Kultur & Wissenschaft

„Klingende Steine“: MHL erprobt neue kulturerschließende Musikpädagogik zur Jahrhundertausstellung „Lübeck 1500“

„Klingende Steine“ heißt das interdisziplinäre Musikvermittlungsprojekt, das die Musikhochschule Lübeck (MHL) zur Jahrhundertausstellung „Lübeck 1500“ in Kooperation mit den Lübecker Museen konzipiert hat. Miteinander verzahnte Ausbildungs- und Veranstaltungsangebote machen die faszinierende Klangwelt der frühen Neuzeit ab 1500 erlebbar. Musiker, Pädagogen und Musikwissenschaftler begeben sich gemeinsam auf Spurensuche, um in der musikpädagogischen Ausbildung an der MHL, im Schulunterricht, in Konzerten, öffentlichen Vorlesungen und „Klingenden Museumsführungen“ für Lübecks einzigartiges kulturelles Erbe zu begeistern.

Rund 100 Veranstaltungen in der MHL, in Lübecker Museen, in schleswig-holsteinischen Schulen, Lübecker Kirchen, im Brahms-Institut an der MHL und in der Stadtbibliothek verzahnen auf neuartige Weise Kunst- und Musikgeschichte, Musikpädagogik und Musikwissenschaft. Studierende der Musikpädagogik erarbeiten in Vorlesungen und Seminaren, wie sich Lübecks bedeutendes kulturelles Erbe in der Zeit ab 1500 für den Schulunterricht lebendig erschließen lässt. In verschiedenen Lübecker Schulen werden sie ihr neues Wissen praktisch und theoretisch im Musikunterricht umsetzen. Hans Bäßler, Professor für Musikpädagogik an der MHL und Projektleiter ‚Klingende Steine‘: „Wir erproben hiermit etwas vollkommen Neues, eine kulturerschließende Musikpädagogik. Sie soll auf mehreren Ebenen, nämlich in der Hochschul- und Schulausbildung sowie im öffentlichen Raum die Auseinandersetzung mit dem fördern, was uns in Lübeck so geschichtsmächtig umgibt.“

In einer neunteiligen öffentlichen Ringvorlesung laden Musiker, Musikhistoriker und Kulturschaffende im Museum Behnhaus/Drägerhaus, im Brahms-Institut an der MHL, in St. Jakobi und im Dom dazu ein, sich mit der „Tradition in der Gegenwart“ auseinanderzusetzen. Sie beginnt am 7. Oktober mit einem Vortrag von Hans Bäßler, der sich mit der Frage beschäftigt: „Wieviel Tradition brauchen wir?“. Weitere Vorlesungen finden alle 14 Tage jeweils mittwochs um 18 Uhr statt. Unter anderem referiert Prof. Christian Höppner, Präsident des deutschen Kulturrates am 21. Oktober um 18 Uhr über „Das Eigene als das Fremde – Kulturelle Vielfalt nicht zuletzt in historischer Dimension“. Studierende der MHL erarbeiten in einem Begleitseminar, wie sich neue Publikumsschichten für die Musik der frühen Neuzeit aktivieren lassen.

„Im Konzert- und Ausbildungsbetrieb findet die Musik der frühen Neuzeit viel zu wenig Beachtung“, sagt Katharina Bäuml, Gründerin und künstlerische Leiterin des auf Alte Musik spezialisierten Ensembles „Capella de la Torre“. „Dabei ist diese Musik ungeheuer faszinierend und farbenreich und kann deshalb gerade die junge Generation fesseln.“ Bäuml hat das Projekt „Klingende Steine“ gemeinsam mit Hans Bäßler entwickelt. Im Museumsquartier St. Annen geht sie zusammen mit ihrem Ensemble in „Klingenden Museumsführungen“ auf Entdeckungsreise durch die Ausstellung. „Was ist eine Schalmei und was hat sie mit unseren modernen Orchesterinstrumenten zu tun?“ ist nur eine von vielen Fragen, der kleine und große Besucher auf den Grund gehen können.

