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Lübeck Lupe

Neuer Spielplan vom Theater Lübeck – Willy Brandt – Die ersten 100 Jahre

Das Stück über Willy Brandt ergreift keine Partei, sondern es entwirft ein packendes und buntes Kaleidoskop unserer in Weltmaßstäben noch jungen Republik und ihrer gewählten Protagonisten. Es stellt die brisanten Fragen: Wie entsteht politisches Engagement? Ist die »immerfort unzulängliche, heilig nüchterne Demokratie«, wie sie Günter Grass nennt, nach wie vor die erstrebenswerteste aller Gesellschaftsformen?

Vor über hundert Jahren in Lübeck geboren, wächst Herbert Frahm vaterlos bei seiner Mutter im Lübecker Stadtteil St. Lorenz auf. Durch seinen Ziehvater kommt er in Kontakt mit der politischen Linken. Der erste Keim für ein Politikerleben ist gelegt. Er engagiert sich in der Arbeiterbewegung. Als die Nationalsozialisten auch in Lübeck die Macht ergreifen, muss er untertauchen. Ein Fischer verhilft ihm heimlich zur Flucht nach Norwegen. Von nun an nennt sich Herbert Frahm Willy Brandt und kämpft im Ausland und im Untergrund gegen Hitler. Sein Leben ist in ständiger Todesgefahr. Er wird zum politischen Gesicht des »anderen Deutschland«. Nach dem Krieg wird er als Regierender Bürgermeister von Berlin Zeuge und flammender Ankläger des Mauerbaus. 1969, nach mehreren Anläufen, wählt man ihn zum ersten sozialdemokratischen Kanzler der Bundesrepublik.

Und nun, in nur wenigen Jahren, trotz öffentlicher Verunglimpfungen als Vaterlandsverräter, gestaltet er das Land und Europa um: Er öffnet Deutschland nach Osten. Er thematisiert die deutsche Schuld. Ganz Weltbürger und Kosmopolit, formuliert er eine europäische Vision. Das Besondere: Willy Brandt macht das Ur-Lübecker Prinzip von Handel und Wandel, von Ehrlichkeit und Offenheit, »Concordia Domi Foris Pax«, zur Leitidee einer neuen Politik. Eine Geste, sein Kniefall in Warschau, prägte sich tief ins Bildgedächtnis der Welt ein.

Dies ist der eine, der öffentliche Teil des Lebens Willy Brandts. Doch da gibt es auch die anderen Seiten. Die Phasen der inneren Dunkelheit, die Vernachlässigung der eigenen Familie. Und den Verrat. Verrat durch den DDR-Spion Günter Guillaume und den Verrat in den eigenen Reihen. Als Legende stürzte er und hatte doch die prägenden historischen Ereignisse der letzten 25 Jahre vorbereitet. Michael Wallners Stück wechselt die Perspektiven: Es zeigt das Innenleben eines politisch Suchenden, eines großen Europäers, dessen Visionen in der Lübecker Tradition wurzeln, und fächert ein politisches Leben auf, macht es spürbar und neu erfahrbar. Kompositionen von Willy Daum für ein kleines Kammerorchester und für den Opernchor bereichern dieses weitere Unikat des Theater Lübeck.

Inszenierung Michael Wallner
Bühne Heinz Hauser
Kostüme Tanja Liebermann
Musik Willy Daum
Chor Joseph Feigl
Mit Susanne Höhne, Sina Kießling, Ingrid Noemi Stein; Robert Brandt, Peter Grünig, Andreas Hutzel,
Sven Simon, Timo Tank, Julius Robin Weigel; Chor des Theater Lübeck
Musiker Urs Bentersbusch, Willy Daum, Jonathan Göring, Tobias Hain, Edgar Herzog, Peter Imig
Wiederaufnahme Mi, 15/04, 19.30 Uhr
Weitere Vorstellungen Sa, 02/05, 19.30 Uhr; So, 31/05, 18.00 Uhr; So, 21/06, 18.00 Uhr
Veranstaltungsort Theater Lübeck, Großes Haus

Die weiteren Neuerungen auf dem Spielplan entnehmen Sie bitte folgender PDF:

09. April 2015