2010 – Internationales Jahr der Biologischen Vielfalt: Stiftung Naturschutz wird UN-Kampagne nutzen und legt neue Arbeitsschwerpunkte fest
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) hat das Jahr 2010 zum „internationalen Jahr der Biologischen Vielfalt“ ausgerufen. Auch in Schleswig-Holstein steht es mit der Natur nicht zum Besten: Von den 135, durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH)und Vogelschutzrichtlinie europaweit geschützten, hier lebenden Tier- und Pflanzenarten gelten 103 als gefährdet und stehen auf der Roten Liste. Die beiden Vorstandsmitglieder der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, Herlich Marie Todsen-Reese und Dr. Walter Hemmerling, nehmen das heute, 25. Januar, zum Anlass für eine Rückschau auf die Anstrengungen der Stiftung dieser Entwicklung entgegenzutreten und neue Schwerpunkte der Stiftungsarbeit 2010 darzulegen. Beide betonen: „Arten- durch Lebensraumschutz ist die zentrale Aufgabe der Stiftung. Als Dienstleister für Biodiversität in Schleswig-Holstein wollen wir mit beispielhaften Naturschutzprojekten Akzente setzen und ein gute Partner- und Nachbarschaft pflegen.“ „Es geht nicht nur für ein paar Tier- und Pflanzenarten ums Überleben, auch für uns Menschen ist Biodiversität existenziell“, ist sich Vorstandsvorsitzende Todsen-Reese sicher und ergänzt: „Der Natur verdanken wir lebenswichtige Güter, wie sauberes Wasser und gesunden Boden als Grundlage für unserer Nahrungsmittel, wichtige Rohstoffe und technische Innovation. Insbesondere bei der Entwicklung von Medikamenten können Inhaltsstoffe pflanzlicher und tierischer Herkunft helfen.“
30.000 Hektar Stiftungsland in Schleswig-Holstein sieht die Vorsitzende als Kerngebiete für bedrohte Arten im Land. Die Stiftung nimmt hier ihre Verantwortung als Dienstleister für die Biologische Vielfalt ernst und kämpft mit konkreten Artenschutzmaßnahmen aktiv für den Erhalt gefährdeter Tiere und Pflanzen. So wurden beispielsweise im Rahmen der 2004 gestarteten Amphibieninitiative der Stiftung Naturschutz bislang über 1.250 neue Laichgewässer speziell für Laubfrosch, Kammmolch, Kröten und Unken angelegt. Zwischen 2004 und 2009 hat sie während des, von der Europäischen Union geförderten Schutzprojektes, LIFE-Bombina, rund 25.000 junge Rotbauchunken aus 33.000 gesammelten Eiern aufgezogen. Mit diesen Maßnahmen wurde in vielen Gebieten eine Trendwende bei den Amphibienbeständen eingeleitet: Für viele bisher schrumpfende Populationen geht es wieder bergauf.
„Schutzmaßnahmen, wie für die Amphibien, sind nicht umsonst“, erklärt Dr. Walter Hemmerling, geschäftsführender Vorstand der Stiftung. „Unsere Kompetenz und unser Fachwissen nutzen wir selbstverständlich auch, um Drittmittel für den Naturschutz nach Schleswig-Holstein zu holen.“ Das Geld aus den verschiedenen Programmen, wie LIFE oder INTERREG, bei der Europäischen Union einzuwerben, hat schon Tradition bei der Stiftung. So hat sie in den letzen zehn Jahren allein neun aus Bundes- oder EU-Mitteln finanzierte Großprojekte durchgeführt und fast 4 Mio. Euro in Naturschutzprojekte investiert. „Dabei entwickelt die Stiftung zusammen mit der Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein aber auch eigene, innovative Geschäftsfelder“, erklärt Hemmerling. Um die Nachhaltigkeit bei der Sicherung von Naturschutzbelangen im Rahmen der Eingriffsregelung zu sichern, hat die Stiftung 2008 diese 100-prozentige Tochter gegründet. Die Agentur setzt rechtlich geforderte Naturschutzmaßnahmen für Vorhabenträger, beispielweise im Straßenbau, um und lenkt so Mittel aus der Wirtschaft gezielt in den Arten- und Biotopschutz. Wirtschaft und Naturschutz, hier profitieren beide Seiten: Denn durch die Entwicklung von Ökokonten im Stiftungsland, in die sich Bauherren einkaufen können, kann gleichzeitig der Beginn von Bauvorhaben beschleunigt werden. „Auch der Flächenverbrauch kann durch die Umsetzung im bestehenden Schutzgebietsnetz der Stiftung minimiert werden“, berichtet Todsen-Reese. Hier sieht sie noch viel Potential und will in Gesprächen um Vertrauen in die vorhandene Kompetenz der Stiftung werben.
Eine weitere Karte, die die Stiftung 2010 verstärkt spielen will, ist die Entwicklung von Stifterfonds. Mit dem Lilli-Harder-Fonds, einem privaten Erbschaftsfonds, arbeitet die Stiftung schon seit zehn Jahren. 2009 kamen der Segebergfonds aus Ausgleichsmitteln des Kreises Segeberg und der Moorschutzfonds aus Mitteln des Landes hinzu. Gerade dem Schutz der Moore will die Stiftung in den nächsten Jahren einen neuen Arbeitsschwerpunkt widmen. „Hier liegen Natur-, Arten- und Klimaschutz so eng beieinander wie nirgendwo sonst“, so Todsen-Reese. Denn Moore sind nicht nur gefährdete Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten, sie sind als Wasserspeicher und -filter sowie Kohlenstoffsenke auch für uns Menschen von elementarer Bedeutung. Während ein intaktes Hochmoor in zehn Jahren rund 1 cm in die Höhe wächst, schrumpft der Boden in Folge der Entwässerung in nur einem Jahr in gleicher Höhe, gibt also gespeichertes CO2 zehnmal schneller wieder frei – acht Tonnen pro Jahr und Hektar.
Rund 12 Prozent der Landesfläche waren einst mit Mooren bedeckt und prägten in weiten Teilen die Landschaft. Inzwischen gelten fast 80 Prozent der Moore in Schleswig-Holstein als entwässert, und damit als CO2-Quelle. Lediglich sieben Prozent der Hochmoore weisen noch wertvolle Biotope auf. Schon diese wenigen Zahlen zeigen, wie wichtig der Schutz unserer Moore ist. Aus Ausgleichsmitteln des Landes werden Mittel in den Moorschutzfonds fließen, die Stiftung übernimmt dann die Projektumsetzung. Die Gebietsschwerpunkte und Maßnahmen werden momentan gemeinsam mit Ministerium und Landesamt festgelegt.
„Nur im Konzert mit weiteren Akteuren des ländlichen Raumes lässt sich der Erhalt der Biodiversität lösen,“ weiß Todsen-Reese, „daher werden wir den eingeschlagenen Weg des Dialogs mit Verbänden, Vereinen, Institutionen und Privatpersonen des Landes weiter intensivieren,“ sagt sie zu und ergänzt:. „Das Überleben der Arten liegt in unseren Händen und ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Kampagnenjahr der UN bietet eine Chance, das Thema in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.“