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Lübeck Lupe

In Lübeck live bei der größten Ausgrabung zur deutschen Hanse dabei sein

FOTO: Lübecker Holstentor / Sven-Erik Arndt

In Lübeck können Besucher bei der größten Ausgrabung zur deutschen Hanse Archäologen über die Schulter schauen und in Führungen Faszinierendes über das Leben im Mittelalter erfahren. Auf der rund 2.200 Quadratmeter großen Grabungsfläche im Gründungsviertel der Hansestadt geben archäologische Funde von Bernsteinperlen über Puppen bis zu Schuhen spannende Erkenntnisse über die Entstehung der Hansestadt preis – und stellen das Klischee vom düsteren Mittelalter auf den Kopf.
Ausgerechnet in den Kloaken findet sich der Stoff, aus dem Archäologen-Träume sind: In feuchten Umgebungen erhalten sich Fundstücke gut – und hier landete von Textilien über Schuhe, Puppen und Speisen alles, was den Alltag im Mittelalter ausmachte. Teilweise werden sogar Leichen gefunden und die Kloake des Scharfrichters bringt Schauerliches wie abgetrennte Gliedmaßen oder Folteropfer zutage.
„Wenn du mich küssest, dann vögel ich dich“, Fundstücke wie der Dolch mit dieser frivolen Inschrift widerlegen laut Grabungsleiter Manfred Gläser das gängige Bild vom Mittelalter: „Diese Epoche war keineswegs dunkel, sondern unglaublich bunt, prall, vital und sehr erotisch. Im Laufe der Jahrhunderte sind jedoch die farbenfrohen Anstriche der Häuserfassaden und Gebrauchsgegenstände verblasst“, erläutert er. Auch dass das Mittelalter keine Kindheit kannte, kann Gläser anhand des zahlreichen gefundenen Kinderspielzeugs widerlegen: “Kreisel und alles, was bis ins frühe 20. Jahrhundert an Kinderspielzeug üblich war, gab es schon damals.“
Lübeck ist die älteste deutsche Stadt im Ostseeraum – und war während des Handelsverbundes die Bedeutendste der Hansestädte von Russland über England bis nach Island. Bis zu einer Tiefe von fünf Metern gehen die 35 Archäologen der Entstehung der Hanse auf den Grund. Hier, im Gründungsviertel zwischen der berühmten Marienkirche und der Trave, konnten sie sogar Spuren aus dem 12. Jahrhundert ans Tageslicht bringen, darunter Reste eines Holzhauses aus der Zeit um 1181. Bereits im Jahr 1987 hat die UNESCO dieses geschichtsträchtige Viertel als ersten deutschen Stadtteil geschlossen zum Weltkulturerbe ernannt. Die Grabungen sollen Ende 2013 abgeschlossen sein.

Interessierte Lübeck-Besucher können jeden Montag um 14 Uhr zum Kostenbeitrag von 2 Euro an einer Führung im Ausgrabungszentrum in der Braunstraße 14 teilnehmen. Auch außerhalb der Führungen ist die Grabungsstätte regelmäßig für Besucher geöffnet, Schautafeln informieren über Hintergründe und Fundstücke.

Die zweiteilige „Terra X“-Dokumentation „Die deutsche Hanse – eine heimliche Supermacht“ begleitet die Grabung in Lübeck und erweckt die Geschichte des Handelsbundes am Beispiel von zwei Biografien zum Leben. Die Dokumentation ist am 1. Mai und am 8. Mai jeweils um 19.30 Uhr im ZDF zu sehen.

Bedeutende archäologische Stätten warten an vielen weiteren Orten in Schleswig-Holstein:

Das Danewerk sicherte einst die Südgrenze des dänischen Königreiches und ist heute das größte archäologische Bodendenkmal Nordeuropas. Ein Teilabschnitt des Danewerkes, die Waldemarsmauer aus dem 12. Jahrhundert, ist gleichzeitig das älteste Ziegelbauwerk Nordeuropas. Das Danevirke Museum informiert Besucher über die wechselvolle Geschichte des Danewerks von der Eisenzeit über die Wikingerzeit und das Mittelalter bis zur Gegenwart. Das Danevirke Museum ist vom 15. Februar bis 25. März und vom 26. Oktober bis 30. November jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Vom 26. März bis 25. Oktober ist das Museum dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Museum am Danewerk, Ochsenweg 5, 24867 Dannewerk, www.dannewerk.de.

Haithabu vor den Toren der Stadt Schleswig war in der Wikingerzeit vom 9. bis 11. Jahrhundert eines der bedeutendsten Handelszentren Nordeuropas.
Im Wikinger Museum Haithabu warten spektakuläre archäologische Funde auf Besucher, die in der 2010 neu eröffneten Ausstellung in den historischen Kontext der Zeit vor 1000 Jahren gestellt werden. Am Ufer der Schlei wurde für das Wikinger Museum Haithabu auf Basis der Originalbefunde ein kleiner Siedlungsausschnitt der ehemals pulsierenden Handelsstadt neu errichtet. Besucher können die originalgetreu rekonstruierten Häuser von Kamm-Macher, Tuchhändler, Fischer und Händler, Versammlungshaus und Herberge besuchen und die Landebrücke am Hafen besichtigen. Das Wikinger Museum Haithabu ist von April bis Oktober täglich von 9 bis 17 Uhr, von November bis März jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Wikinger Museum Haithabu, Am Haddebyer Noor, 24866 Schleswig, Tel. 04621/813222, www.haithabu.de.

Im Steinzeitpark Dithmarschen können Besucher auf Zeitreise in eine prähistorische Kulturlandschaft gehen. Hier erheben sich neun originale Großsteingräber, Riesenbetten und Grabhügel aus der Jungstein- und Bronzezeit. Im neu aufgebauten Steinzeitdorf werden die Lebensverhältnisse der ersten Ackerbauer und Viehzüchter lebendig und können beim Flintsteinhauen, Lederschmuckmachen oder Getreidemahlen selbst erfahren werden. Das Steinzeitdorf ist vom 3. April – 6. November dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, jeden Sonntag finden Mitmach-Aktionen rund um die Steinzeit statt.
Archäologisch-Ökologisches Zentrum Albersdorf, Bahnhofstraße 23, 25767 Albersdorf, Tel. 04835/950293, www.aoeza.steinzeitpark-albersdorf.de