Reform der Verbraucherinsolvenz Mieterschutz in Wohnungsbaugenossenschaften gilt ab sofort
Das jüngst verabschiedete Gesetzespaket zur Verbraucherinsolvenzreform tritt zwar erst zum 1. Juli 2014 in Kraft. Doch bereits mit der heutigen Verkündigung im Bundesgesetzblatt gilt schon ab morgen eine Neuregelung, die eine gravierende Gesetzeslücke schließen soll: Einlagenzahlungen für die Nutzung von Genossenschaftswohnungen sind nun bis zu einer bestimmten Höhe vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters geschützt. „Eine überfällige Regelung – denn nicht selten haben Insolvenzverwalter diese Anteile bisher dem pfändbaren Vermögen zugeschlagen. Das bedeutete in der Praxis, dass sich der Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens, Existenz und Wohnung zu sichern, durch diese Hintertür wieder verabschiedet hatte und Mieter von Genossenschaftswohnungen auf der Straße landeten“, mahnt NRW-Verbraucherzentralenvorstand Klaus Müller die umgehende Umsetzung an. Zugleich macht er aber einen gravierenden Haken der Neuregelung aus: „Der Pfändungsschutz für diese Einlagen gilt leider nur für Beträge bis zur vierfachen Miete, maximal bis zu 2.000 Euro. Gerade kinderreiche Familien und Menschen, die in Ballungsräumen wohnen, dürften diese Grenzen schnell überschreiten, sodass gerade sie vom beabsichtigten Schutz von Existenz und Wohnung ausgeklammert werden“, pocht er auf gesetzliche Nachbesserungen in der nächsten Legislaturperiode.
Weitere zentrale Neuerung der Insolvenzreform: Insolvente Verbraucher können künftig bereits nach drei statt nach bisher sechs Jahren von ihren Schulden befreit werden. Vorausgesetzt, es gelingt ihnen, innerhalb dieser drei Jahre mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen und zusätzlich die Verfahrenskosten zu begleichen. „Das wird jedoch für kaum einen privaten Schuldner zu schaffen sein“, prognostiziert der Verbraucherzentralenvorstand, dass nur wenige in den Genuss der Verfahrensverkürzung kommen werden. Denn dazu muss der Schuldner viel verdienen oder Gelder von dritter Seite bekommen und einen überschaubaren Schuldenberg haben. Bestenfalls kann eine größere Zahl von der neuen fünfjährigen Verfahrensdauer profitieren – die greift, wenn zumindest die Verfahrenskosten aus eigener Tasche gedeckt werden können. „Im Insolvenzverfahren wird eine Zweiklassengesellschaft eingeläutet. Die vermeintliche Verbesserung, auch einkommensarmen Schuldnern schnell einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, wird vielfach nur Makulatur sein“, so Müller.
Für Gläubiger bringt die Reform durchaus auch nennenswerte Vorteile: Einige Unterhalts- und Steuerschulden werden nämlich künftig von der Restschuldbefreiung ausgenommen sein. Wenn diese – nicht selten hohen – Schulden trotz Insolvenzverfahren und mehrjähriger Verfahrensdauer am Ende nicht mehr erlassen werden, wird der vom Gesetzgeber gewollte wirtschaftliche Neustart des Schuldners dann oftmals gefährdet sein.
„Für überschuldete Verbraucher ist es künftig noch wichtiger als bislang, sich frühzeitig einen Überblick über die finanzielle Situation zu verschaffen und Unterlagen möglichst vollständig zusammenzutragen“, lautet die Empfehlung der Verbraucherzentrale NRW für einen planvollen wirtschaftlichen Neuanfang.
Alle wichtigen Fragen und Antworten zum neuen Verbraucherinsolvenzrecht und zahlreiche Tipps für überschuldete Verbraucher hat die Verbraucherzentrale NRW unter
www.vz-nrw.de/insolvenzrecht zusammengestellt.