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Lübeck Lupe

Brahms-Institut Lübeck erwirbt kostbare Brahms-Handschrift in Berlin

AutographAuf einer Autographen-Auktion bei Stargardt in Berlin hat das Brahms-Institut
Lübeck am 24. März die vollständige Handschrift eines Brahmsliedes erwor-
ben. Das der Musikhochschule Lübeck (MHL) angegliederte Institut konnte die
Blätter  für  70.000  Euro  ersteigern.  Die  Elfriede  Dräger-Gedächtnis-Stiftung
und  die  Possehl  Stiftung  Lübeck  ermöglichten  die  Neuerwerbung,  die  die
weltweit einzigartige Sammlung des Brahms-Instituts künftig ergänzt. Das Lied „Agnes“ op. 59, Nr. 5 komponierte Brahms im Frühjahr 1873 nach einem
Text des Dichters Eduard Mörike. Bei dem dreieinhalb Seiten umfassenden Manu-
skript  handelt  es  sich  um  eine  Reinschrift  von  Johannes  Brahms.  Institutsleiter
Prof.  Dr.  Wolfgang  Sandberger:  „Sie  gehört  jetzt  zu  den  Glanzlichtern  unserer
Sammlung und bietet einzigartige Blicke in die Komponistenwerkstatt von Brahms.
Die rhythmischen Verfeinerungen, die Brahms mit Bleistift eingefügt hat, sind in der
Handschrift eindrucksvoll nachvollziehbar.“ Das einzig erhaltene Autograph des Lie-
des stammt aus der Sammlung des Schweizers Louis Koch.
Mörikes Gedicht entstand im Sommer 1831. Noch ohne Titel wurde es erstmals in
seinem  1832  erschienenen  romantischen  Künstlerroman  „Maler  Nolten“  gedruckt.
Agnes, weibliche Hauptfigur des Romans, trägt das Gedicht vor: „Rosenzeit! Wie
schnell vorbei…“. Sie  erinnert sich darin ihrer verlorenen Liebe und wird sich der
Untreue ihres Geliebten und der eigenen Verlassenheit bewusst.
Johannes Brahms hat Mörikes Volkston in seiner 72 Takte umfassenden Vertonung
aufgegriffen. Der kompositorische Clou des Liedes liegt in der kunstvollen Konstruk-
tion des stetig wechselnden Metrums vom Dreier- in den Zweiertakt. Im. Oktober
1873 schickte Brahms „Agnes“ zusammen mit weiteren Liedern des Opus 59 zur
Veröffentlichung an seinen Verleger Rieter-Biedermann in Winterthur und empfahl
sie als „besonders liebliche, empfehlenswerte, angenehme, nur stellenweise diffizi-
le, moralische, gottesfürchtige, kurz ‚Lieder‘ prima Sorte.“
Das Brahms-Institut plant im Sommersemester eine ausführliche Präsentation des
spektakulären Neuerwerbs im Rahmen einer Veranstaltung. Der Termin dafür steht

Das Brahms-Institut an der MHL wurde 1991 gegründet und besitzt eine der bedeu-
tendsten Brahms-Sammlungen weltweit. Immer wieder sind in den letzten Jahren
kostbare Erweiterungen der Sammlung gelungen. Dazu gehören neben zahlreichen
Briefen auch die Handschriften zu den Liedern „Liebesgluth“ aus dem Opus 47 und
„Der Überläufer“ aus der Liedsammlung op. 48 sowie  die Schenkung des Nachlas-
ses Renate Wirth mit den Teilnachlässen der Brahms-Vertrauten Julius Stockhau-
sen und Emanuel Wirth.