Lübeck Lupe

Lübeck blüht auf ? Kein Anlass zur Euphorie: Nachhaltige Investitionen brauchen Hebelwirkung

mildner_raimund
Die aktuellen Investitionsplanungen – wenn sie sich denn tatsächlich alle realisieren – sind überaus positiv für die Stadtentwicklung in Lübeck zu bewerten. Daran vermag auch der Hinweis auf die teilweise viel zu langen Vorgeschichten (Haerder, Markt?!) und bisweilen unerquicklichen und unwirtschaftlichen Begleitumstände (Flughafen ?!) nichts zu ändern.

Bei aller möglicherweise aufkommenden Euphorie muss der dauerhafte Effekt für die Wirtschaftsentwicklung dennoch auch differenziert betrachtet werden. Die Auflösung eines Investitionsstaus durch Ersatz- bzw Erneuerungsinvestitionen schafft allein noch keine nachhaltige Entwicklung…Wohnungsbauinvestitionen führen zu verbesserten Lebensverhältnissen, schaffen an anderer Stelle jedoch auch Leerstand. Und auch neue Ferienhäuser sind allein noch kein Garant für die Umwegrentabilität öffentlicher Vorleistungen, wenn nicht effektive Tourismuskonzepte begleitend wirksam werden. Und selbst Handelsinvestitionen sind nur dann wirklich nachhaltig wirksam, wenn insgesamt die Kaufkraft auch dauerhaft in vermehrtem Umfang an die Stadt gebunden werden kann, und nicht nur Verdrängungswettbewerb stattfindet.

Gleichwohl bieten dieser Art von Investitionen viel Arbeit und damit Einkommen für das Handwerk, wenn es u.a. mit Hilfe des Tariftreuegesetzes denn gelingt, die Aufträge auch tatsächlich in der Region zu halten. Mehr Einkommen in der Region schafft dann mehr allerdings zeitlich begrenzte regionale Binnennachfrage, von der der Handel in Lübeck profitiert.

Die wirklichen Hebel bei den anstehenden Investitionen liegen jedoch vor allem im Produktions- und Dienstleistungsbereich. Wenn nämlich mit den Betoninvestitionen auch „weiche“ Folgeinvestitionen in neue Produkte und zusätzliche Dienstleistungen geschaffen werden, wie z.B. im Falle Dräger, oder bei neu angesiedelten Firmen im Hochschulstadtteil oder durch den Ausbau des Skandinavienkais.

Dies macht allerdings auch deutlich: Bauinvestitionen sind zwar unverzichtbare Voraussetzung – notwendige Bedingung – für wirtschaftliche Entwicklung, sind aber als 1xInvestitionen selbst nicht dauerhaft wirksam. Auf ihre intelligente Nutzung kommt es an, um vor allem nachhaltige Erfolge auf dem Arbeitsmarkt zu erzielen – dies bildet erst die hinreichende Erfolgsbedingung. Und hier muss die Dynamik in Lübeck erst noch entwickelt werden, wie das aktuelle Städteranking gezeigt hat – im Zweifelsfall die schwierigere und bislang unbewältigte Aufgabe, für die es in der Stadtführung zusätzlicher Kompetenz aus der Wirtschaft bedarf. Lassen wir also einstweilen die Kirche im Dorf, freuen uns über rege Bauinvestitionen und nehmen diese zum Anlass, darüber hinaus die arbeitsplatzschaffenden Investitionen auch wirklich umzusetzen. Konzepte hierfür sind allerdings sowohl beim Bürgermeister als auch der Bürgerschaftsmehrheit nicht erkennbar.

Wirtschaftsentwicklung ist eben parteilos und braucht intelligente Lösungen. Unabhängigkeit und Kompetenz eines neuen Bürgermeisters sind die besseren Voraussetzungen.