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Politik & Wirtschaft

Die „politische“ Juncker-Kommission überlässt die Online-Glücksspielreform den Gerichten

Brüssel (ots) – Die in der EU ansässigen und regulierten Glücksspielanbieter nehmen die heutige Entscheidung der Juncker-Kommission, ihre Arbeit zur Bekämpfung von Verstößen gegen die Regelungen des EU-Binnenmarktes im Glücksspielsektor einzustellen, zur Kenntnis. Hiervon ist auch ein gegenüber der Bundesregierung in Deutschland bereits eingeleitetes Verfahren betroffen. Mit einer Vielzahl von Gerichtsverfahren, mehr als 30 übereinstimmenden Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und weiteren dort anhängigen Verfahren ist es offensichtlich, dass der Online-Glücksspielsektor als ein per se grenzüberschreitendes Angebot in verschiedenen Ländern – zu denen auch Deutschland zählt – mit zahlreichen Verstößen gegen das EU-Recht konfrontiert ist. Gleichzeitig nutzen Verbraucher oft unregulierte, nicht in der EU ansässige Glücksspielangebote. Die Kommissionsentscheidung steht zudem im Widerspruch zu den von der EU selbst gesetzten politischen Prioritäten, insbesondere dem EU-Programm für den Digitalen Binnenmarkt. Schließlich ist sie unvereinbar mit den konzertierten Anstrengungen zur Verbesserung der Verbrauchersicherheit sowie zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Spielmanipulation im Vorfeld der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft in Russland im kommenden Jahr. Die Vertragsverletzungsverfahren, die die Kommission heute offiziell eingestellt hat, betreffen eine Reihe nationaler Gesetze und Praktiken, die als schwerwiegende und eindeutige Verstöße gegen das primäre EU-Recht und die Rechtsprechung des EuGH zu qualifizieren sind. Auch gegen Deutschland war die Europäische Kommission zuletzt 2015 mit einem PILOT-Verfahren als Vorstufe eines Vertragsverletzungsverfahrens vorgegangen. Die EGBA ruft in Erinnerung, dass die Kommission hierin festgestellt hatte, dass das staatliche Monopol für Sportwetten, das aufgrund der Feststellungen des EuGH (C-316/07, Stoß u.a.; C-46/08, Carmen Media) von den deutschen Gerichten als europarechtswidrig betrachtet wurde, im regulierten Bereich wegen der Verzögerungen im Konzessionsverfahren weiterhin fortdauert (später auch EuGH C-336/14, Ince). Gleichzeitig hatte die Kommission bezweifelt, dass die 2012 von den Ländern verabschiedete Experimentierklausel für Sportwetten, nach der für einen Zeitraum von sieben Jahren Sportwetten mit einer Konzession veranstaltet werden dürfen, wirtschaftlich noch Sinn mache, da die Experimentierklausel bis 2019 befristet sei und noch immer keine Konzessionen erteilt wurden. Die Kommission hatte zudem erhebliche Zweifel am Erreichen der Ziele des Glücksspieländerungsstaatsvertrags von 2012 geltend gemacht, wie dem Jugend- und Spielerschutz und einer Bekämpfung der Spielsucht sowie von Gefahren für die Integrität des Sports. Sie stellte zudem fest, dass die Lenkung des Glücksspiels in geordnete und überwachte Bahnen bei einem Marktanteil von 30 % nicht regulierter Glücksspiele als gescheitert betrachtet werden muss. Diese Feststellungen der Kommission bleiben weiterhin uneingeschränkt gültig. Maarten Haijer, Generalsekretär der EGBA, stellt fest: „Die heutige Entscheidung der Kommission fördert Glücksspielanbieter aus Drittstaaten, die ihre Produkte unreguliert in der EU anbieten zu Lasten in der EU lizenzierter und regulierter Anbieter. Die Entscheidung der Kommission ist kein Präjudiz für die Rechtslage in Deutschland. Die nationalen Gerichte als auch der EuGH werden wieder verstärkt mit Glücksspielfällen konfrontiert sein. Es ist davon auszugehen, dass sich nationale Gerichte nun wieder verstärkt an den EuGH wenden Mit ihrer Entscheidung verzichtet die Juncker-Kommission auf die Möglichkeit, ihr ehrgeiziges Programm für den digitalen Binnenmarkt in ihrer Rolle als Hüterin der Verträge ernsthaft zu untermauern. Die Frage ist nicht, ob die Kommission einen Binnenmarkt für Online-Glücksspiele schaffen sollte oder nicht. Vielmehr zeigt die Vorstellung, dass regulatorische und EU-rechtliche Herausforderungen des Online-Glücksspielsektors von den Mitgliedstaaten individuell gelöst werden können, ein mangelndes Verständnis des digitalen Verbrauchers durch die Juncker-Kommission.