Auto-Industrie bittet Angela Merkel um Hilfe
Bis zum Jahr 2020 soll nach dem Beschluss der Europäischen Kommission der CO2-Ausstoß der Neuwagenflotten in den EU-Ländern auf im Durchschnitt 95 Gramm je 100 Kilometer sinken. Ein ehrgeiziges Ziel, dass – nach heutigem Kenntnisstand – die Hersteller größerer und schwererer Fahrzeuge nur erreichen werden, wenn deren Hybrid- und Elektroautos mit Supercredits zwei- oder dreifach angerechnet werden und so den Flottenverbrauch senken.Nun hat der Umweltausschuss des Europaparlamentes ein neues Ziel: Bis 2025 sollen die Grenzwerte auf durchschnittlich 68 bis 78 Gramm pro Kilometer gesenkt werden, was einem Verbrauch von rund drei Liter auf 100 Kilometer entspräche. Und die Dinge sind recht weit fortgeschritten. Im Prinzip muss sich nur noch das Europäische Parlament mit den nationalen Umweltministern einigen. Bei den Anbietern von Premium-Fahrzeugen wie BMW, Mercedes schrillen alle Alarmglocken. Halten sie diese quasi Halbierung des Verbrauchs innerhalb von fünf Jahren für unmöglich unerfüllbar. In dieser Situation haben sie nun den Verband der Auto-Industrie mobilisiert, der nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den VDA-Präsidenten Matthias Wissmann veranlasste, an die Bundeskanzlerin einen Brand-Brief zu schreiben.
Mit der Anrede „Liebe Angela“ – eine Formulierung, die durchaus normal ist, da beide seinerzeit Kabinettsmitglieder unter der Regierung von Helmut Kohl waren – warnt Wissmann in dem Schreiben, dass „wir unser leistungsfähiges und starkes Premiumsegment, das fast 60 Prozent der Arbeitsplätze unserer Automobil-Industrie in Deutschland ausmacht, nicht über willkürlich gesetzte Grenzwerte buchstäblich kaputt regulieren lassen dürfen.“ Es komme nun, so Wissmann, entscheidend auf den Ministerrat und damit auf die Position der Bundesregierung an. „Die für unsere Unternehmen wichtigen Themen seien dabei ein Verzicht auf die Grenzwertfestlegung für 2025, eine stärkere Anrechenbarkeit besonders effizienter Modelle auf den Flottendurchschnitt sowie die Sicherstellung eines verlässlichen Messverfahrens für die CO2-Emissionen. Es sei wichtig, dass bei alle Regelungen neue Verordnungen wettbewerbsneutral ausgestaltet und damit die Vielfalt innerhalb der europäischen Automobil-Industrie berücksichtigt wird.“
Es ist anzunehmen, dass Angela Merkel diese Bitte wohlwollend prüfen wird. Doch ergibt sich gleichzeitig die Frage, ob beispielsweise – das Problem ist schließlich lange bekannt – Mercedes wirklich gut beraten war, um mit dem Kühlmittel-Streit eine weitere Baustelle auf zu machen. Und es bleibt zu fragen, ob innerhalb des VDA keine harmonischeren Absprachen möglich sind, um mit dem ganzen Gewicht dieses Industriezweiges zu sprechen. Denn der größte deutsche Autohersteller, der Volkswagen-Konzern, zu dem schließlich auch Audi und Porsche gehören, unterstützt zumindest die EU-Ziele bis 2020. (Auto-Reporter.NET/Hans H. Grassmann)