„Ohne die Wahrheit auszusprechen, gibt es keine gemeinsame Zukunft“
Hamburg (ak). Bei einer Gedenkveranstaltung in der Hamburger Hauptkirche St. Petri zum 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern im Osmanischen Reich sagte Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit heute (24. April): „Unrecht muss beim Namen genannt werden. So wird seine unheilvolle Wirkung unterbrochen oder zumindest gestört, auch wenn die Worte unvollkommen bleiben.“ Nach einer Andacht nach syrisch-orthodoxem Ritus überbrachte der Greifswalder Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern die Grußworte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche). Veranstalter war die „Initiative zum Gedenken an den Völkermord 2015“, zu der u.a. die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hamburg, die Katholische Akademie Hamburg, die Landeszentrale für politische Bildung und die Assembly of Armenians of Europe gehören.
In seiner Ansprache ging Bischof Abromeit auch auf die Rolle der Deutschen ein: Obwohl die deutsche Botschaft in Istanbul früh von den Gräueltaten an den Armeniern wusste, blieben Kaiser und Reichsregierung untätig, um das osmanische Reich nicht als Bündnispartner zu verlieren. „In jedem Fall hat das deutsche Kaiserreich es verpasst, den Mund für die Sache der christlichen Schwestern und Brüder aufzumachen. Deswegen muss von einer deutschen Mitschuld am Völkermord gesprochen werden“, so der Bischof. Abromeit benutzte bewusst den Begriff „Völkermord“: „Es ist kein Nutzen zu erkennen, der für die Vermeidung des Wortes spricht. Man muss unangenehme Wahrheiten aussprechen, damit Versöhnung und Frieden einen Anfang nehmen können. Ohne das Eingeständnis dieser bitteren Wahrheit wird das Verständnis zwischen Türken, Armeniern und Deutschen nicht wachsen.“
Bei der Veranstaltung unter dem Motto „Gemeinsam gegen Vergessen und Leugnung“ sprachen neben Bischof Abromeit Dompropst Franz-Peter Spiza vom Erzbistum Hamburg, der CDU-Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg und der jesidische Psychologe Dr. Sefik Tagay.