“ Die Kommission selbst kam bereits 2012 zu dem Schluss, dass die in der EU vorherrschenden ordnungspolitischen, gesellschaftlichen und technischen Fragen von den einzelnen Mitgliedstaaten nicht adäquat angegangen werden können. Dies gilt insbesondere angesichts der grenzüberschreitenden Dimension des Online-Glücksspiels. Die Kommission schlägt keine EU-weiten Rechtsvorschriften für Online-Glücksspiele vor. Sie schlägt ein umfassendes Bündel von Maßnahmen und gemeinsamen Grundsätzen zum Schutz der Verbraucher vor.“ (1) Mit der heutigen Entscheidung der Kommission wird die Forderung des Europäischen Parlaments in dem Bericht über Online-Glückspiele im Binnenmarkt konterkariert, in dem die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen solche Mitgliedstaaten gefordert wurde, die gegen EU-Recht zu verstoßen scheinen. (2) Haijer fügte hinzu: „EU-Mitgliedstaaten wie Italien und Dänemark sind mit gutem Beispiel vorangegangen und haben einen Rahmen für Glücksspiele geschaffen, der funktioniert: Sie zeichnen sich durch strenge Vorschriften und Kontrollen in Verbindung mit einem Steuerniveau aus, das die Nutzung staatlich lizenzierter und überwachter Angebote und damit ein hohes Maß an Verbraucherschutz sicherstellt. Genauso wie die Glücksspielindustrie sind auch weitere Branchen vom neuen strategischen Ansatz der Kommission betroffen. Die heutige Entscheidung über die Einstellung der Verfahren ändert nichts an der Rechtslage und kann – wie die Kommission selbst sagt – nicht als eine Form des „Durchwinkens“ von bestehenden Verstößen auf mitgliedstaatlicher Ebene gegen das EU-Recht verstanden werden. Die Kommission bekräftigt, dass sie die Mitgliedstaaten weiterhin dabei unterstützen wird, den Rechtsrahmen für Online-Glücksspiele zu modernisieren. Das kann freilich nur mit einer umfassenden Regulierung aller Online-Glücksspielprodukte funktionieren, damit im regulierten Markt ein hohes Spielerschutzniveau sichergestellt werden kann.“ Hintergrund Die Entscheidung der Kommission widerspricht ihrer eigenen Aussage in der Mitteilung „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“ (C(2016)8600), in der es heißt: „Die Kommission wird entschlossen gegen Verstöße vorgehen, die die vier Grundfreiheiten untergraben könnten“. In diesem Papier verpflichtet sich die Kommission, sich „auf die wichtigsten Verstöße zu konzentrieren“. Wenn sie dabei jedoch einen ganzen Sektor wie das Glücksspiel unberücksichtigt lässt, läuft sie Gefahr, wichtige Verstöße zu übersehen, die für die EU-weite Durchsetzung des Binnenmarktes von allgemeiner Bedeutung sein könnten. Ihre kommunizierte Absicht, „weiterhin weiterreichende Probleme bei der Durchsetzung aufzuzeigen“ konterkariert die Kommission, wenn sie Vertragsverletzungsverfahren en bloc einstellt ohne zu berücksichtigen, dass diese für die ordnungsgemäße Durchsetzung des EU-Rechts in den betreffenden Ländern von größter Bedeutung sein können. Über die EGBA Die EGBA ist ein Zusammenschluss der führenden europäischen Spiel- und Wettbetreiber Bet-at-home, BetClic, GVC Holdings PLC, Expekt, Kindred Plc, ZEAL Network, Betsson Group und Bet365. Die Gibraltar Betting and Gaming Association (GBGA), Branschföreningen för Onlinespel (BOS) und die Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG) sind assoziierte Mitglieder der EGBA. Als gemeinnütziger Verein mit Sitz in Brüssel setzt sich die EGBA für die Rechte von mehr als 20 Millionen erwachsenen europäischen Bürgern ein, an Online-Glücksspielen ihrer Wahl in einer informierten, geregelten, sicheren und geschützten Umgebung teilzunehmen. Während das Online-Glücksspiel nach wie vor einen kleineren Anteil am gesamten Glücksspielmarkt ausmacht (15 %), hat sich das Online-Glücksspiel dank Innovation, Technologie und der Nachfrage der digitalen Verbraucher zu einem Branchenchampion der europäischen digitalen Wirtschaft mit materiellen Nebeneffekten für andere digitale Volkswirtschaften und starken Synergien mit dem Sport entwickelt. Die EGBA-Mitglieder haben mehr als 600 Mio. EUR in die digitale Sicherheit investiert und mit mehr als 800 Mio. EUR zum Sport beigetragen, hauptsächlich durch Sponsoring und den Erwerb innovativer Sport-Streaming-Rechte. www.egba.eu (1) http://europa.eu/rapid/press-release_IP-12-1135_de.htm (2) http://ots.de/HR9q5 Pressekontakt: Für weitere Einzelheiten kontaktieren Sie bitte: Maarten Haijer, Secretary General, EGBA, maarten.haijer@egba.eu, +32 25 540 890 Original-Content von: EGBA – European Gaming and Betting Association, übermittelt durch news aktuell

Quelle: presseportal.de