Das interaktive Online-Magazin seit 1999

Aktuelle Nachrichten, lokale Themen aus Kultur, Wissenschaft, Sport, Politik, Wirtschaft, Rezensionen und Veranstaltungen

Lübeck Lupe

Geboren in Lübeck- gestorben in Lübeck

Text und Foto: Lutz Gallinat

Unter dem Motto „Geboren in Lübeck- gestorben in Lübeck“ erinnerte Michael P.Schulz am letzten Dienstag im Großen Saal der Lübecker Gemeinnützigen an „Lübecks vergessenen Dichter Emanuel Geibel“, dessen Gedichtbände jahrelang selbst in „seiner“ Stadt Lübeck nicht im Buchhandel erhältlich waren.
Emanuel Geibel, seit 1852 von, wurde am 17.10.1815 in Lübeck geboren und starb dort am 6.4.1884. Er stammte aus einem reformierten Lübecker Pfarrhaus und studierte nach seiner Gymnasialzeit von 1835 an Theologie, dann Klassische Philologie in Bonn und ab 1836 in Berlin. Nach dem Tod Maximilians II. evozierte Geibel den Bruch mit dessen Nachfolger Ludwig II., indem er den Preußenkönig Wilhelm als künftigen deutschen Kaiser apostrophierte, und kehrte 1868 nach Lübeck zurück. Der preußische Ehrensold wurde auf 1000 Taler erhöht.
Geibel war zum Zeitpunkt seines Todes der bekannteste, berühmteste und gefeiertste und erfolgreichste Lyriker des 19.Jahrhunderts. Man kannte und sang seine Lieder im ganzen deutschen Sprachraum. Mit rund 3700 nachgewiesenen Liedvertonungen von etwas dreihundert seiner Gedichte überrundete er im Jahre 1912 sogar Goethe. Seine Texte ragen durch die völlige Beherrschung der überlieferten Formen der klassischen und romantischen Dichtung hervor, bedienen sich eklektizistisch mit sicherem Geschmack aus dem Repertoire traditioneller Bilder und Gedanken, intendieren das Allgemeine, das abstrakte Schöne. Für die antikisierende Tragödie „Sophonisbe“ erhielt der Autor 1869 den Schiller-Preis. In den vierziger Jahren kritisierte er die Vormärzdichtung, preußisch-patriotisch besang er die Reichsgründung.


Geibels „Der Mai ist gekommen“ ist berühmt geblieben. Vergessen sind, wie die Mehrzahl seiner Gedichte, die klassizistisch schwerfälligen Dramen, noch heute anerkannt aber seine sensibel nachempfundenen Übersetzungen:
„Klassische Studien“ (1840, zusammen mit Ernst Curtius), „Spanisches Liederbuch“ (1852, zusammen mit Paul Heyse), „Romanzero der Spanier und Portugiesen“ (1860, zusammen mit Adolf Friedrich von Schack), „Fünf Bücher französischer Lyrik“ (1862, zusammen mit Heinrich Leuthold).
Michael P.Schulz würdigte bei dieser Soiree im Rahmen der Dienstagsvorträge Geibels Verdienste um die Kunst als soziologische Lebensform und dessen Großherzigkeit und Freigebigkeit.
Das Lübecker Geibel-Projekt „Wären meine Lieder Perlen“, initiiert vom Verein „Operette in Lbeck e.V.“, führte die verschiedensten kulturellen Institutionen der Hansestadt zusammen, um einer von vielen Literaturwissenschaftlern längst geforderten Auseinandersetzung mit dem Werk Geibels eine Plattform zu geben. Begleitend erschienen ein aufwendig gestaltetes Buch und eine Kollektion mi acht CDs.
Der Referent wurde schließlich für seinen auch wegen der vielen Text- und einiger Musikbeispiele und Anekdoten anschaulichen und lebendigen Vortrag in Zusammenarbeit nit dem Verein Operette Lübeck e.V. von den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern mit viel Beifall bedacht.