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Politik & Wirtschaft

Erstes IHK-Symposium Kreativwirtschaft: Branchen-Netzwerk für mehr Sichtbarkeit

Foto: André Leisner ·  Die Kultur- und Kreativwirtschaft in Schleswig-Holstein will sichtbarer werden. „Wir sind keine Bettelbranche, die auf Subventionen angewiesen ist“, sagte Dietmar Baum, Vollversammlungsmitglied der IHK zu Lübeck, auf dem ersten IHK-Symposium für die Kreativwirtschaft vor rund 150 Gästen. „Ich wünsche mir für die kreative Wirtschaft, bei großen Entscheidungen bereits in der Planungsphase integriert zu werden – nicht nur bei Museumseröffnungen. Mitzugestalten, statt belächelt zu werden. Wir haben das Potenzial dazu und sollten es mutig nutzen“, betonte Baum, der die Gründung des Arbeitskreises und die Idee des Symposiums initiiert hatte.Im eigenen Engagement sieht Baum die Chance, der Branche zu größerer Wahrnehmung in Wirtschaft und Politik zu verhelfen: „Durch Aktivität können wir die Rahmenbedingungen für unsere Branche optimieren.“ Das IHK-Symposium, organisiert vom IHK-Arbeitskreis Kultur- und Kreativwirtschaft, in den Lübecker media docks ist der Beginn von Aktivitäten zu mehr Sichtbarkeit für die kreative Branche. Für die Unternehmen ist es eine Möglichkeit, mit anderen Wirtschaftsbereichen in einen Dialog zu treten und aus dem neuen Netzwerk heraus ihre gemeinsame Stimme für die Politik hörbar zu machen.

Und diese Stimme ist gewichtig: Baum überraschte das Publikum während einer Podiumsdiskussion mit eindeutigen Zahlen. In Schleswig-Holstein gehören etwa zehn Prozent der IHK-Mitgliedsunternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft an. Zu ihnen zählen beispielweise der Werbe-, Buch- und Architekturmarkt, die Software- und Games Industrie sowie die Musik-, Foto-, und Filmwirtschaft. Die Betriebe beschäftigen insgesamt rund 40.000 Erwerbstätige und erwirtschafteten 2019 einen Umsatz von knapp 2,4 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 trug die kreative Wirtschaft in Deutschland rund 103,7 Milliarden Euro zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung bei und lag damit auf Platz drei. Trotzdem gilt die Branche als Nische.

„Wir machen schlechte Werbung. Ich sehe in Hamburg nirgendwo Plakate für die Karl-May-Spiele oder die Nordischen Filmtage, aber die Hamburger Reeperbahn kennt hier jeder. Wie können wir selbstbewusst in die Zukunft sehen, wenn Schleswig-Holstein selbst im Nachbarbundesland keine Präsenz zeigt? Die Kulturwirtschaft muss ihre Stärken besser nach außen transportieren“, forderte Dr. Christian Kuhnt, Intendant des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF).

„In kleinen Schritten sollten wir einen Raum schaffen, in dem Unternehmen der Kreativwirtschaft sich austauschen können. Formate initiieren, die einen Effekt haben, um unsere wirtschaftlichen Erfolge sichtbar zu machen. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein riesiger, wirtschaftlicher Bereich, trotzdem wird er in der Politik ausgelacht. Es braucht Klarheit und Hartnäckigkeit aus Schleswig-Holstein, um die Sichtbarkeit unserer Projekte zu erhöhen, die sonst hinten runterfallen“, sagte Marcus Hagemann, Director bei Ars Baltica.

Ein gemeinsames Cluster, um Schleswig-Holstein als Standort für die kreative Branche deutlicher zu profilieren, stützt die Vision von Lucca Grzywatz. Die Filmemacherin entschied sich dafür, in Lübeck die Exvoli Studios zu gründen. Grzywatz sieht in Schleswig-Holstein Potenzial für die Filmwirtschaft und möchte die Infrastruktur für ihre Branche mitgestalten, den Standort formen und voranbringen. „Ich möchte, dass auch andere davon profitieren, und bin überzeugt, dass es sich für die Kreativwirtschaft auszahlen wird“, sagte sie in einem Talk auf die Frage nach ihrer ungewöhnlichen Standortwahl.

„Die Branche braucht die Sichtbarkeit für Gründer“, stimmte Boris Zander, Creative und Managing Director bei SEAL.Games in einer Diskussion mit dem Kommunikationsdesigner und Inhaber von TheCore Malte von Tiesenhausen und Volker Hansch, Geschäftsführer der GEE-Media & Marketing GmbH, zu. „Der Erste zu sein, bedeutet auch Widrigkeiten wie: kein Netzwerk, keine Ausbildung, keine Fachkräfte. Schleswig-Holstein führt ein Nischendasein. Das muss es aber nicht.“

Johannes Ripken, Leiter Kreativwirtschaft der WTSH, betonte in einem Talk mit Fotografin Sabine von Basewitz und ihrem Ehemann, dem Illustrator David von Basewitz, zur Sichtbarkeit von Kunstschaffenden in Zeiten von Künstlicher Intelligenz: „Es ist herausfordernd für Künstler in einer Content-Flut zu existieren. Ganze sieben Prozent des Contents auf Spotify ist rein KI-basiert.“

In Massen aus Content sichtbar zu bleiben, sei schwierig. Ein Publikum für sich zu begeistern, erfordere Ausdauer, betonte Malvin Neugebauer, Marketing-Chef bei den Lübecker Nachrichten, in einem Talk mit Singer-Songwriter Florian Künstler, dem die Aufgabe erfolgreich gelungen ist: „Entscheide dich am Anfang für einen Kanal, auf dem deine Zielgruppe unterwegs ist, und verfolge diesen vernünftig“, riet Neugebauer. „Reichweite aufbauen ist notwendig, aber es dauert. Fokussiert zu bleiben, zahlt sich aus.“

Sichtbarkeit – die eigene wie die gemeinsame – ist für die Unternehmen in der Kultur- und Kreativwirtschaft Schleswig-Holsteins eine zentrale Herausforderung. Das thematisierten die Diskussionen des Symposiums. Der Wunsch, ein regelmäßiges Netzwerk für die kreative Wirtschaft zu gründen, trat deutlich hervor. Der erste Schritt ist getan, der Termin für das zweite Symposium für die kreative Wirtschaft steht: Donnerstag, 6. Februar 2025, in den Lübecker media docks.

Zu sehen sind von links: Dr. Johannes Ripken, Florian Künstler, Julia Beckmann, Lucca Grzywatz, Malvin Neugebauer, Dietmar Baum, David von Basewitz, Sabine von Basewitz, Marcus Hagemann, Volker Hansch, Manfred Braatz, Boris Zander und Malte von Tiesenhausen.