Das Projekt „Klingende Steine“ startet am 19. September bei der Ausstellungseröffnung „Lübeck 1500 – Kunstmetropole im Ostseeraum“ mit einem Auftritt des Ensembles „Leones“. Weitere Konzerte schließen sich an und machen das Projekt auch außerhalb des Museumsquartiers für die Öffentlichkeit zugänglich. Am 10. Januar 2016 wird die „Capella de la Torre“ unter dem Motto „Urbs Beata – Stadtmusik um 1500“ das Abschlusskonzert der Ausstellung gestalten. „Bux21“ heißt das Konzertprojekt am 9. Mai 2016, in dem die MHL-Professoren Bernd Ruf und Franz Danksagmüller sich Buxtehudes Klangwelten mit Jazz, Neuer Musik und Live-Elektronik nähern. Abschluss und Höhepunkt des Projekts „Klingende Steine“ ist eine Revue am 17. Juni 2016, bei der Studierende und Schüler ihre Arbeitsergebnisse aus Seminaren und Schulunterricht unter anderem in Form von Moderationen, Installationen, Kompositionen und Videos in einer großen Show präsentieren.

„Klingende Steine“ ist ein interdisziplinäres Projekt der MHL in Kooperation mit den Lübecker Museen. Weitere Kooperationspartner sind der Dom zu Lübeck, St. Jakobi, die Stadtbibliothek Lübeck und der Deutsche Kulturrat. Es wird gefördert von der Possehl-Stiftung Lübeck und einem Lübecker Musikfreund, der anonym bleiben möchte. Weitere Infos unter www.mh-luebeck.de, www.altemusikluebeck.de und www.luebeck1500.de.

 

Interdisziplinäres  Musikvermittlungsprojekt „Klingende Steine“

Leitung

Prof. Dr. Hans Bäßler (Projektleitung), Katharina Bäuml (Künstlerische Leitung)

 

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Dr. Christoph Flamm, Prof. Arvid Gast, Prof. Rico Gubler, Prof. Hartmut Rohmeyer, Prof. Dr. Wolfgang Sandberger, Arndt Schnoor, Prof. Dr. Hans Wißkirchen

 

Biographien

 

Prof. Dr. Hans Bäßler unterrichtete nach seinem Studium der Kirchen- und Schulmusik sowie der Theologie und Philosophie in Hamburg zunächst an einem Hamburger Gymnasium, anschließend am Institut für Praxis und Theorie der Schule (IPTS) in Lübeck. Er arbeitete als Universitätsprofessor an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und leitete zudem das Institut für musikpädagogische Forschung. 2013 übernahm er die Studiengänge „Musik vermitteln“ an der MHL. Hans Bäßler ist Ehrenvorsitzender des Verbandes Deutscher Schulmusiker und neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch künstlerisch als Organist tätig. Von 1970 bis 1994 war er Organist an der Hauptkirche St. Petri in Hamburg. Bis heute konzertiert er in Deutschland sowie in verschiedenen europäischen Ländern. Er gestaltete als Kurator und Leiter das musikalische Programm zum 850-jährigen Bestehen des Klosters Loccum.

 

Katharina Bäuml spezialisierte sich nach dem Studium der modernen Oboe und der Barockoboe in verschiedenen Bereichen der Alten Musik. Ihr besonderes Interesse gilt der Bläsermusik des 15. bis 17. Jahrhunderts. 2005 gründete sie das Ensemble „Capella de la Torre“, das heute wichtigste deutsche Ensemble für Renaissancemusik. Die Gruppe hat bisher fünfzehn CD-Einspielungen vorgelegt, zuletzt erschien das Album „Water Music“. Die Musikerin widmet sich auch der zeitgenössischen Musik auf historischen Instrumenten. Seit 2010 entstanden zahlreiche Kompositionen für das Duo „Mixtura“. Katharina Bäuml ist Leiterin mehrerer Festivals und Konzertreihen und initiiert dort immer wieder Begegnungen zwischen Musik der frühen Neuzeit und Jazz. www.capella-de-la-torre.de