Bauen & Wohnen

Mietrechtsänderung: Bundesregierung droht erneut Chancen für mehr Klimaschutz zu verspielen

Berlin (ots) – Deutsche Umwelthilfe kritisiert geplante Mietrechtsänderungen als „bedeutungslos für die Klimaschutzziele der Regierung“ – Gesetzentwurf enthält keine effektiven Anreize für Vermieter, Wohnungen zügig und qualitativ hochwertig energetisch zu sanieren – Energetischer Standard von Mietwohnungen soll bei Vergleichsmieten auch in Zukunft keine Rolle spielen – Vorlage reizt eher Luxussanierungen an und verändert Mietrecht zu Lasten der Mieter – Politische Blockade bei steuerlichen Anreizen zur Gebäudesanierung endlich überwinden

Einmal mehr bestätigt die schwarz-gelbe Regierungskoalition mit ihrem Gesetzentwurf zur energetischen Modernisierung von Mietwohnungen ihre Konzeptionslosigkeit im Klimaschutz. Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) kritisiert in ihrer heute veröffentlichten Stellungnahme insbesondere, dass der von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgelegte Referentenentwurf zur Mietrechtsänderung auf effektive Anreize verzichtet, die Vermieter zu einer zügigen und qualitativ hochwertigen energetischen Sanierung von Mietwohnungen veranlassen könnten. So soll insbesondere der energetische Standard von vermietetem Wohnraum bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete weiterhin keine Rolle spielen.

„Es gibt in der deutschen Gesellschaft eine regelrechte Volksbewegung für mehr Klimaschutz. Doch die Regierung, die diese Volksbewegung mit ihrer Reaktion auf die Katastrophe von Fukushima mit ausgelöst hat, tut viel zu wenig dafür, dass sie erfolgreich vorankommt“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Nicht zum ersten Mal entstehe der Eindruck, dass die Bürgerinnen und Bürger besser verstanden hätten, was die von der Regierung propagierte Energiewende tatsächlich erfordere, als die Bundesregierung selbst. Resch erinnerte daran, dass von den 18 Millionen Gebäuden in Deutschland fast 13 Millionen vor 1979 gebaut wurden und damit vor Erlass der ersten Wärmeschutzverordnung. Rund 70 Prozent der Gebäude, die vor 1979 gebaut wurden, verfügen über keinerlei Wärmedämmung, bei weiteren 20 Prozent ist sie unzureichend. Nur rund 10 Prozent der Altbauten in Deutschland haben eine Dämmung, die aktuellen Anforderungen genügt. Resch forderte die Bundesregierung auf, die Mietrechtsänderung auf das in ihrem eigenen Energiekonzept propagierte Ziel einer Verdoppelung der Sanierungsrate des Gebäudebestands von ein auf zwei Prozent pro Jahr auszurichten. „Wenn der Entwurf in dieser Form Gesetz wird, wird er für die Klimaschutzziele der Bundesregierung weitgehend bedeutungslos bleiben. Es wäre wieder ein verpasste Chance.“

Die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Rechtsanwältin Cornelia Ziehm erinnerte daran, dass die Bundesregierung die Berücksichtigung der energetischen Beschaffenheit von Mietwohnungen bei der Ermittlung der Vergleichsmieten in ihrem im Herbst 2010 verabschiedeten Energiekonzept noch in Aussicht gestellt hatte. „Eine Reaktorkatastrophe und eine Energiewende später steht diese Bundesregierung energie- und klimapolitisch auf der Bremse, wo Beschleunigung angesagt ist.“ Ziehm befürchtet, dass der Gesetzentwurf in seiner gegenwärtigen Form „statt Fortschritten bei der energetischen Gebäudesanierung eher vermieterfreundliche Luxussanierungen anreizt und das Mietrecht insgesamt zu Lasten der Mieter verschiebt“. So solle in Zukunft die vorübergehende Minderung der Miete während einer energetischen Sanierung ausgeschlossen sein, obwohl in keiner Weise belegt ist, dass die bislang unter bestimmten Voraussetzungen bestehende Mietminderungsmöglichkeit ein Hemmnis für die energetische Sanierung dargestellt hat. Außerdem soll der Mieter beispielsweise eine Maßnahme zur Einsparung von nicht erneuerbarer Primärenergie auch dann dulden, wenn diese nicht zur Verringerung seiner Heiz- und Warmwasserkosten führt.

Als eine Möglichkeit, Mietwohnungssanierungen gezielt in Richtung energetische Sanierung zu lenken, schlägt die DUH vor, die derzeit geltende und von der DUH grundsätzlich begrüßte Möglichkeit zur Mieterhöhung um maximal elf Prozent, künftig auf energetische Sanierungsmaßnahmen zu beschränken und für alle anderen Modernisierungen (etwa Luxussanierungen) auf zum Beispiel sechs Prozent zu begrenzen. Ziehm: „Für die Akzeptanz der Energiewende wäre es fatal, wenn die energetische Sanierung im Gebäudebereich im Ergebnis bei Millionen Mietern als verdeckte Maßnahme zur Beschneidung ihrer Rechte ankäme“. Vielmehr komme es jetzt darauf an, dass Kosten und Nutzen bei der energetischen Sanierung zwischen Mietern und Vermietern gerecht verteilt würden.

Außerdem müsse die seit über einem halben Jahr andauernde politische Blockade zwischen Bund und Ländern bei der steuerlichen Förderung energetischer Gebäudesanierungen schnell beendet werden. Ein Gesetzvorschlag liegt zwar mittlerweile im Vermittlungsausschuss, wird aber dort offensichtlich nicht mit Nachdruck weiter verfolgt.

Der Gebäudebereich ist in Deutschland für 40 Prozent des nationalen Energieverbrauchs und für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig kann in keinem anderen Sektor so viel Energie so kostengünstig eingespart werden. Nach Überzeugung der DUH können die Klimaziele der Bundesregierung nicht erreicht werden, wenn es beim Gebäudebestand in den nächsten Jahren nicht zu einer erheblichen Beschleunigung der energetischen Sanierungsrate kommt.

Die Stellungnahme der DUH zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz – MietRÄndG) finden Sie hier: http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2765