Arbeitsmarktbilanz 2009 und Ausblick 2010
• Arbeitslosigkeit und Beschäftigung in der Hansestadt Lübeck nahezu unverändert
• Arbeitslosenquote liegt bei 12,3 Prozent
• Verstärkter Einsatz von Kurzarbeit und arbeitsmarkpolitischen Instrumenten
Obwohl das Bruttoinlandsprodukt 2009 bundesweit um 5,0 Prozent zurückging, hat die Wirtschafts- und Finanzkrise den Ostholsteiner Arbeits- und Ausbildungsmarkt weitgehend verschont. Die mittelständische Struktur und ein hoher Beschäftigungsstand im Dienstleistungssektor wirkten sich dabei positiv aus. „Unser Arbeitsmarkt ist weniger exportabhängig und hat weniger Höhen und Tiefen als andere Arbeitsmärkten Deutschland. Er entwickelt sich langsamer als anderenorts, aber auch stetiger. Es sind die vielen kleinen mittelständischen Unternehmen, die unsere Region prägen. Mit Hilfe der Kurzarbeit konnten Betriebe trotz Auftragseinbrüchen wertvolle Facharbeiter halten. Auch durch den verstärkten Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente, wie zum Beispiel die Förderung Geringqualifizierter, blieb die Arbeitslosigkeit nahezu auf Vorjahresniveau. Das ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung eine gute Ausgangsbasis, denn so stehen die benötigten Fachkräften beim Aufschwung wieder zur Verfügung. Und die Wirtschaftsinstitute gehen für 2010 zumindest wieder von einem moderaten Wachstum zwischen 1,2 und 2,1 Prozent aus“, erklärt Wolfgang Werner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck.
1. Über 12 Millionen Euro für Kurzarbeit statt Entlassungen in Lübeck und Ostholstein
2009 wurden 5,8 Millionen Euro konjunkturelles Kurzarbeitergeld (Kug), 1,1 Millionen Euro Saison-Kug in den Wintermonaten Dezember bis März an Betriebe des Baugewerbes und 0,5 Millionen Euro an Transfer-Kug gewährt. Mit der Zahlung von Transfer-Kug sollen bei betrieblichen Restrukturierungsmaßnahmen (Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)) Entlassungen vermieden werden.
Außerdem wurden 3,9 Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen erstattet und mit 0,5 Millionen Euro die umlagefinanzierte Winterbeschäftigung gefördert.
Dabei wurde monatlich für durchschnittlich 2.500 Arbeitnehmer in 200 Betrieben Kug gezahlt. Der zeitliche Arbeitsausfall war unterschiedlich. Umgerechnet auf ein Vollzeitäquivalent entsprach es einer monatlichen Entlastung von 805 Arbeitnehmern, die dadurch nicht arbeitslos wurden.
Die Kurzarbeiterquote (Personen in Kurzarbeit im Verhältnis zu sozialversicherungspflichtig Beschäftigten) betrug 1,7 Prozent. In Schleswig-Holstein lag sie bei 2,1 und im Bundesgebiet bei 4,1 Prozent.
Es gab 612 Eintritte in Qualifizierungsmaßnahmen während der Kurzarbeit, die mit 0,3 Millionen Euro von der Arbeitsagentur gefördert wurden.
Die meisten Anzeigen zum konjunkturellen Kug gab es von März bis Mai. Meldungen erfolgten insbesondere aus dem verarbeitenden Gewerbe, Verkehrsgewerbe sowie Handel. Während in den Wintermonaten das Saison-Kug aus dem Baugewerbe überwog.
Anzeigen über Kurzarbeit und Anzahl betroffener Personen Bezieher von Kurzarbeitergeld und Entlastung
2. Arbeitskräfteangebot
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Lübeck waren im Jahresdurchschnitt 20.807 Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet, 91 oder 0,4 Prozent mehr als 2008 (Bund + 4,8 %, Schleswig-Holstein: + 2,8 %).
