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Besondere Neuigkeiten

Bischof Gerhard Ulrich befürwortet den Appell an die Bundesregierung

Kiel (sst). Bischof Gerhard Ulrich, Vorsitzender der Kirchenleitung der Nordelbischen Kirche, hat sich heute in Kiel dafür ausgesprochen, die Unterschriften-Aktion von Brot für die Welt, Oxfam Deutschland, Germanwatch, Greenpeace und WWF (World Wide Fund For Nature) zu unterstützen. Damit verbunden ist ein Appell an die Bundesregierung für ein energiepolitisches Zukunftspaket, das menschengemachte Katastrophen heute und in der Zukunft möglichst ausschließt.

“Die Erdbeben- und Tsunamikatastrophe hat unfassbares Leid gebracht. Die gewaltige Flutwelle hat alles mitgerissen, was nicht Halt finden konnte. Menschen, Straßen, Häuser, Schiffe. Atommeiler bersten, Kettenreaktionen sind nicht mehr beherrschbar. Was wir verharmlosend „Restrisiko“ zu nennen pflegten, ist Realität geworden. Angesichts der bedrohlichen Technik werden Lebensängste geweckt, die sich verdichten in Forderungen nach Umkehr und Ausstieg. Eine Mahnung reicht nicht“, sagte Bischof Ulrich.

Der Vorsitzende der NEK-Kirchenleitung forderte einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomtechnologie in Deutschland und Europa. Dafür zeichne sich in Deutschland ein breiter gesellschaftlicher Konsens ab.

Der Appell der Umwelt- und Entwicklungsverbände an die Bundesregierung fordert ein energiepolitisches Zukunftspaket ohne klimaschädliche und hochriskante Energietechnologien. Die sechs zentralen Eckpfeiler für eine klima- und energiesichere Zukunft sind: Ausstieg aus der Atomenergie, Keine neuen Kohlekraftwerke, Beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien, Ein ehrgeiziges deutsches Effizienzziel, Europa als Vorbild beim Klimaschutz und Europa mit ehrgeizigem Effizienzziel. Die Unterschriften-Aktion läuft noch bis morgen (Donnerstag, 24. März 2011) 15 Uhr.

Für ein energiepolitisches Zukunftspaket, das menschengemachte Katastrophen heute und in der Zukunft ausschließt
Sechs zentrale Eckpfeiler für eine klima- und energiesichere Zukunft

Die Katastrophe von Fukushima erfordert jetzt den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomtechnologie in Deutschland und Europa. Hierüber zeichnet sich in Deutschland ein breiter gesellschaftlicher Konsens ab. Aber auch angesichts der zunehmenden Bedrohung durch den Klimawandel müssen die Weichen in der Energiepolitik neu gestellt werden und der Klimaschutz ein elementarer Teil der neuen Energiestrategie werden. Nur so lassen sich in Zukunft die Gefahren menschengemachter Kata¬strophen durch eine verfehlte Energiepolitik minimieren.
Umwelt- und Entwicklungsverbände fordern ein energiepolitisches Zukunftspaket ohne klimaschädli-che und hochriskante Energietechnologien. Die sechs zentralen Eckpfeiler für eine klima- und ener-giesichere Zukunft sind:

1. Ausstieg aus der Atomenergie. Es müssen zehn der 17 deutschen Kernreaktoren sofort und dauerhaft vom Netz genommen werden. Vier weitere Kernkraftwerke sollten bis 2013 vom Netz gehen. Die restlichen drei sollten wenige Jahre später auslaufen. Angesichts der gegenwärtigen Überkapazitäten des laufenden Ausbaus der erneuerbaren Energien, der heute existierenden Kaltreserve, der derzeit in Bau befindlichen Kraftwerkskapazitäten und einem Spitzen¬lastmanagement droht weder heute noch künftig eine Stromlücke.
2. Keine neuen Kohlekraftwerke. Der Neubau von Kohlekraftwerken muss ausgeschlossen wer-den. Neue klimaschädliche Kohlekraftwerke mit langer Lebensdauer würden hohe CO2-Emissionen für Jahrzehnte zementieren. Dies ist nicht vereinbar mit den mittel- und langfristigen Erfordernissen zur Emissionsminderung. Statt Kohlekraftwerken müssen Gaskraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplung als Brückentechnologien für den Übergang zu einer Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien ausgebaut werden.
3. Beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien. Die erneuerbaren Energien müssen schnel¬ler als bisher ausgebaut werden. Dazu sind ein robustes Fördersystem und umfassende Maßnahmen zur Schaffung der notwendigen Infrastruktur, wie neue Stromtrassen, intelligente Netze und Speicher notwendig. Der gesamte Ausbau muss strikten Nachhaltigkeitskriterien genü-gen.
4. Ein ehrgeiziges deutsches Effizienzziel. Deutschland muss sich das verbindliche Ziel setzen, die Energieeffizienz um mindestens 3 Prozent pro Jahr zu steigern. Zudem müssen umfassende Mittel für Energiesparmaßnahmen bereitgestellt und entsprechende ordnungsrechtliche Maßnahmen – insbesondere im Gebäude- und Verkehrsbereich – ergriffen werden. Für Energieeffizienz müssen jährlich mindestens 5 Mrd. € bereitgestellt werden.
5. Europa als Vorbild beim Klimaschutz. Nur mit einem klaren politischen Rahmen und klaren Zie-len kann Europa eine nachhaltige, zukunftsfähige und risikofreie Energieversorgung realisieren. Hierzu gehört an erster Stelle ein angemessenes Ziel bei der Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen. Die Bundesregierung muss jetzt ohne Wenn und Aber ein EU-Klimaziel von mindestens 30% heimischen Reduktionen bis 2020 und 95% Reduktionen bis 2050 gegenüber 1990 unterstützen. Dieses Ziel muss noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Diese Festlegung wäre auch im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
6. Europa mit ehrgeizigem Effizienzziel. Das europäische Ziel, den Energieverbrauch durch Effi-zienzsteigerungen um 20% bis 2020 zu senken, muss jetzt als verbindliches Ziel fest¬geschrieben werden. Der im März 2011 vorgestellte Effizienzplan des EU-Energiekommissars Oettinger ist noch deutlich zu schwach. Er enthält keine verbindlichen Vorgaben und Maßnahmen zur Steige-rung der Energieeffizienz. Diesen Effizienzplan gilt es jetzt grundsätzlich zu überarbeiten.