Politik & Wirtschaft

Gründung, Beratung, Nachfolge: IHK zu Lübeck will Feuer für Unternehmertum entfachen

Gründung, Beratung, Nachfolge: IHK zu Lübeck will Feuer für Unternehmertum entfachen – Mit vorsichtigem Optimismus startet die Wirtschaft im HanseBelt ins neue Jahr. Die Industrie meldet noch volle Auftragsbücher, der Handel verzeichnete ein gutes Weihnachtsgeschäft und die Entwicklung am Arbeitsmarkt verläuft positiv.

Das belegt eine erste Auswertung der Konjunkturumfrage der IHK zu Lübeck. Demnach liegt der erste Trend des IHK-Konjunkturklimaindex bei 112 Punkten, nach 110 Punkten im Vorquartal und 120 Punkten zum Jahreswechsel 2015/16. „Angesichts der vielen Unsicherheiten nach dem Brexit, im Euroraum, im Nahen Osten und auch nach der  US-Präsidentschaftswahl erweist sich unsere Wirtschaft im Norden erneut als robust. Unsere Unternehmen haben Geschäftsmodelle entwickelt, die eine stabile Auftragslage auch in schwierigen Zeiten sichern“, sagte Friederike C. Kühn, Präses der IHK zu Lübeck, in der Jahrespressekonferenz in Lübeck. Die Entwicklung an der Börse zum Jahresende bestätige, wie zuversichtlich Unternehmer und Investoren derzeit sind.

Für die Unternehmen im Bezirk der IHK zu Lübeck war 2016 ein gutes Jahr. Kühn: „Die Ausgabebereitschaft der Verbraucher bewegte sich auf einem hohem Niveau und zog dank eines sehr guten Weihnachtsgeschäftes gegen Ende des Jahres sogar noch einmal an.“ Vor allem in den Bereichen Dienstleistungen, Handel und Tourismus sorgte die robuste Konjunktur für Beschäftigungsgewinne. Auch in der Industrie blieb die Zahl der Arbeitsplätze im Vergleich zum Vorjahr weitgehend stabil. „Grundsätzlich war die Entwicklung im Arbeitsmarkt erfreulich. Im HanseBelt entstanden rund 6.000 neue oder zwei Prozent mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze“, bilanzierte die Präses. Im Kreis Stormarn lag die Erwerbslosenquote im November mit 3,4 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit Jahren, und auch der Kreis Segeberg war mit einer Quote von 4,6 Prozent nicht mehr weit von der Vollbeschäftigung entfernt.

Allerdings leidet die schleswig-holsteinische Exportwirtschaft nach wie vor unter den gegen Russland verhängten Sanktionen. Die Exporte dorthin sind seit Jahresbeginn 2014 um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Besonders die Ausfuhr von Lebensmitteln ist betroffen, aber auch einzelnen Industriezweigen machen die Unsicherheiten infolge der wechselseitigen Sanktionsregimes zu schaffen. „Die Wirtschaft akzeptiert die Entscheidung der Politik, die Sanktionen beizubehalten. Obwohl Russland nicht zu den zehn größten Handelspartnern Schleswig-Holsteins gehört, belegt die negative Entwicklung, wie wichtig der freie Handel ist“, so Kühn. „Der Freihandel ist eine bedeutende Errungenschaft, die Wachstum und Wohlstand in Europa und besonders in Deutschland gefördert hat. Das gilt für den Binnenmarkt selbst, aber genauso auch für die Handelsabkommen mit Drittstaaten wie Südkorea. Beide Seiten profitieren enorm von der engen Zusammenarbeit.“ Die IHK spricht sich für die Fortführung der TTIP-Verhandlungen mit den USA aus, sobald die neue Regierung dort im Amt ist.

In ihrem Bezirk setzt die IHK zu Lübeck ihren Weg der konsequenten Kundenorientierung fort, um ihren rund 65.000 Mitgliedsunternehmen optimale Beratung und praxisnahen Service zu bieten. Dafür hat sich die neue Vollversammlung ausgesprochen, die Anfang 2016 ihre Arbeit aufgenommen hat. Das Ehrenamt knüpft an die Arbeit der vorherigen Wahlperiode an. Einen Schwerpunkt setzt die Vollversammlung mit ihrer Initiative: „Mein Unternehmen Zukunft“, die in der sechsjährigen Legislaturperiode im Mittelpunkt der IHK-Arbeit stehen wird. Ziel ist es, das Image des Unternehmers zu stärken und die Attraktivität der Selbstständigkeit zu erhöhen, damit wieder mehr Menschen ein Unternehmen gründen oder übernehmen. „Die Idee für das Konzept stammt aus dem Ehrenamt. Für unsere öffentlichkeitswirksame Initiative werden wir unsere Informations- und Beratungsangebote bündeln und weitere entwickeln“, betonte Kühn.

