Hörgeräteakustiker der FH Lübeck erhielten Auszeichnung für zukunftsorientierte Abschlussarbeiten
Im Oktober 2010 konnten zwei Absolventen des Studiengangs Hörakustik der Fachhochschule Lübeck, Torsten Saile und Tillmann Alexander Harries, zwei Förderpreise für ihre Abschlussarbeiten entgegennehmen. Die Preise wurden von der Europäischen Union der Hörgeräteakustiker e.V., EUHA, anlässlich des 50-jährigen Bestehens der EUHA ausgelobt und erstmals im Jahr 2010 vergeben. Die EUHA prämiert damit hervorragende, branchenrelevante Abschlussarbeiten mit zukunftsorientierten Inhalten, die vor allem einen praktischen Nutzen für die Hörgeräteakustik und damit auch für den Schwerhörigen haben. Die EUHA will mit dem Preis den Akustikernachwuchs fördern.Zu den ersten Preisträgern gehören die beiden ehemaligen Studenten der Fachhochschule Lübeck aus dem Studiengang Hörakustik, den die FH Lübeck gemeinsam mit der Akademie für Hörgeräte-Akustik (aha) in Lübeck durchführt. Ein dritter Preis ging ebenfalls nach Lübeck. Die Arbeit von Anja Honisch (1.000 Euro) befasste sich mit dem Marketing von Hörgeräten bei jungen Erwachsenen.
Die Signalverarbeitung in modernen Hörsystemen wird immer komplexer. Lauter Schall wird anders verarbeitet als leiser, Sprache anders als Hintergrundgeräusche, und Schall von vorn anders als Schall aus anderen Richtungen. Daraus ergeben sich auch neue Möglichkeiten, die Einstellung der Geräte noch genauer an den individuellen Hörverlust anzupassen.
Die Preisträger haben sich in Ihren Abschlussarbeiten mit neuen Verfahren zur Anpassung von Hörsystemen beschäftigt, der sogenannten Perzentilanpassung. Dabei wird das dynamische Verhalten von Hörgeräten genauer erfasst als mit bisherigen Verfahren.
In seiner Arbeit mit dem Thema „Zielhörfeld in der Hörsystemanpassung mittels Perzentile“
hat Herr Herr Saile den Anpasserfolg in einem Feldversuch mit Hörgeräteträgern untersucht.
So wie Brillengläser durch ihren Schliff an die individuelle Fehlsichtigkeit des Kunden angepasst werden, müssen auch Hörgeräte auf den jeweiligen Hörverlust des Schwerhörenden angepasst werden. Unterschiedliche Töne (hohe oder tiefe) müssen unterschiedlich verstärkt werden, damit Sprache wieder besser verstanden werden kann, ohne dass der Klang der Hörgeräte unangenehm oder zu laut werden darf.Wie dieses Ziel optimal erreicht werden kann (gutes Sprachverstehen und gleichzeitig angenehmer Klang) ist noch immer das Thema intensiver Forschung. Torsten Saile trägt mit seinem Ansatz dazu bei. Mit Hilfe moderner Messtechnik wird der Schall direkt vor dem Trommelfell aufgenommen, die Hörgeräteeinstellung anhand neuartiger Kriterien verändert, und die geänderte Einstellung wieder am Trommelfell erfasst. Erste Ergebnisse zu dem neuen Verfahren sind sehr vielversprechend. In einer Studie bevorzugte eine deutliche Mehrheit von Hörgerätekunden diese neue Art der Einstellung gegenüber dem bisher etablierten Verfahren.
Herr Harries hat sich mit den messtechnischen Grundlagen dieses Verfahrens beschäftigt.
Moderne Hörgeräte sind Computer im Miniaturformat, die auf kleinstem Raum die Rechenleistung eines Pentium-Prozessors erreichen. Als Stromversorgung muss dabei eine winzige Batterie ausreichen, die bis zu zwei Wochen lang halten muss.
Diese Hör-Computer sind in der Lage, Störgeräusche zu erkennen und zu unterdrücken, automatisch Musik oder Sprache zu erkennen und die Verstärkung entsprechend zu regeln, Rückkopplungspfeifen in Sekundenbruchteilen zu stoppen, und viele Dinge mehr. Um all diese Möglichkeiten zu erfassen und zu überprüfen, muss gleichzeitig die Messtechnik für Hörgeräte weiterentwickelt werden. Tillmann Harries hat sich mit der sogenannten Perzentilanalyse beschäftigt, mit der es möglich ist, besonders realitätsnahe Testsignale auszuwerten und das Zusammenspiel der komplexen Verarbeitungen im Hörgerät als Ganzes zu erfassen, was mit bisherigen messtechnischen Verfahren nicht der Fall war.
Seit dem Abschluss des Studiums (Sommer 2010) sind beide Preisträger der FH Lübeck als Dozenten an der Akademie für Hörgeräte-Akustik tätig.