Bischöfin und Bischof: Aus Dankbarkeit wächst Verantwortung
Breitenfelde/Rühn (mb/cm). In ihren Predigten auf den Landeserntedankfesten in Breitenfelde (Kreis Herzogtum Lauenburg) und Rühn (Landkreis Rostock) haben Bischöfin Kirsten Fehrs und Bischof Dr. Andreas von Maltzahn dazu aufgerufen, Verantwortung für die gerechte Verteilung von Lebensmitteln und das Gemeinwohl zu übernehmen.Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprengel Hamburg und Lübeck) blickte auf dem schleswig-holsteinischem Landeserntedankfest in Breitenfelde dankbar auf die Ernte in Schleswig-Holstein. „Durch eine gute Ernte erlangen wir die demütige Erkenntnis, dass wir nicht allein aus uns heraus leben und allen Grund haben dankbar zu sein“, so die Bischöfin in ihrer Predigt. „Erntezeit ist reiche Zeit. Auch heute – 2012. Gab es doch letztlich eine Ernte, die trotz der beunruhigenden Wetterkapriolen gut ausgefallen ist.“
Weiter sagte Kirsten Fehrs: „Gerade noch mal gut gegangen – raunt es in vielen, die sich um die Klimaveränderung auf unserer Erde lang schon Sorgen machen. Und wir alle sehen sie ja, die Erntekatastrophen in anderen Ländern durch große Dürre oder Überschwemmungen. Wir sehen, dass zu viele Menschen auf dieser Erde zu wenig Land haben, zu wenig Brunnen und zu wenig Brot. Und so sind Erntedank und Klimaschutz in der Moderne enge Koalitionspartner geworden. Auch vor Ort.“
Die Bischöfin verwies in ihrer Predigt auf die großen Herausforderungen der heutigen Landwirtschaft: „Was soll zukünftig geschehen auf unseren Feldern, für deren Erträge wir heute danken? Wie kann man wirtschaftlich und zugleich ökologisch verantwortungsbewusst handeln? Wie grüne Energie ermöglichen und zugleich ‚Brot für die Welt‘?“ Die Gesellschaft sei immer wieder in Dilemmata verfangen. „Dabei müssen wir uns untereinander mehr verständlich machen. Mehr miteinander reden“, so die Bischöfin. Gleichzeitig müsse akzeptiert werden, dass wohl keine Lösung allen und allem gerecht werden könne.
Im weiteren Verlauf der Predigt appellierte die Bischöfin an die Gemeinde, sich den vielen Gesichter der Armut zu öffnen. „Hier und in der Welt, die Flüchtlingsnot an den Grenzen Europas zu sehen und die nicht enden wollenden Kriege, sind sie doch letztlich auch Folge einer eklatant ungerechten Verteilung der Güter in dieser Welt. Über eine Milliarde hungernder Menschen sehen und zugleich unsere Mülltonnen, die jeder deutsche Bundesbürger jährlich mit 82,6 kg weggeworfenen Nahrungsmittel füllt, das dürfen wir nicht einfach so hinnehmen.“
Der Schweriner Bischof Dr. Andreas von Maltzahn (Sprengel Mecklenburg und Pommern) hat auf dem mecklenburg-vorpommerschen Landeserntedankfest in Rühn dazu aufgerufen, Lebensmittel und ihren Wert wieder mehr zu achten sowie Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen.
In seiner Predigt in der Klosterkirche sagte von Maltzahn, dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern guten Grund hätten, für die diesjährige Ernte dankbar zu sein. Zugleich verwies er auf bestehende Probleme wie die gestiegenen Futtermittelkosten, die die Existenz vieler Landwirte bedrohten. „Solange unser Kaufverhalten vor allem nach dem Billigsten verlangt und nicht nach der Qualität der Lebensmittel fragt, werden es die Landwirte schwer haben“, so Dr. von Maltzahn. Es stelle sich daher die Frage, was ein gerechter Preis für einen Liter Milch, einen Laib Brot oder einen Zentner Kartoffeln sei. „Wir dürfen die Entscheidung darüber nicht allein dem Spiel der Marktkräfte überlassen“, so der Bischof. „Ich plädiere dafür, vor einer Mahlzeit innezuhalten, einen Moment dankbar sein für die Güte Gottes und die Arbeit der Landwirte.“ Dies könne helfen, „unsere Lebensmittel wieder stärker achten und schätzen zu lernen.“ Zugleich sollten die Gesellschaft angesichts der Überfülle in den Regalen nicht vergessen, etwas gegen den Hunger in der Welt zu tun. „Wenn wir uns nicht um gerechtere Verhältnisse bemühen, dann verlieren wir unsere Menschlichkeit“, so Andreas von Maltzahn.
Weiter forderte der Bischof eine neue Reformbewegung in der Gesellschaft, in der Menschen stärker Verantwortung für das Gemeinwesen übernehmen, in dem sie leben – „für ihren Ort, für ihre Region, für das, was ihre Vorfahren hinterließen und was ihren Kindeskindern einst Heimat sein und Leben ermöglichen soll“. Ein Beispiel dafür sei der Klosterverein in Rühn, der sich mit viel Mut und Hoffnung gegen den Verfall der einst von Zisterzienserinnen gegründeten Anlage gestemmt habe.
Im Anschluss an die beiden Landeserntedankgottesdienste überbrachten Vertreterinnen und Vertreter der beiden Bundesländer und verschiedener Landesverbände Grußworte. So hielten in Breitenfelde der schleswig-holsteinische Landtagspräsident Klaus Schlie und Innenminister Andreas Breitner, sowie der lauenburgische Landrat Gert Krämer, der Bauernverbandspräsident von Schleswig-Holstein, Werner Schwarz, und Ingetraud Schmidt-Bohlens, Vorsitzende der Landfrauen im Kreis Herzogtum Lauenburg Grußworte. Um 12 Uhr startete das große Fest mit dem Erntedankumzug vor der Kirche.
In Rühn richteten der mecklenburg-vorpommersche Ministerpräsident Erwin Sellering und Landwirtschaftsminister Till Backhaus Grußworte an die Anwesenden.