Bernd Jorkisch: Passatdialog in Lübeck-Travemünde: „Landesverteidigung geht alle an“
Fotos: Christina Braune · Spätestens seit dem Beginn des Ukraine-Krieges vor fast dreieinhalb Jahren ist die Ostsee Schauplatz von Großmachtrivalitäten. „Wir leben in einer umkämpften Welt“, sagte Bernd Jorkisch, Honorarkonsul der Republik Finnland in Lübeck, beim Passatdialog in Lübeck-Travemünde. Die Verteidigung unseres Landes und damit auch der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, der Freiheit und der Demokratie seien daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ein Blick nach Finnland belegt, dass dort die gesamte Nation darauf vorbereitet ist, ihr Land gegen Aggressionen von außen zu schützen. Der Verteidigungsattaché der Republik Finnland für Deutschland und die Niederlande, Kapitän zur See Juhapekka Rautava, forderte zudem eine engere Zusammenarbeit der NATO-Staaten und eine Gesamtverteidigungsstrategie für den Ostseeraum.

Diese Forderungen unterstützten die Experten in einer vom NDR-Journalisten Julian Marxen moderierten Runde. Für seinen Appell, in der Gesellschaft mehr Haltung pro Landesverteidigung zu zeigen, erhielt Oberst Michael Skamel, Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein, großen Applaus der rund 300 Gäste im Atlantic Grand Hotel Travemünde. Das gelte auch für die zivile Verteidigung: „Alle sind aufgefordert, Haltung zu zeigen, dass wir bereit sind, für unsere Gesellschaft und unser System einzustehen.“ Eine Grundlage dafür sei allerdings, dass Bund und Land die Verantwortungsbereiche von Bundeswehr, Bundespolizei, Landespolizei und allen weiteren Behörden sowie Institutionen klar festlegen und gegebenenfalls erweitern, forderte Heinz Maurus, Präsident des Deutschen Marinebund e.V. und Staatssekretär a.D.
Wie groß die Veränderungen sind, verdeutlichte der Präsident der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, Normen Großmann. Bis vor kurzem sei der Alltag der Bundespolizei See von Umweltverstößen geprägt gewesen. Jetzt seien die russische Schattenflotte und Sabotage unter Wasser bestimmend. „Mit dem bisherigen Konzept bewältigen wir die Aufgaben nicht mehr“, sagte er. Allerdings sei die Zusammenarbeit mit der Deutsche Marine und der Wasserschutzpolizei gut. Zudem plane der Bund eine Verstärkung der Direktion mit Personal und Material. Auch Jan Lindenau, Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, forderte eine klare Regelung der Verantwortlichkeiten für Krisen. Die Stadt habe eine Task Force gebildet, um sich auf mögliche Szenarien vorzubereiten und jederzeit handlungsfähig zu sein – von der Kommunikation mit der Bevölkerung über einen Blackout bei der Stromversorgung bis zum Verhalten bei Drohnen-Überflügen. Wichtig sei, dass alle Bürger Warn-Apps auf dem Handy haben, um sich jederzeit informieren zu können.
Der Passat-Dialog ist eine Veranstaltungsreihe, die sich auf Themen wie Frieden, Sicherheit und Handel im Ostseeraums konzentriert. Die Hansestadt Lübeck, der finnische Honorarkonsul in Lübeck, die Stiftung Neue Musik-Impulse und das Portal Watersports Lübecker Bucht organisiert das Format gemeinsam.