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In der Hansestadt stieg die Arbeitslosigkeit mit 0,5 Prozent oder 63 Frauen und Männern auf 12.848 etwas stärker an als im Gesamtagenturbezirk. Die Vormonatsschwankungen liegen dabei zwischen plus 8,4 Prozent und minus 5,1 Prozent.
Von den 12.848 Arbeitslosen waren 2.807 (+6,5 Prozent) dem Personenkreis nach SGB III (Betreuung durch die Agentur für Arbeit) und 10.040 (-1,1 Prozent) dem Personenkreis nach SGB II (ehemalige Arbeitslosenhilfeempfänger und erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger, die seit 2005 von der Arbeitsgemeinschaft Lübeck betreut werden) zuzuordnen.
Dabei gab es kein „Verschieben“ vom Rechtskreis SGB III zum SGB II, denn die Zahl der Übertritte geht zurück. Während im ersten Quartal 2007 noch 9,6 Prozent der Arbeitslosengeld I-Bezieher sich nach Auslaufen der Leistung bei der Arbeitsge-meinschaft meldeten, waren es im dritten Quartal 2009 lediglich 6,3 Prozent.
Bei weiteren 1.300 Arbeitnehmern, die sich arbeitsuchend gemeldet haben, wurde die Arbeitslosigkeit verhindert. Sie konnten bereits während der Job-to-Job-Phase integriert werden.
Die Arbeitslosigkeit konnte schneller beendet werden. Nahezu 60 Prozent der Arbeitslosen, die von der Arbeitsagentur betreut werden, und nahezu 34 Prozent der von der Arbeitsgemeinschaft Betreuten konnten innerhalb von drei Monaten integriert werden.
Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen stieg im Jahresdurchschnitt 2009 um 0,1 Prozentpunkte auf 12,3 Prozent. Damit bleibt sie höher als die Quote des Agenturbezirkes (10,1 Prozent), von Schleswig-Holstein (7,8 Prozent) und vom Bundesgebietes (8,2 Prozent).
Die Arbeitslosenquote der von der Arbeitsagentur betreuten Arbeitnehmer stieg um 0,2 Prozentpunkte auf 2,7 Prozent. Die Quote der Kunden der Arbeitsgemeinschaft Lübeck ging dagegen um 0,1 Prozentpunkte auf 9,6 Prozent zurück.
3. Arbeitslosigkeit einzelner Personengruppen
Frauen konnten stärker von der Entwicklung am Arbeitsmarkt profitieren als Männer. Während im Jahresdurchschnitt 3,6 Prozent weniger Frauen arbeitslos waren als 2008, stieg die Arbeitslosigkeit bei Männern um 4,0 Prozent an. Entsprechend ging ihr Anteil an allen Arbeitslosen von 46,0 Prozent auf 44,1 Prozent zurück. Insgesamt waren 5.667 Frauen (1.208 SGB III, 4.459 SGB II) und 7.181 Männer (1.326 SGB III, 5.582 SGB II) im Jahresdurchschnitt arbeitslos.
Die Arbeitslosigkeit ging bei Jüngeren unter 25 Jahren, die von der Arbeitsagentur betreut werden, um 1,4 Prozent zurück, während es bei der Arbeitsgemeinschaft einen Anstieg um 2,1 Prozent gab. Im Jahresdurchschnitt waren 1.465 Jüngere (449 SGB III, 1.017 SGB II) arbeitslos gemeldet. Ihr Anteil ist unverändert bei 11,4 Prozent geblieben (Schleswig-Holstein 11,8 Prozent).
Insgesamt waren 3.112 Ältere (814 SGB III, 2.298 SGB II) arbeitslos gemeldet, 1,0 Prozent weniger als 2008. Einen Anstieg von 10,0 Prozent gab es bei der
Arbeitsagentur, während in der Arbeitsgemeinschaft 4,4 Prozent Ältere weniger von Arbeitslosigkeit betroffen waren. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen ist von 24,6 auf 24,2 Prozent zurückgegangen.
