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Kultur & Wissenschaft

16. Veranstaltung der Reihe „Literatur im Caféhaus“

Text: Lutz Gallinat · Es war eine anspruchsvolle und abwechslungsreiche kulturelle Veranstaltung. Am letzten Donnerstag,  den 26. Juni 2025,  fand im Wiener Caféhaus, Lübeck, Breite Str. 62, die 16. Veranstaltung der Reihe „Literatur im Caféhaus“ des „Lübecker Autorenkreises und seine Freunde e.V.“ statt. Bernd M. Kraske, Literaturwissenschaftler und ehemaliger Leiter des Kulturzentrums Reinbek, hielt anlässlich des 150. Geburtstages des Lübecker Nobelpreisträgers Thomas Mann nach einführenden Worten des 1.Vorsitzenden Klaus Rainer Goll einen erhellenden Vortrag mit dem Titel „Verliebt in die Welt – Thomas Manns Hochstapler-Roman „Felix Krull“““.

An keinem seiner Romane hat Thomas Mann länger gearbeitet als am „Felix Krull“. Angeregt durch eine Skandalgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, begann er bereits im Notizbuch von 1901 die ersten Eintragungen zum „Hochstapler“ zu machen. 1910 schließlich beginnt er mit der Niederschrift, lässt sie zu Beginn des Ersten Weltkriegs liegen und macht sich erst 1951 wieder an die Arbeit.

Kraske verfolgt Entstehungs- und Publikumsgeschichte, beleuchtet die Hintergründe, klärt Einflüsse, interpretiert und ordnet den Roman ins Gesamtwerk des Autors, und er klärt auf, wie es denn hätte mit dem „Krull“ weiter gehen sollen.

Eine literarhistorische Einordnung bleibt schwierig und mehrdeutig wegen der langen und diskontinuierlichen Entstehungszeit des Werks, grob gesagt von 1910 bis 1914, mit einigen Vorabdrucken, etwa 1911 und 1922; sodann wieder intensiv ab 1951. Manche Aspekte erinnern an den Expressionismus, deutlich ist die Nähe zu Kafkas Faszination durch das Hotelwesen; insgesamt entwirft der Roman, fast stärker noch als der „Zauberberg“, das Bild einer Gesellschaft „vor dem großen Kriege“, Thomas Mann, einer „Welt von gestern“, Stefan Zweig.

Mit seiner zentralen Thematik von Identitätskrise und Rollenspiel fügt der Text sich aber auch  auf überraschende Weise in die deutschsprachige Nachkriegsliteratur ein- im selben Jahr 1954 erschien etwa „Stiller“ von Max Frisch- und erzielte in der frühen Bundesrepublik, trotz oder möglicherweise auch wegen einer gewissen erotischen Freizügigkeit, einen beträchtlichen Publikumserfolg, der durch die außerordentlich populäre Verfilmung von Kurt Hoffmann mit Horst Buchholz als Hauptdarsteller (1957) noch verstärkt wurde.

Klaus Rainer Goll moderierte dabei sicher, kenntnisreich und engagiert. Bernd M.Kraske wurde schließlich nach einer regen Diskussion unter der Leitung Klaus Rainer Golls von den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern mit sehr viel Beifall bedacht.