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„Es sind die kleinen Dinge, die die Liebe aufrechterhalten“

Bahnhof13415059 – „Es sind die kleinen Dinge, die die Liebe aufrechterhalten“ – Hamburg/Berlin (ots) – Experteninterview mit Florian Klampfer, Therapeut für Paar- und Einzelberatung, Coaching und Supervision.  Können 36 persönliche Fragen und vier Minuten Blickkontakt die Gefühle zwischen zwei Menschen verändern? Im Rahmen eines sozialen Experiments hat die Deutsche Bahn (DB) den Test gemacht und vier langjährige Paare zu einer besonderen Bahnfahrt eingeladen. In intimer Atmosphäre haben sich die Teilnehmer auf das Wagnis eingelassen, begleitet wurden sie dabei von Paar- und Einzeltherapeut – Florian Klampfer. Im Gespräch mit der Deutschen Bahn erzählt der Beziehungsexperte, wie er die Paare während des Experiments erlebt hat und verrät sein Geheimrezept für eine lange, glückliche Beziehung.

Herr Klampfer, Sie haben das Paarexperiment der Deutschen Bahn begleitet – was haben die Fragen und der Blickkontakt bei den Teilnehmern bewirkt? Haben Sie Veränderungen bei den Paaren wahrgenommen?

Als Beobachter war es bewegend zu sehen, wie sich Paare, die seit langem zusammen sind, plötzlich neu und auf eine andere Art wahrnahmen. Die Teilnehmer selbst waren sowohl von den Antworten ihrer Partner auf die Fragen als auch von der Nähe, die durch das Experiment entstand, überrascht.

Wie erklären Sie sich das?

Das liegt natürlich zum einen daran, weil sich Paare die oft sehr tiefgehenden Fragen im Alltag nicht stellen und zum anderen, weil sie ihr Gegenüber immer wieder neu wahrnehmen müssen. Das ist übrigens die größte Herausforderung für Paare: den anderen so zu sehen, wie er ist und nicht so wie er einmal war oder wie sie ihn haben möchten.

36 Fragen und vier Minuten Blickkontakt: Kann man sich tatsächlich mit solch einfachen Mitteln neu ineinander verlieben?

Die Liebe ist ein empfindsames Wesen, das gepflegt und genährt

werden will. Nahrung erfährt Liebe durch Aufmerksamkeit, Neugierde

und bewusstes Aufeinandereinlassen. Im Alltag ist das jedoch oftmals

eine große Herausforderung, da es immer etwas gibt, was scheinbar

erst einmal erledigt werden muss. Dementsprechend erfordert es

Klarheit und Energie, sich immer wieder dieser Liebespflege zu

widmen. Und ja, wenn wir dies tun, kann sie wachsen und wir können

beim anderen immer auch Neues entdecken, in das wir uns verlieben

können.

 

Sie haben täglich mit Paaren zu tun, die bei Ihnen Unterstützung

zur Lösung von kleinen und großen Alltags- und Beziehungsproblemen

suchen. Gibt es denn aus Ihrer Sicht ein besonderes Geheimrezept für

glückliche, langjährige Liebesbeziehungen?

 

Ja, das gibt es. Aber anders als viele denken, ist es nichts

Geheimnisvolles. Im Gegenteil: Es sind die kleinen Dinge im Alltag,

mit denen wir unsere Beziehung aufrechterhalten.

 

Zum einen ist es wichtig, auch nach vielen gemeinsamen Jahren eine

Achtsamkeit für den Partner beizubehalten. Selbst wenn ich denke,

alles über ihn zu wissen, sollte ich meinen vertrauten Partner öfter

mal so betrachten, als ob ich ihn gerade erst in einer Kneipe

kennengelernt hätte. Zum anderen dürfen wir nichts in der Beziehung

als selbstverständlich hinnehmen, sondern müssen dem, was wir

bekommen, immer wieder Wertschätzung entgegenbringen. Paare neigen

dazu, den jeweils anderen für das eigene Wohlbefinden verantwortlich

zu machen. Das sorgt nicht selten für Unmut in Beziehungen. Für ein

entspanntes Verhältnis ist es wichtig zu akzeptieren, dass wir den

Partner nicht ändern können. Wir können uns nur selbst verändern und

somit auch eine Entwicklung der Beziehung bewirken.

 

Nehmen wir uns tendenziell zu wenig Zeit füreinander, je länger

wir unseren Partner kennen?

 

Ja, leider! Wir nehmen uns für alles Zeit, was Alltag, Planung,

Arbeit etc. angeht. Erst wenn alles andere abgearbeitet ist, widmen

wir uns einander. Leider kommt es aber selten bis gar nicht zu diesem

Punkt, da immer noch etwas erledigt werden muss. Je länger wir uns

kennen, desto weniger glauben wir, etwas Neues beim anderen zu

entdecken und desto weniger Lust haben wir, gemeinsam Zeit

miteinander zu verbringen. Ein Teufelskreis. Mein Tipp, machen Sie es

genau umgekehrt! Interesse am anderen schafft Lust und Neugierde und

sorgt dafür, dass es gemeinsame Zeit gibt.

 

Manchmal lassen die Umstände es nicht zu, viel Zeit miteinander

zu verbringen. Viele Paare leben z. B. in einer Fernbeziehung. Worauf

sollten diese Paare speziell achten?

 

Die Umstände tragen nie Verantwortung dafür, dass wir uns zu wenig

Zeit nehmen, sondern einzig und allein wir selbst. Auch wenn wir in

unserem Alltag eingespannt sind, haben wir es in der Hand zu

differenzieren, was gerade wirklich wichtig ist. Liebe leidet dann,

wenn es uns nicht gelingt Prioritäten zu setzen. Jeder sollte sich

also fragen, was wirklich wichtig ist und was eben gerade hinten

anstehen kann.

 

Ob nah oder fern, zusammenlebend oder in zwei unterschiedlichen

Städten. Welche generellen Tipps können Sie Paaren geben, um die

Routinefalle zu umgehen?