Langzeitarbeitslose konnten von der Entwicklung am Lübecker Arbeitsmarkt überproportional positiv profitieren. Besonders stark ging die Arbeitslosigkeit mit 19,1 Prozent bei der Arbeitsagentur zurück, während es bei der Arbeitsgemeinschaft 10,0 Prozent waren. Bei der Arbeitsagentur waren 10,3 Prozent aller Arbeitslosen Langzeitarbeitslose (288) und bei der Arbeitsgemeinschaft 46,4 Prozent (4.657). In beiden Rechtskreisen waren 4.944 Arbeitnehmer ein Jahr und länger arbeitslos (-10,6 Prozent). Ihr Anteil an allen Arbeitslosen ging von 43,3 auf 38,5 Prozent zurück.
4. Arbeitskräfteangebot in der Region Lübeck und Ostholstein
Die Entwicklung in den Geschäftstellenbezirken verlief unterschiedlich. Während es im Bezirk der Geschäftsstellen Neustadt, Oldenburg und Timmendorfer Strand einen Rückgang gab, stieg die Arbeitslosigkeit im Bezirk der Hauptagentur und in Eutin an. Die niedrigste Arbeitslosenquote verzeichnet die Dienststelle Timmendorfer Strand und die höchste die Hauptagentur Lübeck.
Die Hansestadt Lübeck liegt mit seiner Quote von 12,3 Prozent nicht mehr an der Spitze aller kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein. Die höchste Quote hat nunmehr mit 13,0 Prozent die Stadt Flensburg.
5. Arbeitskräftenachfrage
2009 wurden in der Hansestadt Lübeck 8.683 offene Stellen zur Besetzung gemeldet, das waren 3,2 Prozent weniger als 2008. 4.959 (-19,2 Prozent) davon wurden für ungeförderte Arbeitsverhältnisse angeboten. In Westdeutschland betrug der Rückgang bei den ungeförderten Arbeitsverhältnissen 19,3 Prozent und in Schleswig-Holstein 14,8 Prozent.
Mehr Stellenangebote gab es lediglich bei öffentlichen Verwaltungen (+35,5 Prozent), im Gesundheits- und Sozialwesen (+20,4 Prozent) sowie bei Erziehung- und Unterricht (+1,6 Prozent).
Die stärkste Nachfrage gab es wie im Vorjahr in der Arbeitnehmerüberlassung (1.294 Stellen) sowie wirtschaftlichen Dienstleistungen (845 Stellen bei z.B. Grundstücks- und Wohnungswesen, freiberuflichen, wissenschaftlichen und sonstigen Dienstleistungen).
6. Beschäftigung
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg im Vorjahresvergleich im ersten Halbjahr 2009 in der Hansestadt Lübeck auf 81.478 (+281 oder 0,3 Prozent). Die Entwicklung fiel etwas positiver als im Bundesgebiet (-0,3 Prozent) sowie im Gesamtbezirk (+0,1 Prozent) und etwas ungünstiger als in Schleswig-Holstein (+0,4 Prozent) aus.
Insbesondere in den Wirtschaftsbereichen Gesundheits- und Sozialwesen (+716), Gastgewerbe (+119) sowie Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen (+117) gab es mehr Beschäftigte.
Einen Rückgang gab es bei sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen wie z.B. Arbeitnehmerüberlassung (-453), Handel (-198) sowie Baugewerbe (-29).
Anteil der zehn beschäftigungsstärksten Wirtschaftszweige und Veränderung zum Vorjahr
7. Ausgaben der Agentur für Arbeit Lübeck
Die Agentur für Arbeit Lübeck hat 2009 in der Hansestadt Lübeck und Ostholstein 182,3 Millionen Euro ausgegeben; 30,7 Millionen oder 20,3 Prozent mehr als 2008.
