BKA: BKA-Präsident Jörg Ziercke im Innenausschuss des Deutschen Bundestages zur Rolle des BKA im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy
Wiesbaden (ots) – In der Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12. März 2014 weist BKA-Präsident Jörg Ziercke Vorwürfe zurück, er habe im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy Sachverhalte vertuscht oder nicht erwähnt. Der BKA-Präsident stellt klar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BKA die Verbindung zwischen dem Namen Sebastian Edathy und dem Bundestagsabgeordneten und früheren Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses erstmals von der Polizeidienststelle Nienburg in Niedersachsen am 15. Oktober 2013 erfahren haben und er danach erst informiert worden sei. „Alle Skandalisierungen und Verschwörungstheorien, wonach Informationen bewusst zurückgehalten worden seien, um gegen Herrn Edathy kompromittierendes Material zu sammeln, sind absurd“, so BKA-Präsident Jörg Ziercke. Ebenso substanzlos sind die Vorwürfe, im BKA seien Massenverfahren verschleppt und dadurch andauernde Missbrauchsfälle von Kindern nicht unterbunden worden. Zu den zuletzt in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfen, eine Grobsichtung des aus Kanada übermittelten Verdachtsmaterials gegen Besitzer von Kinderpornografie im Januar 2012 sei bislang nicht dargelegt worden, das BKA habe die Bearbeitung der sogenannten Operation Selm verschleppt und nicht die richtigen Prioritätsentscheidungen zum Personaleinsatz getroffen, im Rahmen der Grobsichtung im Januar 2012 sei ein Beamter des BKA als mutmaßlicher Besitzer von Kinderpornografie entdeckt worden und dieser Fall sei vorgezogen worden und zum Fall des leitenden BKA-Beamten hätte in den Sitzungen des Innenausschusses berichtet werden müssen, nimmt das BKA wie folgt Stellung: Der Beginn der zielgerichteten Sachbearbeitung in der Operation Selm begann im Juli 2012 mit der Produktbewertung der aus Kanada übermittelten Filme und Fotos und deren Kategorisierung. Vor Beginn der Sachbearbeitung erfolgte eine Grobsichtung des Verdachtsmaterials. Hierzu hatte der Präsident des BKA in seiner Anhörung im Innenausschuss im Februar 2014 ausgeführt, dass man die Festplatte mit den relevanten Daten aus Kanada ausgelesen und in eine Datei eingestellt habe, ohne sich das „Ganze näher angesehen zu haben“. Die Grobsichtung erfolgte mit dem Ziel der technisch-organisatorischen Aufbereitung einer Bestellliste mit etwa 6600 Einzelbestellungen. Die Einzeldaten der Bestellungen sollten zusammengeführt, auf die tatsächliche Anzahl der deutschen Besteller (ca. 800) reduziert und für den Beginn der Sachbearbeitung des Verfahrens im Sommer 2012 in eine Datenbank überführt werden. Auf eine der Sachbearbeitung vorgeschalteten Phase wurde also schon in der Anhörung des Innenausschusses am 21. Februar hingewiesen und diese in einer Pressemitteilung des BKA vom 28. Februar 2014 als Grobsichtung bezeichnet. Diese Grobsichtung und technisch -organisatorische Aufbereitung hatte keine Relevanz für die Frage nach der Identifizierung von Personen. Die Identifizierung erfolgte erst gegen Ende der Sachbearbeitung durch die örtlichen Polizeidienststellen. BKA-Präsident Jörg Ziercke: „Die Auswertung des Kundenmaterials mit ca. 800 Namen begann erst im Sommer 2012. Der Vorgang der Grobsichtung war nicht auf die Identifizierung von Kunden ausgerichtet. Das war erst Teil der späteren Sachbearbeitung.