Zunächst äußerte sich Johannes Dahl zur Etymologie des Wortes „Engel“. Es stamme ursprünglich aus dem Altindischen, Persischen und Neugriechischen, wobei die Verbindung der indogermanischen Sprachen deutlich werde. Engel bedeute Bote , Sendbote oder Götterbote. Seit dem Neuen Testament sei dieser Begriff christlich aufgeladen,
Das Wort „Dämonen“ rufe bildliche Assoziationen wie Gespenstisches, Gruseliges und Dunkles hervor. Es erscheine insoweit als negativ besetzt. Das Wort sei aber von seiner ursprünglichen Bedeutung neutral. Entscheidend sei die Vorsilbe „dä“. Griechisch laute der Begriff „daimon“, lateinisch daemones. Im Altgriechischen bedeute das Wort Zuteiler. Dämonen haben etwas mit Teilen, Schneiden und Zuteilen zu tun. Die Dämonen würden gutes oder böses Schicksal zuteilen. Sie würden auch als Hausgeister, Schutzgeister und Schutzheilige angesehen. Seit dem 16.Jahrhundert wurde der Begriff im Sinne der der christlich-lutherischen Überlieferung nur in teuflischer Weise verwendet. Im Germanischen repräsentiere es die Bedeutung „Zeit“. Es bedeute auch Abschnitt, Teil und Abteilung. Diese Bedeutung wurde auch von Forschern anerkannt. Die Dämonen teilten auch die Lebenszeit zu.
Dr. Bernd Bornemann wies zunächst auf die Bedeutung der Rakshasas im altindischen Sanskrit hin. Es handele sich dabei um die „Beschädigten“. In der Mythologie seien es die Feinde der Menschen. Rakshasas bedeute auch „von den Weisen abstammend“. Sie seien mit den Vampiren in unserem Kulturkreis vergleichbar. Einige der Dämonen unterstützten aber auch das Gute. Apsaras seien halbmenschliche, halbgöttliche Frauen und später im Buddhismus von Brahma persönlich geschaffene Hofdamen. Im Palast des Gottes Indrah seien es sehr himmlische Tänzerinnen gewesen, die in Angkor zur Unterhaltung der Götter gedient hätten. In Kambodscha habe es Reliefs von tanzenden Apsaras in den Tempeln gegeben, die mit unseren Engeln in etwa vergleichbar seien. Der Erzengel Michael sei auf einem Bild als Drachentöter gezeigt worden. Judentum und Christentum wurzelten in der Engeldarstellung. Michael sei ein Bezwinger Satans, er habe Satan auf die Erde gestürzt. Auch im Koran tauche der Engel auf. Michael sei in drei Religionen zu finden.
Dr, Bernd Bornemann wies auch auf folgende Bücher hin: „Ahasver“ von Stefan Heym, „Der Kampf mit dem Dämon“ von Stefan Zweig, „Das Reich der niederen Dämonen“ von Ernst Nikisch und „Die Welle ist das Meer“ – „Mystische Spiritualität“ von Williges Jäger, erschienen bei Herder Spektrum, Freiburg im Breisgau, 2000.
Das Buch „Macht ohne Moral“ des spanischen Philosophen Heleno Sana handele von Projektionen des Bösen. George Bush sei der größte Fundamentalist gewesen.
Hauptanliegen sei es gewesen, das Dämonische herauszugreifen. Es sei eine Heilung durch morphogenetische Felder, Liebe und Energie möglich. Die heilenden Kräfte könnten aufgrund der morphogenetischen Felder Helfer sein. Auch Gebete könnten helfen. Die wörtliche Übersetzung des griechischen Wortes „Dämonen“ bedeute abgespalten. Es handele sich bei den Dämonen um unsere Schatten , dem Licht abgewandte Seite unseres Bewusstseins, um unser Bewusstsein, unsere Ängste oder Depressionen unterschiedlicher Herkunft, abgespalten von unserem Bewusstsein. Es sei die neurotische oder kranke, aufgewühlte Seite unserer Seele. Die Dämonen seien Teil unserer Seele, wir würden sie nicht los, wenn wir sie zu bekämpfen versuchten. Die Dämonen neigten dazu, dass man sie nach außen projiziere, dass man andere wie z.B. Juden, Heiden, Nationalsozialisten oder Ausländer verteufelten. Die anderen seien die Schlechten und Bösen. Auch die Terroristen erschienen als die Verkörperung desselben. Es sei Aufgabe und Ziel, diese Projektionen zurückzunehmen und das Böse und das negative in uns selbst zu erkennen.