53,6 Prozent der Haushaltsmittel wurden unter anderem für die Lohnersatzleistungen Arbeitslosengeld I (90,1 Mio.Euro; +13,6 Prozent) und Insolvenzgeld (7,7 Mio.Euro; +105,6 Prozent) gezahlt. Dabei gab es im Jahresdurchschnitt 6.123 Arbeitslosengeld I-Bezieher, die monatlich durchschnittlich 714,- Euro erhielten.
33,5 Prozent (61,0 Mio.Euro; +30,3 Prozent) wurden für Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, wie zum Beispiel Weiterbildung, Trainingsmaßnahmen oder Förderung der Selbständigkeit gewährt.
8. Geschäftspolitische Ziele 2010
Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits vor sechs Jahren ein neues Steuerungsmodell eingeführt, das durch eine Kopplung von Wirkung und Wirtschaftlichkeit geprägt ist. Vom Vorstand werden Geschäftpolitische Ziele festgelegt, Zielvereinbarungen mit den Arbeitsagenturen abgeschlossen und die Zielerreichung unterjährig überprüft. Dabei wurden Vergleichsregionen gebildet, die in einem Ranking miteinander konkurrieren. Die Agentur für Arbeit Lübeck ist mit zehn weiteren Agenturen im Vergleichstyp III b eingestuft. Dieser Vergleichstyp ist durch eine überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit gekennzeichnet, die deutlich über dem Westdurchschnitt liegt, und deren Bezirke einen hohen Tertiarisierungsgrad aufweisen.
Die übergeordneten Geschäftpolitischen Ziele bleiben auch für 2010 bestehen
• Beratung und Integration nachhaltig verbessern
• Wirkungsorientiert und wirtschaftlich arbeiten
• Hohe Kundenzufriedenheit erzielen
• Mitarbeiter-/ innen motivieren und Potenziale erkennen und ausschöpfen
Bei regelmäßigen Kundenbefragungen haben Arbeitgeber der Arbeitsagentur die Note 2,4 gegeben. 80 Prozent würden die Dienste der Arbeitsagentur wieder in Anspruch nehmen. Arbeitnehmer vergaben bei der Kundenzufriedenheit ebenfalls die Note 2,4.
Die Integration von Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt wird auch 2010 durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen unterstützt. Für Weiterbildung, Trainingsmaßnahmen, Eingliederungszuschüsse und Förderung der Selbständigkeit wurden rund 4.900 Maßnahmenplätze mit insgesamt 13,7 Millionen Euro veranschlagt. 2009 haben 6.600 Teilnehmer mit einer Maßnahme begonnen und es wurden 15,5 Millionen Euro ausgegeben.
Hinzu kommt die „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer ab 50 Jahre in Unternehmen“ (WeGebAU). Davon konnten 2009 193 Kunden profitieren und es wurden 1,9 Millionen Euro ausgegeben. 2010 stehen 2,1 Millionen Euro zur Verfügung.
Von dem Sonderprogramm Initiative zur Flankierung des Strukturwandels zum Erwerb anerkannter Berufsabschlüsse bzw. Teilqualifikationen bei Geringqualifizierten (IFLAS) sollen 165 Kunden profitieren und 1,4 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung.
„2009 lässt sich zusammenfassen mit den Worten „Wenig Krise und viel Arbeitsmarktpolitik“. Die Arbeitslosigkeit konnte durch Kurzarbeit vermieden und durch den verstärkten Einsatz arbeitsmarktpolitischer Leistungen auf Vorjahresniveau gehalten werden. Beschäftigungssicherung und die Flankierung des Strukturwandels bleiben auch 2010 im Fokus. Die Förderung geringqualifizierter Arbeitsloser und Beschäftigter sowie Kurzarbeit und Qualifizierung werden fortgesetzt, um so das Fachkräftepotenzial in der Region zu halten“, resümiert Karsten Marzian, Geschäftsführer für den operativen Bereich in der Arbeitsagentur Lübeck.









