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Menschlich gesehen

Der Hering ist da! Schwärme besuchen schon die Untertrave

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Foto/Text: Reinhard Bartsch

Die ganz ungeduldigen und vor allem sehr optimistischen Petrijünger stehen seit einigen Tagen sogar schon an der Untertrave: sie angeln „auf“ Hering. Also sieht das an den übrigen Fang versprechenden Plätzen wie Schlutuper Hafen und im Bereich der ehemaligen Herrenbrücke nicht anders aus. Ob der große Fang bereits in diesen Tagen zu erwarten ist, ist eher unwahrscheinlich. Das kann sich aber innerhalb kurzer Zeit. Momentan jedenfalls füllen sich die Eimer noch nicht so rasch.Das Wasser muss einfach noch wärmer werden. Dass der „Harung wirklich Erfahrung“ hat, muss vor allem dann bezweifelt werden. Denn nicht nur der jugendliche Clùpea haréngus“ kann den goldblitzenden, mit regenbogenfarben-schimmernden Fischhäutchen versehenen Haken widerstehen, die die Sportfischer mit Zweier-Paternoster, die an ihrem Ende mit zumeist rot/weiß-gefärbten Bleien beschwert sind, unermüdlich durch die Fluten ziehen. Auch über 20 Jahre „erfahrene“ Schwarmkolleginnen und -kollegen der Familie und Gattung „Hering“ fallen dem menschlichen Urtrieb Sammler/Jäger/Angler zum Opfer, bevor die vielen Tausend etwa an Grund, Dalben, Pfählen oder Kaimauern geklebten Eiern der Rogner von den Milchnern befruchtet werden konnten. Hier jedenfalls können sich die Fische in der Regel selbst entscheiden, ob sie beißen wollen oder nicht. Denn wie zum Beispiel vor der Schleuse im dänischen Hvide Sande werden die armen Kreaturen mit großen Drillingshaken, die in die Schwärme geworfen werden, einfach aufgespießt.

Aber die Natur hat diesen Fisch in Massen zur bequemen Nahrung anderer erkoren und sorgt immer wieder für gewaltigen Nachwuchs. Topleistung dabei: Nur sieben Tage Entwicklungszeit der befruchteten Eier bei einer Wassertemperatur von etwa 15 Grad. Wie dick die Wände etwa in Schlutup verklebt sind, riecht man vor allem, wenn die sich die Heringe bei Hochwasser vergnügt und bei Normalstand die Ei-Schichten in der Sonne stinken. Verhohlenes Gelächter unter Fachleuten soll das Ergebnis einer besonders umweltbewussten Lübecker Partei erzielt haben, die einmal durch Taucher gutachterlich feststellen lassen wollte, dass die Heringe knapp geworden seien: Ein absoluter Fehlschlag! Die Schwärme unterschiedlichsten Alters und damit auch Größe suchen die Trave normalerweise zum Hochzeitstanz auf, wenn das Wasser eine Temperatur von mindestens sechs bis sieben, besser acht Wärmegraden erreicht hat.

Zumeist sind es zunächst vor allem die „Halbstarken“, die sich von den Anglern dann und wann dem Nass entreißen lassen. An besten Tagen läuft das Laichgeschäft so gut, dass die Angler in zwei Stunden 80 oder 100 Heringe im Eimer haben. Warum der eigentliche „Planktonfresser“ Hering sogar an den Haken geht, ist schon recht merkwürdig. Ebenso merkwürdig so manche Angler, die den Fisch eimerweise wegschleppen, als würde der „jüngste Tag“ bevorstehen. Doch zugegeben: Hering ist längst mehr kein Arme-Leute-Essen. Auch der wahre Gourmet weiß ihn zu schätzen!

An guten Tagen stehen hier die Angler Ellenbogen an Ellenbogen: Die Mole am Schlutuper „Fischereihafen“ ist immer noch eine der besten Fangplätze.