Große Erfolge hatte die IHK vor allem bei der Interessenvertretung für die regionale Wirtschaft. „Jahrelang haben wir gemeinsam mit Partnern und betroffenen Unternehmen für den Ausbau der Bundesstraße 404 zur A21 von Bargteheide bis Nordniedersachsen sowie für den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals geworben. Obwohl viele Menschen in Bund und Land nicht erwartet hätten, dass diese Projekte Eingang in den ‚Vordringlichen Bedarf‘ des neuen Bundesverkehrswegeplans finden, haben unsere Beharrlichkeit und unsere Argumente maßgeblich dazu beigetragen, die zukünftige Anbindung des HanseBelts deutlich zu verbessern“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sei das Bekenntnis des Bundes zur Aufwertung der Infrastruktur im Norden. Schöning: „Das ist ein großer Gewinn für die Metropolregion Hamburg.“

Dazu gehört auch die feste Fehmarnbelt-Querung. Im September hat die Vollversammlung eine „Fehmarnbelt-Strategie“ als Richtschnur beschlossen. „Mit verschiedenen Projekten wollen wir schon heute die Wirtschaft auf beiden Seiten des Fehmarnbelts zusammenbringen und die Chancen, die sich durch die neue Magistrale ergeben, aktiv nutzen“, sagte der Hauptgeschäftsführer. Um den Unternehmen beispielsweise die lohnenden Geschäftschancen im größeren deutsch-dänischen Markt zu verdeutlichen, organisiert die IHK für Freitag, 17. März 2017, einen „Dänemark-Tag“ mit vielen Experten aus dem Nachbarland.

Mit ihrem Beitrag zur Verhinderung der Tourismusabgabe in der Hansestadt Lübeck habe die IHK ebenfalls die Interessen der Wirtschaft erfolgreich vertreten, stellte der Hauptgeschäftsführer heraus. „Auf Bundesebene haben wir im Verbund der IHK-Organisation Verbesserungen für den Mittelstand bei der Reform der Erbschaftsteuer erreicht.“

Aus eigenen und externen Umfragen sowie besonders aus Gesprächen mit Unternehmern vor Ort ist der IHK bekannt, wie sehr der Fachkräftemangel die Wirtschaft belastet. „Schon jetzt sinkt die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen mit dem demografisch bedingten Rückgang der Bewerberzahl“, sagte Schöning. In diesem Jahr konnten die Unternehmen ihren Bedarf an Nachwuchskräften noch einmal weitgehend stillen, da der doppelte Abiturjahrgang mehr Schulabgänger hervorbrachte. Die IHK registrierte bis Ende des Jahres rund 3.960 neue Ausbildungsverträge und damit etwa        2,2 Prozent mehr als 2015. „Da wir beginnend mit 2017 einen Einbruch der Bewerbungen erwarten, haben wir 2016 unsere Anstrengungen im Bereich der Ausbildung deutlich verstärkt, damit unsere Unternehmen ausreichend Nachwuchskräfte finden“, so Schöning. Dazu gehören das Projekt „Passgenaue Besetzung“, das deutsch-dänische Fehmarnbelt-Ausbildungsbüro sowie die Einstellung eines Willkommenslotsen und Flüchtlingskoordinators. „Wir unterstützen unsere Mitglieder dabei, Auszubildende zu finden und Mitarbeiter weiterzubilden.“ Bessere Chancen für die Wirtschaft im HanseBelt biete auch die internationale Ausrichtung der Schulen. Die IHK hat im zu Ende gehenden Jahr gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft, der Politik und der Stadt an drei Grundschulen in Lübeck ein bilinguales Bildungsangebot auf den Weg gebracht.

Zudem registrierte die IHK in der zweiten Jahreshälfte ein entgegen dem bundesweiten Trend gesteigertes Gründungsinteresse. „Seitdem wir unsere Infotage stärker bewerben, hat die Zahl der Teilnehmer an unseren Veranstaltungen zugenommen: mehr als 400 Existenzgründerinnen und Existenzgründer haben sich in unseren kostenlosen Exi-Info-Tagen beraten lassen, das sind 66 Prozent mehr als im Vorjahr. Der größte Teil der Interessenten stammt aus Lübeck. Bei ihren Vorhaben handelt es sich um inhaltlich und qualitativ anspruchsvolle Gründungen“, so Schöning. Die IHK fördert Gründungen aktiv, schafft Informations-, Beratungs- und Netzwerkangebote. Auch die Nachfragen nach diesen persönlichen Beratungsangeboten stiegen 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent.

