Open Doors: Irak: Zwischen Bomben, Schikane und Examen
In Mosul haben christliche Studenten Angst vor Übergriffen (Open Doors) – Das irakische Mosul gehört zu den gefährlichsten Städten der Welt. Besonders Christen bekommen das regelmäßig zu spüren. Entführungen, Bombenanschläge und gezielte Angriffe gegen Christen bestimmen hier das Leben. Gesperrte Straßen in der ganzen Stadt erschweren es den Bewohnern, von einem Ort zum anderen zu gelangen. Mitten in dieser Situation leben Hunderte Studenten, die Angst haben, weil sie Christen sind. Schon die tägliche Wegstrecke zur Universität bringt etliche Gefahren mit sich. Yusuf*, einer der Studenten erklärt, wie er mit der Situation umgeht: „Ich bete jeden Tag hundertmal um Sicherheit. Vor kurzem ist an meinem College eine Bombe explodiert. Da habe ich mich ernsthaft gefragt, wo diejenigen sind, deren Aufgabe es ist, uns vor solchen Angriffen zu beschützen.“
Trotz andauernder Unruhen: Prüfungen finden statt
„Es ist nicht leicht, sich während dieser Unruhen auf den Alltag und auf die Prüfungen zu konzentrieren“, berichtet er. Malik, ein anderer christlicher Student, klagt: „Die angespannte Situation in der Stadt beeinflusst unsere Leistungen. Aber die Prüfungen fallen deshalb nicht aus.“ Nicht nur der Weg zur Universität ist für die Studenten gefährlich. Auch innerhalb der Uni müssen sie kämpfen. Christen werden diskriminiert und gemobbt, einfach weil sie Christen sind. Studentinnen bekommen Probleme, weil sie kein Kopftuch tragen. Kirchenälteste aus der Gegend werden gewarnt, keine Studentinnen an die Universität zu schicken, da die Erfahrung zeigt: Als Christinnen sind sie besonders gefährdet und werden leicht Opfer von Übergriffen. Christen werden gezielt aus der Stadt vertrieben. Studenten bekommen nicht nur von Seiten der Mitstudierenden Ärger, weiß Kalam*: „Unsere Professoren sagen schlechte Dinge über Christen und beteiligen sich ganz selbstverständlich an Mobbing und Diskriminierung.“
Offizielle Broschüre mit antichristlichen Parolen
Beispielhaft für den Umgang mit Christen ist eine neue Broschüre der Universität. Sie wurde vom Wissenschaftsbereich „Koran und islamische Erziehung“ herausgegeben und verteilt. Diese Broschüre warnt die Studenten vor dem „Zeichen des Kreuzes“ auf den T-Shirts europäischer Fußball-Teams. „Unsere muslimischen Söhne tragen das Zeichen des Kreuzes im Inneren unserer Häuser, Schulen und Moscheen – was die Europäer auf ihrer Kleidung tragen, schickt sich nicht und sollte auch von unseren Eltern verboten und unterbunden werden.“
Für Christen war diese Broschüre beleidigend, sie wehrten sich aber nicht, aus Angst vor schlimmen Folgen. Immer noch sind die Studenten von einem Angriff auf einen Bus traumatisiert, der sich 2010 ereignete. Damals kamen zwei Christen, ein Student und ein Mechaniker, ums Leben. Seitdem hat sich die Situation nicht verbessert. Viele Christen in Mosul benutzen ihre Autos nicht mehr, weil sie Angst haben, jemand könnte das Auto manipuliert haben. Christen aus Bartella warten nun darauf, dass in ihrer Stadt eine Universität eröffnet. Obwohl auch Bartella immer wieder von Bomben getroffen wird, möchten sie gerne vermeiden, ins noch unsicherere Mosul fahren zu müssen.
Aktuell steht der Irak auf Platz 4 des Weltverfolgungsindexes von Open Doors, einer jährlichen Liste der Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Das überkonfessionelle Hilfswerk unterstützt Christen im Irak mit Literatur, durch Schulungen und Trauma-Beratung, sowie mit Hilfe zur Selbsthilfe Projekten zum Aufbau einer Existenzsicherung.
*Namen aus Sicherheitsgründen geändert