Bauwirtschaft droht der Kollaps / Branchentreff in Stuttgart fordert Bundesregierung zum sofortigen Handeln auf / Maßnahmenpakete müssen ganz kurzfristig kommen
Ransbach-Baumbach/Stuttgart (ots) –
Deutliche Ausweitung und Erhöhung der Attraktivität der Förderprogramme für privates Wohneigentum, degressive AfA für Investoren, 50 Milliarden Euro Sondervermögen zur Schließung der Lücke im sozialen Wohnungsbau
Die Situation in der deutschen Baubranche ist sehr bedrohlich und die Ignoranz in Berlin könnte nicht höher sein. Das Wort „Baukrise“ scheint nur ein Euphemismus für eine Situation, die es so auch in den 2000er Jahren nach dem Wegfall der Eigenheimzulage und der Finanzkrise in diesem Ausmaß nicht gegeben hat. Eine Lage, die die Bundesregierung und das eigens erst nach der Bundestagswahl 2021 neu geschaffene Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen unter Bauministerin Klara Geywitz aufgrund der Jahre des Baubooms mit Niedrigzinsen und durch tausendfache Baugenehmigungsüberhänge in der – auch volkswirtschaftlichen – Dimension scheinbar noch nicht erkannt hat. Baugenehmigungen, die durch Preissteigerungen und damit Nicht-Rentabilität für Bauherren wie Investoren nie zur Finanzierung kommen und damit real nicht gebaut werden.
Viele Unternehmen innerhalb der Baubranche – ganz gleich ob Hausbauunternehmen, Bauträger, Zuliefererindustrie oder Verbände – schlagen seit Monaten Alarm in Berlin und finden nur wenig Beachtung. „Wir als Marke Kern-Haus haben bereits seit Oktober 2022 in regelmäßigen Schreiben das Bau-, Wirtschafts- und Finanzministerium aufgrund der Zins- und Baukostenentwicklung sowie der unwirksamen Förderprogrammansätze auf die kommende Situation im Baugewerbe aufmerksam gemacht und Maßnahmenpakete vorgeschlagen. Außer kurzen Standardantwortschreiben fanden jedoch keine Anregungen Eingang in den politischen Diskurs“, so Bernhard Sommer, Vorstandsvorsitzender der Kern-Haus AG. „Daher sind wir mittlerweile davon überzeugt, dass wir nur mit vereinter Stimme über die gesamte Branche Gehör finden und auf die bevorstehende fundamentale Krise der Bauwirtschaft und die Folgen für Gesamt-Deutschland aufmerksam machen können.“
Aus diesem Grund lud der Unternehmer Sommer Mitte August zu einem Branchentag nach Stuttgart ein. Der Einladung folgten rund 50 Teilnehmer aus allen Sparten der Branche. Trotz der wirtschaftlichen Vielfalt und der unterschiedlichen Unternehmensschwerpunkte der teilnehmenden Brancheninsider bestand Einmütigkeit über die relevanten Sofort- und Langfristmaßnahmen zur Beendigung der prekären Situation der Baubranche und damit einhergehend dem Wohnraummangel in Deutschland.
Es gilt, schnellstmöglich wirksame und kombinierbare Förderprogramme massiv auszuweiten. Die KfW-Programme 297/298 und 300 müssen energetisch mindestens auf den GEG-Standard zurückgestuft werden. Um einen attraktiven Mischzins bei der Wohneigentums-Finanzierung zu erreichen, müssen zudem die Förderkreditbeträge deutlich erhöht und ein für die Programme niedriger Zins offeriert werden. Das Programm „Wohneigentum für Familien“ (300) muss einkommensunabhängig ausgestaltet und damit allen Familien gewährt werden. „Wir müssen den mündigen Bürger auch selbst entscheiden lassen, welche Wohnform seiner Lebenswirklichkeit und seinen Bedürfnissen entspricht – sei es das frei stehende Einfamilienhaus oder das Leben in einem Mehrgenerationenhaus“, erläutert Sommer.
Von den jährlich 400.000 geplanten Wohnungen sollen laut Bundesregierung ein Viertel sozial gefördert werden. Auch dieses Ziel scheint mittlerweile außer Reichweite. Bis 2026 stellt die Bundesregierung hierzu 14,5 Milliarden Euro bereit. Selbst mit der angedachten Aufstockung der Bundesregierung auf 18,1 Milliarden Euro und erhofften zusätzlichen Mitteln der Länder stehen für den diskutierten Zeitraum bis 2027 maximal lediglich 36 Milliarden Euro zur Verfügung. Das „Bündnis für Soziales Wohnen“ hat bis 2025 ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro ermittelt, um 100.000 Wohnungen zu bauen. Dieser Forderung folgend sollte das geplante Sondervermögen auf 50 Milliarden Euro für den Zeitraum bis 2025 ausgeweitet werden, um das gesteckte Ziel zu erreichen und damit den stark schrumpfenden Bestand – etwa durch auslaufende Preisbindungen – an Sozialwohnungen auszugleichen.
