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Pakistan: Christen fürchten um ihre Sicherheit

Open-DoorsPakistan: Christen fürchten um ihre Sicherheit – Am 2. September griffen vier Selbstmordattentäter eine christliche Siedlung nahe der pakistanischen Großstadt Peshawar an. Die Angreifer warteten mit Schnellfeuerwaffen vor dem Tor der Siedlung, das jede Nacht verschlossen wird. Als Samuel Masih (55) auf dem Weg zur Arbeit um etwa 5:30 Uhr das Tor öffnete, schossen die Terroristen auf ihn. Es gelang ihm noch, die Sicherheitskräfte zu alarmieren, bevor er starb. Im Schusswechsel zwischen Attentätern und Sicherheitskräften wurden zwei Polizisten verletzt und die Angreifer getötet. Dank Masihs geistesgegenwärtiger Reaktion und dem schnellen Eingreifen des Militärs kam es nicht zu weiteren Todesopfern. „Die Terroristen hatten Wasser und Nahrungsmittel dabei, was zeigt, dass sie ein großes Massaker geplant hatten“, erklärt der Abgeordnete Fredrick Azeem Ghauri.

Schnelle Reaktionen verhindern ein Massaker

Eine von Masihs Nichten beschreibt die letzten Augenblicke vor dem Tod ihres Onkels: „Der Wachmann am Tor wurde von Samuel angerufen: ‚Macht sofort das Tor zu! Man hat mir ins Bein geschossen. Ich habe die Terroristen gesehen, sie haben den Fluss Kabul überquert und greifen uns an. Macht die Tore zu und ruft das Militär.‘ Dann war zu hören, wie er zu Gott betete und wie geschossen wurde, scheinbar in alle Richtungen.“ Indem Masih sofort die Sicherheitskräfte alarmierte, rettete er vielen Bewohnern der Siedlung das Leben. Am 3. September wurde er mit vollen militärischen Ehren bestattet. Samuel Masih hinterlässt seine Frau Razia und fünf Kinder im Alter zwischen 12 und 30 Jahren. Famile Masih ist eine von 30-40 Familien, die in der Siedlung leben.

Situation „höchst besorgniserregend“

Am gleichen Tag fand ein Anschlag auf ein Justizgebäude in Mardan statt, 60 Kilometer östlich von Peshawar, bei dem mindestens 12 Menschen getötet und über 50 verletzt wurden. Ein örtlicher Sicherheitsbeamter, der namentlich nicht genannt werden möchte, zeigte sich im Gespräch mit Open Doors alarmiert: „Die Tatsache, dass diese Leute eine christliche Siedlung auf der gleichen Ebene wie ein Justizgebäude betrachten, ist höchst besorgniserregend. Es zeigt wieder einmal, dass Pakistan als ‚verunreinigter Staat‘ ins Visier genommen wurde, der ‚gesäubert‘ werden muss – unsere Justiz, weil wir die Scharia nicht voll umsetzen, und unsere Bürger, um die Bevölkerung von nicht-islamischen Elementen zu säubern.“

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„Wie können wir uns jemals sicher fühlen?“

Die Christen im Nordwesten Pakistans sind durch die jüngsten Anschläge zutiefst verunsichert. In wenigen Tagen jährt sich der Anschlag auf die anglikanische „All Saints Church“ in Peshawar zum dritten Mal, bei dem 2013 mindestens 96 Menschen getötet wurden. Die christliche Siedlung am Warsak-Staudamm liegt zudem nicht weit von der Schule entfernt, auf die im Dezember 2014 ein Anschlag mit 141 Todesopfern, darunter 132 Schüler, verübt wurde. Ein Mann, der mit seiner Frau und vier Kindern in der Siedlung lebt, sagt: „Wir sind am Leben, unsere Kinder sind am Leben. Wir sind den Sicherheitskräften dankbar. Aber morgen könnten sie es wieder versuchen. Wir sind nur einfache Leute. Warum haben sie uns angegriffen? Wie können wir uns jemals sicher fühlen?“

Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors steht Pakistan zurzeit an 6. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten verfolgt werden.