„Koggen-Treffen“ und mittelalterlicher Markt im Lübecker Hansehafen
Ob das „1. Internationalen Koggentreffen in Lübeck“ mit Mittelaltermarkt tatsächlich eine Weltpremiere war, soll dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall aber zeigte sich diese Veranstaltung am Wochenende als großartiges Ereignis, bei dem auch Gelegenheit bestand, endlich mit den Begriffen um die „Hansekogge“ aufzuräumen. Zu Gast bei der Kraweel „Lisa von Lübeck“ jedenfalls waren sechs historische Schiffe, die man korrekt mit „Kogge“ bezeichnen kann. Ein passendes Geschenk zu diesem Anlass vom Kiwanis Club Lübeck Hanse: der noch fehlenden Nachbau eines historischen Holzankers. Foto: RB
Die Sonnenfinsternis war endlich einmal kein Grund für den Lübecker Himmel, sich am Freitag in Grau zu wiegen. Die Sonne strahlte und ließ ihre mondbedingte, kleine „Störung“ durch die Spezialbrille perfekt beobachten. Warum aber gegen Abend zum „1. Internationalen Koggentreffen in Lübeck“ der Gesellschaft Weltkulturgut beim Einlaufen der Schiffe in den Hansahafen Wolken den Himmel so verdunkelten und die Fotografen „kein gutes Licht“ bekamen, mag vielleicht an einem kleinen Geheimnis liegen: Das mag das 1. Internationale Koggentreffen in Lübeck sein, aber Koggentreffen dieser Art hat es durchaus schon mehrfach gegeben. So beispielsweise nach zwei Treffen bei der Hanse Sail Rostock, wo man sich erneut am 6. August 2008 wieder präsentiert.
Hier in Lübeck gar von einer Weltpremiere zu „schreiben“, ist dann doch übertrieben. Nach und nach trafen unter Salutschüssen aus der „Landkanone“, dem „Vivat“ des Mittelaltervolkes und der dementsprechenden Antwort der Gäste mit der Kraweel „Lisa von Lübeck“ die Koggen „Tvekamp af Elbogen“ (Schweden), „Kamper Kogge“ (Niederlande), „Kieler Kogge“, „Ubena von Bremen“, „Roland von Bremen“ sowie die „Wissemara“ ein. Und wie dem auch sei: Der dunkle Himmel öffnete sich wenig später nach dem Anlegen und die Schiffe wiegten sich im Licht der Abendsonne zur Freude aller. Allemal war es geradezu spannend, der Einladung zum „open Ship“ nachzukommen, einmal mit Kind und Kegel von Bug oder Heck die Nase in den Wind zu stecken und nach den „Störtebeckers“ oder „Pfeffersäcken“ Ausschau zu halten.
Fachkundige Antworten gab es allenthalben, und auch das eine oder andere „mittelalterliche“ Souvenir wechselte Besitzer oder Besitzerin. Zumindest ein guter Schluck stand auch an Bord bereit, den man so recht für Leib und Seele im mittelalterlichen Hafen-Dorf ergänzen konnte.
Lange Zeit geisterte der Begriff „Kogge“ als „ein Schiffstyp“ umher, zu dem hartnäckig auch das Hanseschiff gezählt wurde. Auch hier konnte man es klären: Sechs Koggen und eine Kraweel, nämlich das Hanseschiff, waren in Lübeck eingelaufen – und nicht „sieben Koggen“. Denn auf kurze Formel gebracht, ist die Kogge ein „Endmodell“ vielleicht sogar des Wikingerschiffes. Abgelöst wurde dieser Einmaster mit Schiffsrumpf in Klinkerbausweise erst weitere Jahrzehnte später nach Mitte des 15. Jahrhunderts im Ostseeraum durch die „Kraweel“ (um 1470), ein Dreimaster (mit einem Hauptsegel), dessen Rumpfplanken „Stoß-auf-Stoß“ verarbeitet und mit Pech und Fasermaterial kalfatert wurden. Die „Kieler Hansekogge“ zeigt sogar bereits eine Misch-Konstruktion: Der Rumpf ist im Bodenbereich „karveel-„, im Übrigen klinkergeplankt. Wie historisch belegt, ist das 1380 gesunkene und 1962 gefundene Original durchaus ein Hinweis darauf, dass die neue, dem Mittelmeerraum entstammende Kraweel-Bauweise auch im Ostseeraum viel früher bekannt war, als lange Zeit angenommen wurde.
Bis Sonntag fand auf dem „Werftgelände“ des Lübecker Hanseschiffes ein buntes Treiben statt, dem man sich – erst einmal hergekommen – nur schwer wieder entziehen konnte. Sogar Ausfahrten waren an den weiteren Tagen möglich, wenn das Verweilen und Staunen an Bord nicht reichte. Der mittelalterliche Markt begleitet Besucherinnen und Besucher mit Angeboten, Spielen und (Wohl-)Gerüchen und versetzte sie in die Zeit der mittelalterlichen Hanse. Neben Gold- und Kupferschmieden, Bogenschneidern, Korbmachern, Wahrsagern, usw. die ihre Dienste und Waren anboten, konnte man zudem Gaukler, Schwertkämpfer, Herolde, Barden und anderes Gesinde bestaunen. Hinzu kamen Aktionen für die jungen Besucher: Vom Zinnen- und Ringewerfen über Stockbrot und Reiterkampf bis hin zur Fahrt in einem mittelalterlichen Karussell war ihnen Kurzweil geboten. Wer es allerdings wagte, über die Stränge zu schlagen, landet rasch im Pranger! Bemerkenswert: Der Besuch des Marktes und der liegenden Schiffe war kostenlos.
Ebenfalls kostenlos als passendes Geschenk zum zumindest 1. Internationalen Koggentreffen in Lübeck hatte sich der Kiwanis Club Lübeck Hanse ausgedacht: Einen vorschriftsmäßigen Schleppanker hat die „Lisa von Lübeck“ selbstverständlich bereits seit ihrem Stapellauf. Auch ein altes Hanseschiff kommt aber an den Bestimmungen der modernen Seeschifffahrt nicht vorbei: So hängt außen an der „Lisa von Lübeck“ ein schwerer Schleppanker. Der wurde etwas nach außen versetzt, damit er das Holzschiff nicht beschädigt. Auf der Wunschliste von Bootsbauer Heino Schmarje stand aber ein historisch korrekter Anker. Genau diesen Wunsch erfüllt hatte jetzt der Kiwanis Club Lübeck Hanse mit einer Spende von 2000 Euro, damit die Kraweel entsprechend ergänzen konnte. Am Freitagabend übergab Björn Hasselmeier, Präsident des Kiwanis Club Lübeck Hanse, den von der „Hansewerft“ angefertigten Anker an die erfreute Mannschaft der „Lisa von Lübeck“.