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Lübeck Lupe

Hubbrücken-Ensemble Lübeck: Sanierung/Erhalt statt Abriß/Neubau

Zu Kosten eines Neubaus und dem merkwürdigen Deal zwischen Bundesschifffahrtsverwaltung, vertreten durch das Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck, und der Stadt, vertreten durch den Fachbereich Planen und Bauen, ein paar Informationen:

Der Neubau bedarf einer ganz anderen Auslegung der Brückenanlage mit heutigen Standards, u.a. Berücksichtigung einer 100 t, bis zum Neubau wegen anderer Schiffsgröße möglicherweise auch eine 120 t bis 150 t Anfahrtslast durch Schiffe, die der Neubau über ganz neue Fundamente vollständig absorbieren müsste, den völligen Austausch der bis heute einwandfrei funktionierenden Hebetechnik, die für den Neubau wegen anderer Lasten nicht ausreichen wird, den Teilabbruch und Neubau von Fundamenten und Auflagern u.s.w. Die jetzigen Brücken haben Bestandsschutz und müssen solche neuen Vorschriften nicht erfüllen. Ferner sind die Leitungen für die Brücke wie für die Stadtwerke Lübeck (u.a. eine 110 KV Stromleitung) beim Neubau zu dükern, da mit der festen Fußgängerquerung die Leitungsträgerbrücke verliert. Das Dükern erfordert einen senkrechten Schachtaushub in schwierigem Terrain mit Gefährdung der Kaimauern am Klughafen und das Durchschießen von Leitungen weit unterhalb des Grundes des Kanals. Dies ist ein Vorgang, der in Zukunft immer zu wiederholen ist, wenn eine Änderungen bei den Leitzungen eintritt. Allein bei den Leitungen der Stadtwerke war dies regelmäßig der Fall. Diese Kosten trägt bei einem Neubau der Brücken und dem Wegfall der Fußgängerbrücke die Stadt via Stadtwerke und damit die Lübecker Steuerzahler und Stromkunden.

Weder Stadt noch Wasser- und Schifffahrtsamt als Vertreter des Bundes haben eine vergleichende Analyse der Kosten von Instandhaltung und Neubau aufgestellt, die verlässlich ist und alle Kosten berücksichtigt, die auf den verschiedenen Seiten anfallen werden. Laut Eisenbaufachleuten sind die Brücken wo erforderlich zu sanieren und haben eine Lebensdauer, die ein Neubau aus geschweißten Konstruktionen erreicht bis übertrifft. Genietete Konstruktionen erlauben zudem, Einzelteile, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind und daher irgendwann ermüden, auszunieten und durch Neuteile zu ersetzen. Eine geschweißte Konstruktion ist nach 60 Jahren komplett zu erneuern.

Die historische Technik funktioniert seit 1900 wie eine eins. An Elektrik gibt es einen 24 PS Motor, der immer noch der erste ist und bis heute allenfalls mal einen Austausch der Kohlebürsten benötigte. Alles andere ist mechanisch und nicht kaputt zu kriegen. Der Motor bewegt auch die Brücken nicht direkt, sondern fährt ganz gemütlich Gewichte aus den Hydraulikzylinder an Zahnstangen heraus (sind im hohen Brückenturm untergebracht), die dann bei Bedarf gelöst werden und spontan die langsam gespeicherte Energie unmittelbar für den Brückenhub freisetzen. Die Brücken sind durch Gegengewichte fast in Waage gehalten. Das System ist so genial wie einfach, dass es sogar von Hand betrieben werden könnte, denn allenfalls die Reibungswiderstände der Brücken in ihren Führungen sind zu überwinden, um einen Hebevorgang durchzuführen.

Was komplett verschwiegen wird: Die Bundesschifffahrtsverwaltung hat allein deswegen ein Interesse am Neubau und am Austausch der Antriebstechnik, um den Betrieb zukünftig zu automatisieren und ohne Mitarbeiter aufrecht erhalten zu können. Hier fallen dann in einem Dreischichtbetrieb zuzüglich Vertretungen für Urlaubs- und Krankheitszeiten 3,5 Stellen weg. Hier einigen sich also Parteien auf einen Neubau zu Lasten Dritter in mehrfacher Hinsicht: Zu Lasten der WSA-Belegschaft, zu Lasten der Stadtwerke, zu Lasten der Lübecker Steuerzahler, zu Lasten des kulturellen Erbes, welches für sich selbst nicht sprechen kann. 

Lesen Sie bei Interesse die jüngeren Veröffentlichungen und die noch folgende Berichterstattung aufgrund jüngster Erkenntnisse, die im Januar publiziert werden:

http://hafenschuppen.de/presse.html…

und

http://hafenschuppen.de/presse.html…

Autor: Jörg Sellerbeck

 

 

 

Autor: Jörg Sellerbeck