Das interaktive Online-Magazin seit 1999

Aktuelle Nachrichten, lokale Themen aus Kultur, Wissenschaft, Sport, Politik, Wirtschaft, Rezensionen und Veranstaltungen

Bauen & Wohnen

Lübeck: Schaffung von bezahlbarem Wohnraum – Zusammenarbeit aller Akteure notwendig

Foto: TBF/Holger Kröger · Rund 45 Personen verfolgten am Donnerstag online und vor Ort im Rathaus die Diskussion der GRÜNEN Fraktion zum Thema „Stadtentwicklung und soziale Gerechtigkeit. Wie schaffen wir bezahlbaren Wohnraum für alle?“ Das Plenum war mit Gästen aus Bundespolitik, Verwaltung, genossenschaftlichen Akteure und Mietervertretung hochkarätig besetzt.Dazu Mandy Siegenbrink, Co-Fraktionsvorsitzende: „Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist eine der größten sozialen Herausforderungen unserer Zeit und eine Grundvoraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die steigenden Mieten belasten vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen überproportional. Jeder dritte Mieterhaushalt in Deutschland ist inzwischen durch seine Wohnkosten überlastet. Wohnen wird zum Armutsrisiko.

Zwar ist die Situation hier bei uns in Lübeck noch nicht so kritisch wie in Berlin, München oder Hamburg, allerdings gilt es frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, denn die Aussichten sind alles andere als rosig. Laut dem aktuellen Wohnungsmarktbericht hat Lübeck einen zusätzlichen Gesamtbedarf bis 2040 von insgesamt 6.500 Wohnungen, das heißt, es müssten jährlich 600 zusätzliche Wohnungen gebaut werden. Sowohl Politik als auch Verwaltung müssen dieses Kernthema absolut prioritär behandeln und ganz oben auf ihre Agenda setzen.

Die Schaffung und der Erhalt von ausreichend bezahlbarem Wohnraum ist eine Mammutaufgabe, die nur in gut strukturierter Zusammenarbeit aller Akteure bewältigt werden kann. Da waren sich an diesem Abend alle Gäste einig. Konkreter wurde in unserer Diskussion Frau Koretzky vom Lübecker Bauverein, die den Wunsch nach einer zentralen Koordinierungsstelle – einem runden Tisch mit allen Beteiligten äußerte. Kurze Kommunikationswege und mehr Klarheit in der Projektumsetzung wären die positiven Effekte. Zustimmung hierfür kam von Thomas Klempau vom Mieterverein Lübeck. Die Stadt Freiburg hat es bereits vorgemacht. Dort hat man mit dem „Referat für bezahlbares Wohnen“ eine zentrale Stelle geschaffen, die sich ausschließlich dieser wichtigen Aufgabe stellt. Wir werden hier in den Austausch mit der Verwaltung gehen und prüfen, was es braucht, um eine ähnliche Stabsstelle für bezahlbares Wohnen auch in Lübeck zu installieren.

Sehr wertvoll waren auch die Ausführungen unseres Bundestagsabgeordneten Bruno Hönel, der betonte, Bauen alleine reiche nicht aus. Vielmehr braucht es einen Dreiklang an Maßnahmen: die Verlängerung der Mietpreisbremse, die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit inklusive Investitionszulagen und eine Belebung der Bauwirtschaft. Ein klar formulierter Auftrag an eine neue Bundesregierung.

Für uns als Fraktion ist so ein öffentlicher Austausch mit Experten und Bürgern besonders wichtig, um größtmöglichen Input von allen Seiten für unsere politische Arbeit zu erhalten. Gerade bei solchen komplexen sozialen Themen ist es wichtig, dass Politik zuhört und Brücken baut.“

Stephan Wisotzki, baupolitischer Sprecher: „Als GRÜNE Fraktion Lübeck müssen wir uns natürlich auf jene Maßnahmen konzentrieren, die in der Entscheidungskompetenz der Kommune liegen. So müssen wir dringend daran arbeiten, bürokratische Hürden zu reduzieren, das heißt Genehmigungsverfahren vereinfachen und die Bearbeitung von Bauanträgen beschleunigen.

Genossenschaften wie der Lübecker Bauverein würden gerne schneller und günstiger bauen, werden jedoch in der Praxis durch die hohe Normendichte ausgebremst. Daraus resultiert eine gestiegene Anzahl an involvierten Planern und Gutachtern, die viel Geld kosten.

Eine Möglichkeit, den Wohnungsbau auch bei uns in Lübeck zu vereinfachen, ist das Planen und Bauen nach dem sogenannten „Gebäudetyp E“. Hierbei kann auf nicht unbedingt notwendige Standards verzichtet werden, ohne dass die Qualität und Sicherheit der Gebäude leidet. Dies würde zu einer wesentlich schnelleren, kostengünstigeren und effizienteren Umsetzung von Bauvorhaben führen.

Zudem gilt das Motto „Innen- vor Außenentwicklung“, das heißt, statt auf die Fläche zu expandieren, müssen wir brachliegende Flächen nutzen, Leerstände mobilisieren und auch über Wohnungstauschverfahren nachdenken. Hier sehen wir ebenso noch einiges an Potential wie bei der Entwicklung von neuen Wohnformen. Auch hier lohnt der Blick nach Freiburg. Dort ist bereits ein Konzept in der Umsetzung, bei dem ältere Menschen, die in größeren Wohnungen leben, Zimmer für Studenten zur Miete bereitstellen können. So kommen Studierende an Wohnraum und können gleichzeitig älteren Menschen helfen.

Oftmals hemmt und verlangsamt auch eine gewisse „Not-in-my-Yard“ Attitüde unter Anwohnern den Bau neuer Wohnungen. Neue Bauvorhaben sollten daher von Beginn an transparent kommuniziert werden. Bürger müssen frühzeitig in Planungen mit eingebunden werden, um lokale Widerstände zu minimieren.

Wichtig ist dabei nicht aus den Augen zu verlieren, dass auch steigende Energiekosten die Haushalte belasten und die Sanierung des Bestandes und die Umstellung auf erneuerbare weiter voranschreiten müssen.”