Zum immer wichtiger werdenden Thema Unternehmensnachfolge hat die IHK neue Formate entwickelt, unter anderem einen Nachfolge-Workshop an der Fachhochschule Lübeck. Gleichzeitig realisierte die IHK auch durch die aktive Beratung von Abgebern und Übernehmern die ersten erfolgreichen Unternehmensübergaben. Besonders für Frauen hat die IHK mit dem CHEFINNEN-Workshop ein passgenaues Angebot geschaffen. Auch beim Veranstaltungsangebot, dem Service und den Dienstleistungen stand die Nähe zu den Kunden im Mittelpunkt. Schöning: „In diesem Jahr wird die Zahl der Veranstaltungen außerhalb des Hauptstandortes Lübeck bei mehr als 50 Prozent liegen.“

Neue Impulse gibt die IHK der Region mit neuen wirtschaftspolitischen Formaten wie „FOKUS Wirtschaft: Straubhaar & Probst mit Gästen“, für das die IHK den international renommierten Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Thomas Straubhaar gewonnen hat. Gemeinsam mit IHK-Vicepräses Dr. Arno Probst diskutiert Straubhaar mit seinen Gästen über wirtschaftspolitische Themen, die für den HanseBelt von zentraler Bedeutung sind. Die IHK wird die Reihe im Sechs-Monats-Rhythmus anbieten. Mit dem Lübecker Salon haben die IHK sowie die Fachhochschule und die Universität zu Lübeck ein exklusives Angebot für den persönlichen Austausch von Unternehmern und Vertretern von Hochschulen und Forschung geschaffen. Die ersten beiden Veranstaltungen erreichten eine hohe Resonanz sowie ein positives Feedback unter allen Beteiligten und Gästen. „Wir setzen einen anspruchsvollen inhaltlichen Rahmen für den Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Bereits nach zwei Veranstaltungen erreichten uns Anfragen von Unternehmern, die beim nächsten Mal gern dabei sein wollen“, sagte Schöning.

An der Nahtstelle von vier Bundesländern sowie dem Ostseeraum hat Kooperation im Interesse der regionalen Wirtschaft eine besondere Bedeutung. Die IHK zu Lübeck hat die Zusammenarbeit mit den benachbarten IHKs verstärkt. Unter anderem tagten die Präsidien der IHK zu Lübeck und der IHK zu Schwerin und befassten sich mit Fragen der regionalen Wirtschaft. Auch die Gremien der IHK Schleswig-Holstein, der Landesarbeitsgemeinschaft der IHK Flensburg, der IHK zu Kiel und der IHK zu Lübeck, trafen sich regelmäßig. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hat die IHK zu Lübeck zudem eng mit der Handelskammer Hamburg, der HanseBelt Initiative, dem Fehmarnbelt Business Council (FBBC) sowie den Wirtschaftsjunioren Lübeck, Ostholstein und Segeberg kooperiert.

Für das Jahr 2017 zeichnen sich für die IHK inhaltliche Schwerpunkte in den Bereichen Infrastruktur, Aus- und Weiterbildung, der Gewinnung von Fachkräften und der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt, Beratung von Unternehmen besonders bei der Nachfolgeregelung, Energiefragen und Außenwirtschaft, Tourismus sowie Neuordnung der Ziele und Strukturen der Metropolregion Hamburg ab. „Auch dem Topthema Digitalisierung werden wir uns verstärkt widmen. Wir setzen uns für unsere Unternehmen ein und werden gleichzeitig die Prozesse und Angebote der IHK zu Lübeck auf Basis der Digitalisierungsstrategie der IHK-Organisation weiterentwickeln“, kündigte der Hauptgeschäftsführer an. Beispiele sind die Unternehmenssprechtage Digitalisierung, Veranstaltungen zum Thema Mittelstand 4.0. sowie der Start des       IHK-Netzwerkes „Produzieren für Morgen“, das den Unternehmen bei der Digitalisierung konkrete Unterstützung und Austausch miteinander bietet.

Dazu gehört die mittlerweile fünfte IT-FOR-BUSINESS Kongressmesse in den Lübecker media docks am Mittwoch, 8. Februar 2017. Unter dem Motto „HanseDIGITAL“ präsentieren mehr als 40 IT-Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen auf Norddeutschlands einzigartiger Kongressmesse, auf der es neueste Trends an den Ständen der Aussteller sowie ein umfangreiches Vortrags- und Workshop-Programm geben wird.

Auch das Thema „Frauen in Führung“ bleibt ein Schwerpunkt der IHK-Arbeit. Zusätzlich zu den mittlerweile etablierten Angeboten für Frauen in Führung wie dem Unternehmerinnentag oder den Finanzierungssprechtagen für Frauen steht im Juni 2017 ein hochkarätiger Kongress mit dem Titel „Mein Unternehmen Zukunft“ auf dem Programm. „Das Thema gehört zentral zum Fachkräftekomplex. Wir müssen das große Potenzial der hoch qualifizierten Frauen stärker als bisher nutzen“, sagte Präses Kühn.

Den Start in das neue Jahr bildet der traditionelle IHK-Neujahrsempfang am Mittwoch, 18. Januar 2017. In der Musik- und Kongresshalle Lübeck erwartet die IHK bis zu    1.400 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Verbänden und öffentlichem Leben. Schwerpunkt wird das Thema „Mein Unternehmen Zukunft“ sein. Kühn: „Wir wollen das Feuer für Unternehmertum im HanseBelt wieder entfachen und das Bild des Unternehmers in der Öffentlichkeit stärken.“