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POL-HL: Staatsanwaltschaft Lübeck – Pressestelle / Überwachungsvorwürfe der Kieler Nachrichten (Folgemeldung)

Lübeck (ots) – Der Leitende Oberstaatsanwalt Lübeck – Pressestelle – (127aE – 2/2018) Aufgrund des in der Presseberichterstattung der Kieler Nachrichten vom 15. und 17. Juli 2017 geäußerten Verdachts, dass das Firmenfahrzeug des Chefredakteurs Longardt möglicherweise mit einem vermeintlichen Peilsender überwacht worden sein soll, hat die Staatsanwaltschaft Lübeck ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des unerlaubten Erhebens von Daten gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG in Verbindung mit § 44 Abs. 1 BDSG geführt. Mit der Durchführung der Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Lübeck wegen des durch die Berichterstattung der Kieler Nachrichten erweckten Eindrucks, die Überwachung sei durch Verantwortliche aus den Reihen der Landespolizei veranlasst worden, das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz in Mainz beauftragt. Die Ermittlungen sind nunmehr abgeschlossen. Sie haben keine belastbaren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Dienstwagen des Chefredakteurs Longardt mit einer Peil- bzw. Sendevorrichtung zur Feststellung des Fahrzeugstandortes versehen gewesen wäre. Entsprechende Gerätschaften konnten schon bei einer Untersuchung des Fahrzeugs auf Veranlassung der Kieler Nachrichten nicht festgestellt werden. Die Kieler Nachrichten hatten im Rahmen der Berichterstattung Videomaterial veröffentlicht, auf dem zu sehen war, dass bei einer Messung an dem Dienstwagen Signale einer Funkwelle mit Frequenzen im Bereich 1003,9 MHz bis 1042,5 MHz angezeigt wurden. Die von den Kieler Nachrichten als „auf IT-Sicherheit spezialisierter Dienstleister“ und „Gutachter“ bezeichnete Messperson, die nach eigenen Angaben gegenüber den Ermittlern des Landeskriminalamtes Mainz über keinerlei Ausbildung oder Spezialisierung im Bereich der Frequenzmessung verfügt, hatte nach dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Rahmen der Messung keine Maßnahmen außer dem Abschalten von Mobilfunkgeräten ergriffen, um externe Störfaktoren auszuschließen, die das Messergebnis beeinflussen konnten. Erforderlich gewesen wäre eine Messung in einem von störenden Signalen professionell abgeschirmten Raum. Eine solche hat nicht stattgefunden. Die seitens der Kieler Nachrichten aufgestellte Behauptung, dass „sämtliche andere Quellen, die die Messung hätten beeinträchtigen können“, ausgeschlossen worden seien, ist mithin fachlich unzutreffend. Die in der Berichterstattung geäußerte Vermutung, die Ursache des Signals sei ein an dem Fahrzeug angebrachter Peilsender, beruhte ausschließlich auf Angaben, die verschiedene, der Staatsanwaltschaft nicht benannte Quellen aus den Reihen der Polizei gegenüber Bastian Modrow als Redakteur der Kieler Nachrichten getätigt haben sollen. In verschiedenen Artikeln wurde dargestellt, es hätten mehrere mit Kriminaltechnik vertraute Polizeibeamte nach Inaugenscheinnahme des Videos erklärt, dass es sich bei dem gemessenen Frequenzbereich um einen solchen handele, auf dem Behörden wie die Polizei mit Peilsendern arbeiteten, um Personen zu orten. Diese Behauptungen der von den Kieler Nachrichten konsultierten Polizeiquellen sind nach dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in der Sache unzutreffend. Die gemessenen Frequenzen sind vielmehr dem Flugnavigationsfunkdienst und dem mobilen Flugdienst zugewiesen (960 MHz bis 1164 MHz). Darüber hinaus ist der betroffene Frequenzbereich für nicht weiter bezeichnete militärische Funkanwendungen vorgesehen. Der Zentralbereich der an dem Fahrzeug des Chefredakteurs Longardt gemessenen Frequenzen fällt dabei in den Teilbereich 1025 MHz bis 1035 MHz, der der zivilen und militärischen Navigation (Sekundärradar) zugewiesen ist und für diesen Zweck von der Deutsche Flugsicherung GmbH genutzt wird. Die darüber hinaus gemessenen Signale ober- und unterhalb dieses Bereichs lassen sich zwar nicht dem Sekundärradar zuordnen, sie bewegen sich aber ebenfalls im Bereich der Flugnavigation. Der Polizei sind für ihre Aufgaben gänzlich andere Frequenzen fern des gemessenen Bereichs zugewiesen. Die Kieler Nachrichten haben nach eigenen Angaben zur Begutachtung des Videomaterials einen „zivilen Experten für GPS-Ortungsgeräte im Kreis Segeberg“ konsultiert, zu dessen Identität sie gegenüber der Staatsanwaltschaft keine Angaben gemacht haben. Der vermeintliche Experte soll zu der Bewertung gekommen sein, es handele sich nicht um ein „frei verfügbares Frequenzband“, mithin müsse es „ein nicht-öffentliches, behördliches, staatliches bzw. geheimes Frequenzband“ sein. Dieser Aussage kommt angesichts der Feststellungen zu dem gemessenen Frequenzbereich (Flugnavigation) keine weiterreichende Aussagekraft zu, zumal auch nicht zu erkennen ist, dass der sogenannte Experte eine Überprüfung des Frequenzbereichs, beispielsweise anhand der Frequenzzuweisungstabelle und des Frequenzplans, die beide u. a. im Internet frei einsehbar sind, vorgenommen hat. Entsprechende Internetrecherchen will ein Redakteur der Kieler Nachrichten nach zeugenschaftlichen Angaben zwar durchgeführt und Hinweise darauf erlangt haben, dass es sich bei den gemessenen Frequenzen um solche aus dem Bereich der Flugnavigation handeln könnte. Diese Ergebnisse haben in der Berichterstattung der Kieler Nachrichten allerdings keinen Niederschlag gefunden. Vielmehr ist eine öffentliche Äußerung des seinerzeitigen Direktors des Landeskriminalamtes Kiel, seiner Kenntnis nach handele es sich bei den gemessenen Frequenzen um solche aus dem Bereich der Flugnavigation, in der Berichterstattung vom 18.07.2017 in Zweifel gezogen worden. Indes ist es nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei allen Hochfrequenzsignalen – und um solche handelt es sich auch bei den am Fahrzeug des Chefredakteurs Longardt gemessenen – möglich, dass diese sich ausbreiten und auch an anderen Orten, wie z. B. dem, an dem die videodokumentierten Messungen durchgeführt wurden, festgestellt werden können. So haben beispielsweise bei dem von der Staatsanwaltschaft beauftragten Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz eine Physikerin und ein Elektroingenieur im Rahmen der Ermittlungen an einem beliebigen Ort in Mainz eine Vergleichsmessung vorgenommen, bei der ebenfalls das Signalspektrum des Sekundärradars gemessen worden ist. Im Ergebnis stellt sich die der Berichterstattung der Kieler Nachrichten zu entnehmende Annahme, dass es „offenbar“ in den zurückliegenden Wochen eine Überwachung von Journalisten, die in der sog. „Rockeraffäre“ bei der Landespolizei recherchierten, gegeben habe, in deren Rahmen an dem Dienstwagen des Chefredakteurs ein Peilsender angebracht worden sei, als Schlussfolgerung aufgrund sachlich nicht belastbarer Recherchen dar. Das Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ist mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden.

Quelle: presseportal.de