Bischof Abromeit: „In schwierigen Zeiten mit Beharrlichkeit gebaut“
Für pommersche Verhältnisse ist sie eine sehr junge Kirche, doch gerade das macht sie so besonders: Am 17. November 2013; Sonntagnachmittag feierte die Wilhelmsburger Kirche (zugehörig zur Kichengemeinde Ferdinandshof) ihr 60jähriges Jubiläum. „Das Außerordentliche hier in Wilhelmsburg ist die Beharrlichkeit, mit der die Gemeinde in ungünstigen Zeiten an dem Wunsch festgehalten hatte, hier eine Kirche zu bauen“, sagte Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit in seiner Predigt. Während 1953 an vielen Orten der DDR damit begonnen wurde, die Junge Gemeinde zu verfolgen, es zu ersten Verhaftungen von Studentenpfarrern kam und Studierende wegen ihres Glaubens exmatrikuliert wurden, bauten sich die drei Dörfer Wilhelmsburg, Eichhof und Friedrichshagen eine eigene Kirche. Zusammen mit der Anklamer Kreuzkirche ist dies der einzige Kirchenneubau in Pommern aus den 1950er und 1960er Jahren.
Bei dem Festgottesdienst sprach auch der 86-jährige Dr. Friedrich Winter. Er war damals Vikar in Wilhelmsburg und erinnert sich: „Zwei Mal hatte die Kirchengemeinde schon Geld für einen Kirchbau gesammelt und durch die Inflationen 1923 und 1948 alles verloren.“ Winter war später Studentenseelsorger in Greifswald, lehrte Praktische Theologie an der Kirchlichen Hochschule Berlin und stand zwischen 1986 und 1991 als Präsident an der Spitze der Kirchenkanzlei für den Bereich DDR der Evangelischen Kirche der Union (EKU). Als der Beschluss zum Kirchbau im Frühjahr 1953 erst einmal gefällt war, ging es sehr schnell: Die neue Kirche sollte zwischen den drei Gemeinden Wilhelmsburg, Friedrichshagen und Eichhof entstehen, 200 Meter vom Friedhof entfernt. Friedrich Winter: „Gegenüber den politischen Stellen deklarierten wir den Bau als Friedhofskapelle – so bekamen wir ihn auch rasch durch.“ Und zwar unter der Auflage, kein Baumaterial aus „Volkseigentum“ zu verwenden. „Jeder Bauer steuerte einen großen Baum bei – deshalb sieht man auch so viel Holz in der Kirche“, erzählt Winter.
Auf nächtlichen Fahrradtouren sammelte der junge Vikar selbst aus einem Abbruch in Pasewalk Steine für die Kirchenmauern. Winter: „Wenn am Nachmittag ein geliehener Traktor mit Baumaterial ankam, läuteten wir eine Glocke, und Frauen, Männer und die Konfirmanden packten mit an.“ Und so konnte bereits am 13. November 1953 Bischof Karl von Scheven die „Friedhofskapelle“ mit Platz für 250 Gottesdienstbesucher einweihen. Die Birken, mit denen die Konfirmanden vor 60 Jahren den 200 Meter langen Weg vom Friedhof bepflanzt haben, sind heute hohe Bäume.
In seiner Predigt ging der Greifswalder Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) der Frage nach, was die Großeltern und Eltern der heutigen Gemeindeglieder damals zu dieser Leistung angetrieben habe: „Dieses Haus stellte für sie die Verbindung zwischen Himmel und Erde her. Es war so etwas wie eine ‚Pforte des Himmels‘. Diese Kirche wurde gebaut, weil Menschen einen Ort brauchten, an dem sie Gott begegnen konnten. Das Außergewöhnliche einer persönlichen Begegnung mit Gott verstetigt sich in unseren Kirchen.“