Pakistan: Christen nach Hinrichtung besorgt
Pakistan: Christen nach Hinrichtung besorgt – Fünf Jahre nach der Ermordung des damaligen Provinzgouverneurs von Punjab, Salman Taseer, hat die pakistanische Regierung am 29.02. dessen Leibwächter und Mörder, Mumtaz Qadri, hinrichten lassen. Der hatte seine Tat mit Taseers wiederholter Kritik am Blasphemiegesetz sowie dessen Einsatz für die zum Tod verurteilte Christin Asia Bibi begründet. Überall im Land feierten Teile der Bevölkerung Qadri deshalb als Held, der „die Ehre des Islam verteidigt“ habe. Nach seiner Hinrichtung durch Erhängen haben zahlreiche Hardliner Rache geschworen und die Christen wissen, dass sich deren Wut wieder einmal gerade an ihnen entladen könnte.
Ein Land unter dem Druck von Extremisten
Viele Beobachter betrachteten den Umgang mit dem verurteilten Attentäter als wegweisend für die Frage, wie entschlossen die pakistanische Regierung gegen den islamistischen Terror vorgehen will. Dementsprechend groß war die Spannung, ob ein im Januar von Qadri eingereichtes Gnadengesuch Erfolg haben würde. Gouverneur Taseer war nicht der Einzige, den seine Weigerung, islamistischen Kräften nachzugeben, teuer zu stehen kam. Wenige Monate nach ihm wurde der Minister für religiöse Minderheiten, der Christ Shabaz Bhatti, wegen seines Einsatzes u. a. für die christliche Minderheit ermordet. Dass derartige Taten mehr sind als traurige Einzelfälle, die der radikalen Ideologie einer isolierten Minderheit zuzuschreiben wären, zeigten die Reaktionen auf Taseers Ermordung. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Tat hatten Tausende landesweit ihre Sympathie für den verhafteten Attentäter bekundet. Über 2.000 Strafverteidiger erklärten ihre Bereitschaft, Qadri umsonst zu verteidigen. Die Familie des Ermordeten hingegen hatte größte Schwierigkeiten, einen Imam zu finden, der bereit war, Taseers Beerdigung zu leiten. Der für Qadris Todesurteil verantwortliche Richter Pervez Ali Shah wurde nach Bekanntwerden des Schuldspruches aus Sicherheitsgründen für längere Zeit nach Saudi-Arabien versetzt.
Diese verbreitete Grundstimmung setzt Anhänger religiöser Minderheiten permanent unter massiven Druck. Kommt es zu Anschuldigungen gegen sie, so gelten ihre Aussagen vor Behörden und Gerichten oft nichts. Prominentestes Beispiel hierfür ist die Christin und fünffache Mutter Asia Bibi, die wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed seit sechs Jahren in der Todeszelle sitzt.
Christen befürchten weitere Übergriffe – und sehen Hoffnungszeichen
Bereits am Tag von Qadris Hinrichtung kam es in mehreren Städten Pakistans zu Ausschreitungen. Einige Christen vermieden es, ihre Häuser zu verlassen. Ein junger Christ aus Peshawar gab gegenüber Open Doors an: „Wenn ich für meinen Glauben an Jesus sterbe, ist das eine Sache; ganz sicher aber will ich nicht sterben, weil jemand wegen der Hinrichtung eines muslimischen Kriminellen wütend auf die Regierung ist.“ Sein Freund ergänzte: „Immerhin habe ich heute zum ersten Mal das Gefühl, dass die Regierung wirklich für Gerechtigkeit sorgt!“ Die Reaktionen auf Qadris Hinrichtung fielen unter den Christen jedoch unterschiedlich aus. Einige zollten den Behörden Respekt dafür, gegenüber dem Extremismus Rückgrat bewiesen zu haben. Andere äußerten Trauer über ein weiteres sinnlos beendetes Leben. In den Medien wurde über die Hinrichtung kaum berichtet, um die Situation nicht weiter zu verschärfen.
Unterdessen blickt die christliche Gemeinschaft Pakistans mit Sorge und Hoffnung auf die Berufungsverhandlung von Asia Bibi. Die Anhörungen hierzu dürften nach Aussage ihres Verteidigers Saif-ul-Malook in Kürze beginnen. Und auch dieses Verfahren wird weiterhin von allen Seiten mit größtem Interesse verfolgt werden.
Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors rangiert Pakistan aktuell an 6. Stelle unter den Ländern, in denen Christen weltweit wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
Quellen: Open Doors, World Watch Monitor