Die Lachmöwe ist Seevogel des Jahres 2025
Foto: Jordsand · Biodiversitätsverlust trifft mittlerweile auch vertraute Arten · Ahrensburg, 02.12.2024. Die Lachmöwe (Chroicocephalus ridibundus) ist Seevogel des Jahres 2025. Der Verein Jordsand möchte mit dieser Wahl auf den schleichenden und unbemerkten Rückgang einer Möwenart aufmerksam machen, die sowohl an den Küsten als auch in Städten – vor allem im Winter – zum vertrauten Bild gehört. „Wir benennen mit der Lachmöwe eine Vogelart, die augenscheinlich noch häufig bei uns zu beobachten ist. Die Bestandszahlen sind aber überregional stark rückläufig und ihre Brutgebiete durch vom Menschen verursachte Veränderungen gefährdet, sodass wir frühzeitig mehr Schutzmaßnahmen zum Erhalt der Brutbestände dieser wunderschönen Möwenart durchführen müssen.“ sagt Steffen Gruber, Geschäftsführer des Vereins Jordsand.
Die Bestände der Lachmöwe an den Küsten haben seit den 1990er Jahren in Deutschland ebenso wie in den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland und Lettland sehr stark abgenommen. Auch die Kolonien im Binnenland zeigen über die Jahre hinweg negative Trends bei der Anzahl der Brutpaare.
Ursachen hierfür sind: die klimabedingte Austrocknung von Brutgewässern; die landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden mit nur kurzfristig offenen Böden, die den Lachmöwen die Jagd auf Regenwürmer und Insekten erschweren; der Prädationsdruck durch einheimische und zugewanderte Raubsäuger (z.B. Fuchs, Marderhund, Igel, Ratten), die in den Kolonien Eier, Jungvögel sowie erwachsene Lachmöwen erbeuten; die während der Brutsaison häufiger auftretenden Sturmfluten im Küstenbereich im Zuge des Klimawandels („Kükenfluten“); sowie Hochwassersituationen an Flüssen, die Eier und Nester vernichten; und die Vogelgrippe (aviäre Influenza), die während der Brutzeit 2023 insbesondere bei Lachmöwen vor allem an der Nordseeküste zu großen Verlusten geführt hat (mehrere 1.000 Tiere).
„Schutzmaßnahmen sollten insbesondere auf die qualitative Verbesserung der Lebensräume zur Nutzung als Brutgebiete abzielen.“ so Steffen Gruber.
Die Brutgebiete der Lachmöwe lagen in Mitteleuropa früher überwiegend in Feuchtgebieten des Binnenlandes, hier gerne in Verlandungszonen größerer Seen und Flüsse. In den letzten Jahrzehnten erfolgte – verbunden mit Bestandsrückgängen – eine Ausbreitung in die Küstenregionen, wo sie auf Inseln und Salzwiesen von Nord- und Ostsee brüten. Der deutsche Name Lachmöwe ist wohl auf das Vorkommen an Lachen des Binnenlandes zurückzuführen, obwohl der lateinische Artname „ridibundus“ lachend, also „lachende Möwe“, bedeutet.
Die kleine Möwenart, die im Prachtkleid von März bis Juli ein auffälliges schwarzbraunes Kopfgefieder besitzt und in der übrigen Zeit an einem dunklen Punkt hinter jedem Auge zu erkennen ist, lebt verbreitet in Europa und Asien. Lachmöwen brüten in Kolonien, die aus wenigen Tieren bis hin zu 30.000 Brutpaaren bestehen können. Sie ernähren sich und ihre Küken überwiegend von tierischer, aber auch pflanzlicher Kost. Das Nahrungsspektrum reicht von Regenwürmern und Insekten, die u.a. auf landwirtschaftlichen Flächen gefangen werden, über kleine Fische und Krebstiere, bis hin zu Pflanzensamen und Nahrungsresten des Menschen. Lachmöwen sind Teilzieher, d.h. in Regionen mit milderen Wintern bleiben die Vögel ganzjährig in der Brutregion, während in Nordeuropa brütende Tiere im Herbst an die Küsten und größeren Gewässer West- und Mitteleuropas ziehen. Auf dem Zug können größere Rastvorkommen z.B. in der Elbmündung beobachtet werden.
Seit 2014 kürt der Verein Jordsand jährlich eine Vogelart zum Seevogel des Jahres, die stellvertretend für eine akute Problematik steht und die besonders bedrohlich für eine Artengemeinschaft oder einen Lebensraum ist.
Seit 117 Jahren hat sich der Verein Jordsand dem Schutz von Seevögeln an unseren Küsten verschrieben. Er betreut rund 20 Schutzgebiete vorwiegend an Nord- und Ostsee, von Helgoland über das nordfriesische und hamburgische Wattenmeer, die Unterelbe, bis zur schleswig-holsteinischen und vorpommerschen Ostseeküste rund um Rügen.