Neu entdeckte fossile Delfinart im Museum für Natur und Umwelt
Es ist eine Sensation, die Museumsleiterin Dr. Susanne Füting am heutigen Donnerstag im Rahmen eines Pressetermins verkündete: Das Museum für Natur und Umwelt besitzt eine bisher unbekannte Delfinart aus dem Zeitalter des Miozäns von vor 11 Millionen Jahren. Eine Untersuchung durch die Wirbeltier-Paläontologin Dr. Emese Kazár (Bremen) und Dr. Oliver Hampe, Museum für Naturkunde Leibniz-Institut Berlin, führte jetzt zu neuen wissenschaftlichen Ergebnissen. Dabei stellte sich heraus, dass es sich bei dem Fund aus Grabungen (1985 bis 1989) in einer Kiesgrube in Groß Pampau (Herzogtum Lauenburg) nicht, wie bislang angenommen, um ein Exemplar der Gattung Atocetus handelt.
Für Prof. Dr. Hans Wißkirchen, den Leitenden Direktor der Lübecker Museen, zeigt der Fund abermals die hohe wissenschaftliche Qualität der Sammlungen in den Lübecker Museen. „Ich gratuliere dem Haus zu diesem neuen Sammlungsschatz und bin sicher, dass dies die aktuell steigenden Besucherzahlen festigen wird.“
Wissenschaftsmanagerin Dr. Iris Klaßen freut sich, dass Lübeck einmal mehr als Wissenschaftsstadt auf sich aufmerksam macht und die Naturwissenschaften über die Hochschulen hinaus in der Stadt verankert sind.
Die Vorgehensweise zur Gewinnung neuer Erkenntnisse fasst Dr. Oliver Hampe so zusammen „Zu Beginn der Untersuchungen wurde das Klassifikationsschema bestimmt. Dabei wurde das Fossil sowohl anatomisch als auch morphologisch betrachtet. Begleitend dazu wurde der Lübecker Fund mit relevanten Originalfossilien in unterschiedlichen Sammlungen im In- und Ausland verglichen“. Im Verlauf der
Untersuchungen konnte die bisherige Zuordnung ausgeschlossen werden. Die Form des Ohrgehäuses (Periotica) war dabei ausschlaggebend: Der Groß Pampauer Fund gehört demnach zu einer Gruppe ausgestorbener Delphiniden, den sogenannten Kentriodontiden.
Mit Wirbeltier-Paläontologin Dr. Emese Kazár wurde eine Spezialistin hinzugezogen. Sie bestätigte, dass es keine Übereinstimmung mit bereits bekannten Kentriodontiden gibt. „Mit dem Groß Pampauer Delfin wurde eine neue Gattung und Art definiert“, verkündete Hampe.
Das Lübecker Museum für Natur und Umwelt zeigt eine Reihe fossiler Funde aus Groß Pampau. Die Fossilien stammen aus dem Miozän-Zeitalter und sind aufgrund ihrer Vollständigkeit europaweit einzigartig. Vor rund 11 Millionen Jahren erstreckte sich in das Miozänmeer als relativ warme und artenreiche Ur-Nordsee. Die Wale teilten sich ihren Lebensraum mit Haien, Robben, Knochenfischen, Meeresschildkröten, Seeigeln,
Krebsen, Schnecken und Muscheln.
Das Museum nimmt die Entdeckung des kentriodontiden Miozändelfins zum Anlass für eine Umgestaltung der Ausstellungsräume. „Im Erdgeschoss des Museums entsteht eine begehbare Grabungsstelle mit Original-Walknochen zum Anfassen. Wissenschaftliche Erkenntnisse rund um die großartigen Funde aus dem Lübecker Umland werden auf eine neue Art anschaulich präsentiert werden“, freut sich Dr. Susanne Füting.
Die Wiedereröffnung der neuen Ausstellungseinheit ist im Januar 2013 geplant. Der Museumsbesuch wird durch die Umgestaltungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt. Ermöglicht wurde die eingehende wissenschaftliche Untersuchung durch die finanzielle Unterstützung des Fördervereins des Museums.
Das Museum für Natur und Umwelt am Mühlendamm 1-3 ist von Di – Fr 9-17 Uhr und Sa-So 10-17 Uhr geöffnet (montags geschlossen).
Eintrittspreise: 6€ / 3€ / 2€.