzertes an, in dem Solopart und Orchester gleichberechtigt und häufig eng miteinander motivisch verknüpft sind. Auf Virtuosität der Solostimme verzichtet Saint-Saens keineswegs, weder in den für sich selbst geschriebenen Klavierkonzerten noch in den beiden für Pablo des Sarasate komponierten Violinkonzerten (Nr. 1 und Nr.3), aber sie ist kein Selbstzweck wie in manchen der kleineren konzertanten Werke, sondern steht im Dienst der motivisch-thematischen Anlage.
Die ersten Einfälle zu der viersätzigen, Hans von Bülow gewidmeten Sinfonischen Fantasie G-Dur op. 16 „Aus Italien“ stammen aus dem Jahr 1886 von Eindrücken der ersten Italienreise von Richard Strauss, die ihn nach Rom, Neapel, Sorrent, Pompeji und Florenz führte.
Innerhalb der Grundstruktur der klassischen Sinfonie-Form entwickelte Strauss eine poetische und emotional-assoziative Reisebeschreibung mit musikalischen Mitteln. Dabei reicht das verarbeitete Gefühlsspektrum von wehmütiger Sentimentalität , zweiter Satz, bis zu virtuos übersetzter neapolitanischer Volksfestatmosphäre unter Einbeziehung des volkstümlichen „Funiculi-funicula“ im vierten Satz.
Bei der Uraufführung 1887 in der Münchener Akademie unter der Leitung des Komponisten fiel das Opus bei Publikum und Presse durch. Der Rezensent der Wiener „Neuen Freien Presse“ etwa schrieb: „Zweifelhaft, ob jemand nach dieser musikalischen Schilderung nach Italien reisen möchte. Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide.“ Strauss selbst meinte nach der umstrittenen Uraufführung: „Mein Stolz war ungeheuer; das erste Werk, das auf die Opposition des großen Haufens gestoßen ist; da muß es doch nicht unbedeutend sein.“
Bis auf den heutigen Tag hat sich „Aus Italien“ jedoch nicht im Repertoire etablieren können, Aufführungen dieser frühen Orchesterdichtung besitzen hohen Seltenheitswert. In diskographischer Hinsicht ist das Werk hinreichend dokumentiert, u.a. durch Rudolf Kempe und die Staatskapelle Dresden sowie durch
Riccardo Muti und das Philadelphia Orchestra.