Meinung zu Vortrag und Thema „Bedeutung der Völkerkunde – heute“ in der GEMEINNÜTZIGEN
Am Mittwoch, dem 16. Januar 2008, hält die Hamburger Senatorin für Kultur Professorin Dr. Karin von Welck einen Vortrag zum Thema „Bedeutung der Völkerkunde – heute“ im Großen Saal der GEMEINNÜTZIGEN. Kein Zufall, wie der Pressemeldung der GEMEINNÜTZIGEN zu entnehmen ist. Zum Thema im Zusammenhang mit der Schließung der Lübecker Völkerkundesammlung eine persönliche Meinung des Verfassers.Völkerkunde – ein Thema, das sehr geschickt zu einem Zeitpunkt gewählt ist, zu dem die Wogen über die Schließung der Lübecker Völkerkundesammlung geglättet gewesen zu sein schienen. Insider zwar darüber immer noch den Kopf schütteln, zumal hier, wie die Leihgabe eines afrikanischen Sammlungsstückes nach New York – und damit dort zuvor bekannt – zeigt, das die Lübecker Sammlung viel mehr zu bieten hätte. Nun aber lediglich nur im Archiv gepflegt, vor dem „Schlimmsten“ bewahrt wird, anstatt dies verstärkt hervor zu holen und etwas daraus machen.
Buddenbrook, Grass – gut: „alte und neuere“ Mosaiksteine in der Kulturszene Lübecks. Nun auch Willy Brandt. Aber über den Tellerrand zu schauen mit einer sicherlich einzigartigen Sammlung, die übrigens beim Länderschwerpunkt „Japan“ des Schleswig Holstein Musik Festivals in Hause an der Parade gut genug war, dort eröffnet zu werden, wäre mehr als angebracht. Keine Lobby aber, die ernsthaft versucht hätte, die „Völkerkunde“ zu retten. „Nur“ ein verzweifelter Verein, der aufgeben musste, diese kostbare Sammlung öffentlich zu halten. Leider half auch die wenige Unterstützung durch das Arbeitsamt für gewisse Arbeitsplätze nicht. Daher war es wohl leicht, die Bürgerschaft zu überzeugen, das Haus zu schließen. Das nennt man übrigens „Konsolidierung des Haushalts“. Dabei werden – natürlich nicht nur in Lübeck – Versorgungen von Politikern gezahlt, die durchaus weiter arbeiten gehen könnten. Die Befristung solcher „Vorverrentung“ würden die öffentlichen Haushalte erheblich entlasten. Arbeiten bis zum „Rentenalter“ – so wie der normale Bürger.
Die nun kompakt gestaltete Kulturszene Lübecks erlaubt sich aber durchaus Doppelgleisigkeiten, die – gestrafft – Kosten einsparen ließen. Dazu eine nun mehrfach gezeigte verbesserte Marketing-Strategie wie in anderen Bereichen würden es erlauben, mittels Einsparungen die Völkersammlung wieder zu öffnen. Es gibt Lübecker Häuser, die – zumal durchaus „einseitiger“ – am Leben erhalten werden.
Eine zeitgemäß interessante Darstellung der Völkerkundesammlung unter gleichberechtigter Einbindung in die Kulturszene Lübecks gäbe dieser Sammlung Wertigkeit und Aufmerksamkeit wieder, die sie verdient und lebensfähig machen würde. Subventionierte „Service-Kräfte“ des Stadtverkehrs könnten auch den Service dieser Sammlung wahrnehmen. Das ginge sogar noch in 50 zu 50 Aufteilung.
Noch eines: In gewisser Position eine Professur anzunehmen, die im Grunde bei der Ballung aller Kulturhäuser in „eine Hand“ dazu eigentlich nicht die Zeit geben dürfte, zeigt “ moderne Teamfähigkeit“. Das bitte ich – bei aller Hochachtung – nicht persönlich zu nehmen. Mit anderen Worten: Arbeit wird delegiert. Das ist normal und richtig – aber das geht nur, wenn „genug“ Personal vorhanden ist. Genau da beginnt nämlich die Doppelgleisigkeit, die ich voran gestellt habe. Zwei städtische bzw. „halbstädtische“ Bereiche zum Beispiel machen dieselbe bzw. ähnliche Arbeit. Vorschlag also: Personal raffen – in die „Völkerkunde“ stecken.
Es kann nur gehofft werden, dass der klug gebotene Vortrag der GEMEINNÜTZIGEN Gelegenheit gibt, Fragen zu stellen. Fragen, deren Beantwortung ein Echo ergäbe, das – mit Sicherheit gehört – genau das nach sich ziehen würde, was zur Aussage von Stadtpräsident Peter Sünnenwold beim Auftakt der Neujahrsempfänge Lübecks, beim Lübecker Verkehrsverein gestern, passt: Lübeck bietet eine unglaubliche Kultur! Alle Facetten sollten also genutzt – werden. Einzelne also nicht „sterben“, weil ein städtischer Haushalt darbt. Der Ansatz ist falsch: Der Fehler liegt im Marketing – nicht in der Chance.
Wenn man jetzt schon von einem neu zu schaffenden „Hansemuseum“ träumt, sollte man demnach erst einmal mit den Pfunden wuchern, die man hat: Erst einmal das wunderbare Haus der Völkerkundesammlung „wiederbeleben“. Ein Hansemuseum ist finanziell eine ganz andere Liga! Egal, wer es (vor-)finanziert.
Übrigens bietet „Völkerkunde“ Chance auch für lebendige Migration“: Dinge anderer Völker sehen, von ihnen erfahren – und damit diese verstehen. Also „Völker verbindend“. Denn es gibt keinen „Nabel der Welt“ – weder hier, dort – oder sonstwo. Den gibt es nur im Kopf derjenigen, die die Vielfältigkeit der Welt und ihrer Menschen nicht (er-)kennen und nicht zu schätzen wissen. Völkerkunde vermittelt sogar – Integration.
Die GEMEINNÜTZIGE zeigt mit dem Aufgreifen dieses Themas, dass sie nicht nur wie seit ihrer Gründungszeit für ihre Stadt zukunftsweisende Dinge auf den Weg bringt – sondern auch nötigendenfalls wieder aufzugreifen weiß. Dafür kann man nur, nein – dafür muss man dankbar sein. Vor allem wird sie auch Wege „mit Verbündeten“ aufzeigen, wie was machbar ist. Und vielleicht sogar – auf genanntem Weg „befördert“!