Auch für Investoren sind unter den derzeitigen Rahmenbedingungen Projekte nicht mehr rentabel. Sie brechen daher als stabiler Zuträger von neuem Wohnraum ebenso weg. Für Investoren muss die steuerliche Abschreibung wieder attraktiver werden. Daher plädierten die Teilnehmer für die auch bereits vorgeschlagenen sieben Prozent bei der degressiven AfA (Absetzung für Abnutzung). „Damit könnten auch bereits genehmigte, aber derzeit aufgrund der gestiegenen Baukosten auf Eis liegende Projekte noch in die Realisierung gebracht sowie Investoren gerade jetzt zu einer Wohnbau-Investition bzw. Wohnbau-Offensive motiviert werden“, erklärt Sommer die Intention. „Eine Forderung schwebt aber über allen diesen Sofortmaßnahmen: Die Branche und auch künftige Bauherren und Investoren brauchen Planungssicherheit. Es muss daher schnellstens ebenso entschieden werden, 2025 keine weitere Verschärfung des Gebäudeenergiegesetzes zu erlassen. Der derzeitige GEG-Gebäudestandard (= Effizienzhaus 55) ist bei den derzeitigen Baupreisentwicklungen völlig ausreichend und ebenso mit den Klimazielen mehr als vereinbar.“
Neben den Sofortmaßnahmen müssten mit allen Marktteilnehmern auch über die Themen temporäre Absenkung der Grunderwerbsteuer durch die einzelnen Bundesländer, eine mögliche Ersatzneubau-Prämie, die Digitalisierung in der Baubranche sowie den Bürokratieabbau im Allgemeinen – etwa bei Baugenehmigungsverfahren – diskutiert und zukunftsfeste Lösungen gefunden werden.
Wohnbauziele nur durch Turbo bei Sanierungen und Neubauten erreichbar
Das Ziel der Ampel-Koalition wurde frühzeitig kommuniziert: 400.000 neue Wohnungen jährlich sollten entstehen. Das Zwischenfazit ist mehr als ernüchternd: Bereits jetzt fehlen 700.000 Einheiten in Deutschland. Auch in diesem Jahr wird das Neubauziel deutlich verfehlt werden. Prognosen sehen die Baufertigstellungen im kommenden Jahr nur noch bei 56.000 Einheiten bei den Ein- und Zweifamilienhäusern und damit rund 30.000 Einheiten weniger als noch 2022. Die Zahl der Baugenehmigungen sank von Januar bis Juni 2023 um -35,4 Prozent bei Einfamilienhäusern, -53,4 Prozent bei Zweifamilienhäusern sowie -27,0 Prozent bei Mehrfamilienhäusern. Demgegenüber steht nach wie vor der Wunsch von mehr als 90 Prozent der jungen Deutschen nach Wohneigentum, Deutschland schafft es jedoch nur auf 46 Prozent und weist damit eine der niedrigsten Eigentumsquoten in Europa auf. Die Situation verschärfen zwei gravierende äußere Einflussfaktoren – die schon länger andauernde Zins- und Baupreisentwicklung, die aktuell nur eine Richtung kennt: nach oben.
Dennoch wird von politischer Seite nichts Wirksames getan, um eine spürbare Trendwende zu schaffen. Stattdessen wurden seit Anfang 2022 sukzessive die wirkungsvollen Förderprogramme im Neubaubereich nach und nach ausgehöhlt und die energetischen Einstiegsstandards weiter verschärft. „Zu Beginn des Jahres wurde das Gebäudeenergiegesetz erneut novelliert und damit die Anforderungen erhöht. Die Förderung für ein Effizienzhaus 55 wurde abgeschafft und durch überbürokratisierte Förderprogramme für Effizienzhäuser 40 mit Klima- und Nachhaltigkeitssiegeln ersetzt. Zudem wurde ein Wohneigentumsprogramm als Ersatz für das erfolgreiche Baukindergeld im Juni etabliert, dessen Einkommensgrenzen an der Finanzierbarkeit von Immobilien in Gänze vorbeigehen. Dies wird bereits jetzt dadurch bestätigt, dass bis Mitte August erst rund 100 Anträge eingegangen sind. Es bleibt der Eindruck, dass diese Förderprogramme, die allesamt ein geringeres Fördervolumen haben, nur Nebelkerzen sind, mehr Schein als wirkliches Sein“, erläutert Sommer die derzeitige Förderkulisse.
Einig waren sich die Teilnehmer, dass die Bekämpfung des Wohnraummangels, die Erreichung der Wohnbauziele sowie hinreichender Klimaschutz im Gebäudebereich nur durch die Koexistenz von Bestandssanierung und Neubautätigkeit erzielt werden kann. Beide Sparten müssten daher gleichrangig behandelt und sinnvoll staatlich gefördert werden. Zudem bestand Einmütigkeit darüber, dass die Bundesregierung die bevorstehende fundamentale Krise nur durch schnelle und große Maßnahmenpakete noch abwenden könne. Hier müssten die verantwortlichen Minister als auch der Bundeskanzler kurzfristig ihrer Verantwortung für eine ganze Branche nachkommen.
Eine langfristige Krise hätte eine große Auswirkung auf den ohnehin vorhandenen Wohnraummangel, der bereits jetzt auf 700.000 Wohnungen geschätzt wird und kurz- und mittelfristig zu steigenden Mieten führt, welches die Inflation weiter antreiben würde. Die Baubranche beschäftigt im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe rund 2,5 Millionen Menschen. Es droht daher nicht nur der Fachkräfteverlust, sondern nachgelagert massive Arbeitslosigkeit, die dann die Sozialausgaben des Bundes deutlich ansteigen lassen würde. Und nicht nur das: 2020 wurden in Deutschland über 387 Milliarden Euro für Baumaßnahmen aufgewendet. Die Baubranche zeichnet sich für mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich und ist damit eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. „Eine Beendigung der Bau-Rezession trägt damit deutlich zu einer Stabilisierung der Inflation und zu einer Linderung der Gesamt-Rezession bei.“, so Sommer abschließend.
Alle einschlägigen Forderungen hat der Branchentreff äußerst umfangreich und fundamentiert ausgearbeitet und in ein Positionspapier gebracht, welches der Bundesregierung und den verantwortlichen Ministern zugestellt wird.
Das Positionspapier finden Sie anbei.
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