Gerichtsvollzieher – Der Privatisierungswahn von CDU und FDP geht weiter
Die Piratenpartei ist besorgt über den Vorstoß der Regierungskoalition zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens. Das zugrundeliegende Finanzproblem wird durch diese Maßnahme nur verlagert und es besteht die Gefahr, dass sensible persönliche Daten missbräuchlich verwendet werden.
Die Saarbrücker Zeitung berichtete am Dienstag über eine entsprechende Gesetzesinitiative der Regierungsfraktionen von CDU und FDP [1]. Dabei greift man auf Überlegungen zurück, die bereits seit mehreren Jahren kursieren, aber bislang immer an der darauf folgenden Expertenkritik gescheitert sind.
Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass es in diesem Bereich erheblichen Verbesserungsbedarf gibt. Zurzeit sind die Gerichtsvollzieher als Landesbeamte tätig und rechnen ihre Gebühren nach gesetzlich festgelegten Sätzen ab. Diese sind allerdings nicht kostendeckend. Aufgrund des daraus resultierenden anhaltenden Sparzwangs und personeller Unterdeckung sind die Gerichtsvollzieher jedoch absolut überlastet. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Dauer der Vollstreckungsverfahren aus, die die Gläubiger teilweise auf eine harte Geduldsprobe stellt.
»Der gesamte Bereich wurde systematisch kaputt gespart. Die völlig überzogenen Kostensenkungsmaßnahmen in einem Kerngebiet hoheitlicher Aufgaben des Staates haben zu inakzeptablen Verhältnissen geführt. Eine Privatisierung würde das Finanzproblem nicht beheben, sondern nur verlagern und darüber hinaus neue Probleme schaffen«, kritisiert Nico Kern, Rechtsanwalt und Spitzenkandidat der Piratenpartei für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.
Eine Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens würde zu einem geschätzten zusätzlichen Finanzbedarf von 300 bis 400 Mio. Euro führen, der über drastisch höhere Gebühren auf die Gläubiger abgewälzt werden müsste. Außerdem hält es die Piratenpartei für höchst bedenklich, wenn extrem sensible Daten, die bei einem Vollzug anfallen können, in die Hände privater und auf Gewinnmaximierung orientierter Unternehmen gelangen. Die schlechten Erfahrungen mit privaten Gebühreneintreibern der GEZ oder manchen Inkassounternehmen lassen befürchten, dass private Gerichtsvollzieher in erster Linie ihren Umsatz und damit ihre Kunden und nicht so sehr die Rechtslage im Blick behalten.
Ohnehin scheint es bei vielen Politikern mittlerweile Mode zu sein, aus Sparzwängen heraus staatliche Aufgaben mehr und mehr in private Hände zu verlagern. Während in marode Banken Milliarden gepumpt werden, weil diese vermeintlich systemrelevant sind, wird an originären Aufgaben des Staates ungeniert der Rotstift angesetzt. Der erneute Vorstoß aus den Reihen von CDU und FDP passt dabei ins Bild. Erinnert sei in diesem Zusammenhang zum Beispiel an die Pläne der NRW-CDU zum Einsatz sogenannter Hilfspolizisten [2]. Die Piratenpartei fragt sich vor dem Hintergrund der schleichenden Privatisierung, wann die ersten Gefängnisse von Unternehmen betrieben werden oder wann der erste Richter als Freiberufler Urteile fällt. »Die weitere McDonaldisierung des Justizapparates gilt es zu stoppen. Mit uns wird es für solche Vorhaben, die ja auch eine Grundgesetzänderung erforderlich machen, keine Stimme im Bundesrat geben«, stellt Nico Kern klar.