“ Eine Auswertung der durch die kanadischen Behörden übermittelten Informationen war vor Juli 2012 nicht möglich. Andere Ermittlungen, teilweise wegen des Verdachts des noch andauernden Kindesmissbrauchs in 14 Verfahren in der Zeit von November 2011 bis Sommer 2012, waren vorrangig zu bearbeiten. Zudem handelt es sich bei der Kundendatei aus Kanada um die Besteller, nicht um die Produzenten. Die kanadischen Behörden hatten sich vorbehalten, Produzentenermittlungen von dort durchzuführen. Im Ergebnis der Operation Selm wurde auch kein andauernder Fall des sexuellen Missbrauchs in Deutschland festgestellt. Bei dem Massenverfahren gegen Kunden in Deutschland bestand wegen des Verdachts des bloßen Besitzes von Kinderpornografie also keine zeitliche Dringlichkeit. Zur Kritik, dass im Rahmen der Grobsichtung ein BKA-Beamter als Kunde von Kinderpornografie entdeckt und der Fall damit entgegen der üblichen Vorgehensweise vorgezogen wurde, wird Folgendes klargestellt: Eine BKA-Mitarbeiterin verschaffte sich am 10. Januar 2012 einen ersten Eindruck von den aus Kanada stammenden Dateien und stieß dabei auf den ihr persönlich bekannten BKA-Beamten. Nach Feststellung seines Namens brach die Mitarbeiterin den Grobsichtungsvorgang zunächst ab. Der Fall wurde in der Folge unverzüglich bearbeitet, um Ermittlungen nicht zu gefährden. Außerdem sollten schnellstmöglich eventuell notwendige Personalentscheidungen getroffen werden können. Der Fall wurde daher bereits im Januar 2012 vor Beginn der Operation Selm im Sommer ausgegliedert. Wegen der Bedeutung des Falles für das BKA informierte der Präsident des BKA auch den Staatssekretär im Bundesministerium des Innern mündlich über den Sachverhalt. Weitere Ausführungen hierzu sind aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Zwischenzeitlich ist öffentlich gefordert worden, dass BKA hätte nach Entdeckung des Falles des BKA-Mitarbeiters alle anderen Namen in der Bestellliste für Kinderpornografie durchsehen müssen. Hierzu BKA-Präsident Jörg Ziercke: „Ein „Promi-Check“ findet im BKA aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht statt.“ Der Fall um den BKA-Beamten wurde in den Sitzungen des Innenausschusses am 19. und 21. Februar durch BKA-Präsident Jörg Ziercke nicht erwähnt. Dem vorangegangen war eine Rechtsgüterabwägung zwischen einerseits den grundrechtlich geschützten Interessen des BKA-Beamten wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht und andererseits dem parlamentarischen Fragerecht und der Informationspflicht der Regierung. Der Beamte war keine bekannte Persönlichkeit. Darüber hinaus war zu berücksichtigen: Der Fall des Beamten wurde als Sonderfall bereits am 10. Januar 2012 ausgegliedert, die Sachbearbeitung in der Operation Selm begann erst im Juli 2012. Am 10. Januar 2012 gab es noch keinen Untersuchungsausschuss und damit keinen zeitlichen Zusammenhang zum Fall Edathy. Informationen zum Fall des BKA-Beamten hätten daher für den Innenausschuss keine Klärung bringen können, ob im BKA der Sachverhalt um Edathy bereits vor dem 15. Oktober 2013 bekannt war. Der Präsident des BKA unterlag nach der Rechtsgüterabwägung weiterhin der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit. Bereits die Auswirkungen der medialen Berichterstattung auf den ehemaligen BKA-Beamten sind schwerwiegend. Hier ist auch die sich aus § 78 BBG ergebende Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses gilt, zu berücksichtigen. Die Beschränkung der Persönlichkeitsrechte des früheren BKA-Beamten wäre zudem unverhältnismäßig gewesen, da dem Innenausschuss ein milderes Mittel zur Verfügung stand, um zu erfahren, ob der Name Edathy im BKA vor dem 15. Oktober 2013 aufgefallen war. Denn zur weiteren Klärung dieser Frage hatte BKA-Präsident Jörg Ziercke in seiner Anhörung am 21. Februar 2014 den Mitgliedern des Ausschusses angeboten, die mit dem Vorgang betrauten BKA-Mitarbeiter zu hören. Dies ist jedoch seinerzeit nicht geschehen! BKA-Präsident Jörg Ziercke: „Das Verfahren gegen den BKA-Beamten hat nichts mit dem Fall Edathy zu tun. Ich habe mich nach sorgfältiger Abwägung für einen Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen entschieden. Ich musste meine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit wahren!“ Rückfragen bitte an: Bundeskriminalamt Pressestelle Telefon: 0611-551 3083 Fax: 0611-551 2323 www.bka.de
Quelle: presseportal.de