Lübeck Lupe

KRISE JENS EGGERT: Der Künstler von Möbel Kraft – das hat er sich nicht ausgemalt

Eggert_Jens
Text: Karin Lubowski – Fotos: TBF/Wolfgang Freywald

Mehr als 3000 Bilder hat er schon geschaffen: Seen, Rapsfelder, Weiden – Schleswig-Holstein in Öl. Lange Zeit waren die Gemälde von Jens Eggert schon verkauft, noch ehe die Farbe trocken war. Doch dann erfasste ihn die Krise des Möbelhauses.

Ein Strich in düsterem Violett, ein Tupfer in optimistisch-hellem Lila: Jens Eggert sitzt – einen Pinselstil zwischen den Zähnen, einen in der Hand – vor der Staffelei und geht seiner Arbeit nach. Er malt. In Öl. Vor ihm entsteht eine holsteinische Seenlandschaft, eine Abendstimmung in dramatischen Tönen. Mehr als 3000 Bilder hat er im Laufe seines Künstlerlebens gemalt; in guten Zeiten waren die schon verkauft, noch ehe die Farbe ganz trocken war. Jetzt sind die Zeiten hart, der Beruf Kunstmaler ist in schweres Wetter geraten.

Das Atelier ist winzig, kaum sechs Quadratmeter groß. Hier entsteht Schleswig-Holstein in Öl: Seen, Weiden, die Ostsee, die an den Strand rollt, Rapsfelder, Friesentüren in alten Bauernhäusern. Jens Eggert kennt das Land samt den typischen Lichtverhältnissen so gut wie den heimischen Garten; er weiß, wie sich Brombeerranken im Wachstum von Himbeeren unterscheiden, weiß, dass Gras im Morgenlicht anders aussieht als am Mittag, weiß, wie einzelne Bäume auch von Weitem zu identifizieren sind, und dass ein Rapsfeld nicht einfach nur gelbe Fläche ist, sondern aus Millionen einzelner Blüten besteht. Sein Beruf ist Berufung und Leidenschaft. Und die ist bunt. Zehn Jahre lang hat er dafür sehen gelernt und abbilden.

Kunstmaler wollte Jens Eggert schon als Junge werden. Heute ist er 52 Jahre alt und lebt seit 32 Jahren vom Malen. Vater Gerold ist auch Maler. Bei ihm hat der Sohn gelernt. „Wie ein Student“, sagt er. Vater und Sohn bewohnen gemeinsam ein Haus im Lübecker Bruchweg, ein Künstlerhaus.
Es riecht nach Farbe, und an den Wänden hängen Fotografien von Ölbildern. „Neulich hat mal jemand gefragt, warum ich keine Ausstellung mache, um Kontakt zu neuen Kunden zu bekommen“, sagt Jens Eggert. „Das kann ich gar nicht, weil meine Bilder bis auf einige wenige verkauft sind.“

Die meisten Bilder haben die beiden über das Unternehmen Möbel Kraft in Bad Segeberg verkauft. Bis vor drei Jahren kamen von dort so viele Aufträge, dass das Duo kaum nachkommen konnte. „Wir sahen keinen Grund, uns Sorgen zu machen“, sagt Eggert. Das Möbelgeschäft lief, und damit auch das der Maler – eine Sackgasse, wie Jens Eggert inzwischen weiß. Denn als das Möbelunternehmen wirtschaftlich ins Schlingern geriet, stellte es die geschäftliche Verbindung mit Eggert und Eggert ein.

Der Vater, inzwischen 82, hat sich zur Ruhe gesetzt; der Sohn versucht unterdessen, den Beruf Kunstmaler auf neue Schienen zu schieben, ein Netz von Kontakten bundesweit aufzubauen. Scheu, die Wünsche seiner Kunden zu erfüllen, hat er nie gehabt. Das, sagt er, gehört zum Geschäft.

Mit einem Original sollen sich die Leute schließlich für den Rest ihres Lebens wohlfühlen. Zwei Dinge sind für Jens Eggert aber unverrückbar: „Meine Motive sind in Schleswig-Holstein.“ Und: „Ich möchte mit nichts anderem arbeiten als mit Farbe und Pinsel.“

Immerhin: Zehn Gemälde hat Jens Eggert doch für eine Ausstellung zusammenbekommen. Die werden jetzt in der Hamburger Kunsthandlung Rogalsky zum Kauf angeboten, gerade erst hat eine Abendstimmung mit Angler einen Liebhaber gefunden.

Und auch die deutsche Wirtschaft belebt sich wieder. Bei Möbel Kraft in Bad Segeberg zum Beispiel wurden bereits wieder 20 neue Mitarbeiter eingestellt.

Erschienen im Hamburger Abendblatt am 26. November 2006