Dr. Bernd Bornemann rezitierte dann einfühlsam und nuanciert das versöhnende Gedicht „Rettung meines Schutzengels“. Es sei ein Beweis für die guten Seiten des Menschen.
Christa von Koenen rezitierte dann einfühlsam, nuanciert und akzentuiert das „Engelslied“ aus Rainer Maria Rilkes Gedichtband „Mir zur Feier“, das sie auch kenntnisreich und beherzt interpretierte.
Lutz Gallinat gab dann eine kurze Einführung in das Leben und Werk Rainer Maria Rilkes.
Rainer (Rene) wurde am 4.12.1875 in Prag geboren und starb am 29.12.1926 in Val Mont bei Montreux.
Er vollzog unter Einfluss Rodins mit den „Neuen Gedichten“ die Wendung vom Verschwommen-Gefühlvollen zum präzisen objektiv-gestalthaften Dinggedicht mit völliger Preisgabe des lyrischen Ichs an die aus ihrem Wesen heraus erfassten Dinge und gelangte nach einer schweren seelischen Krise in der Begegnung mit der Existenzphilosophie kierkegaards und der Aufgabe seines bisher geborgenen, gotterfüllten Weltbildes, deren Niederschlag „Malte Laurids Brigge“ darstellt, in der kühnen, harten freirhythmischen Form der stark gedanklich überhöhten „Duineser Elegien“ und der „Sonette an Orpheus“ als Gipfel seines Schaffens, Verarbeitung und Überwindung der Existenzproblematik des 20.Jahrhunderts zu einem neuen, positiven Weltbild.
Durch seine hervorragende Sprach- und Formbegabung meisterhafter Übersetzer: L.labe, Michelangelo, E.Barrett-Browning, Mallarme, Verlaine, A.Gide, P.Valery, jacobsen u.a. Er schrieb auch Lyrik in französischer Sprache.
Die Texte aus „Mir zur Feier“ stehen unter dem Einfluss Jacobsens. Mit den Komplexen Ich, Ding, Gott und Wort (Sprache) kommt Rilke zu seinem eigentlichen Thema. In den Engelsliedern“ wird die später so entscheidende Gestalt des Engels präformiert, wenn ihr auch hier noch Aspekte des kindlichen Schutzengels anhaften. Die Gestalten der Mädchen verkörpern „Formen des rinnenden Lebens“, „Sehnsucht und Erwartung“. In ihrer Uneindeutigkeit zwischen Kind und Frau spiegeln sie Rilkes Übergang zu dichterischer Selbständigkeit. Die pantheistischen Verse aus „Im All-Einen“ schließlich leiten zu Rilkes erster großer Leistung über, dem „Stundenbuch“.
Der Lyrikband „Mir zur Feier“ ist geprägt durch preziöse Formkunst im Stil des dekadenten Fin de siecle von stimmungsvoller, konturloser Sehnsucht und Schwermut, er ist auch Ausdruck melodisch-träumerischer, bilderreicher, doch unverbindlich-neuromantischer Stimmung in virtuoser Sprache mit Vorliebe für das Engagement.
Die Reihe „Engel und Dämonen“ wird mit einer Matinee am Sonntag, dem 9.November 2014, um 11.00 Uhr im „Salon Utopia“ fortgesetzt. Johannes Dahl wird dann über das Werk des spanischen Philosophen Heleno Sana sprechen. Dr. Bernd Bornemann wird über Engel in der Kunst referieren. Lutz Gallinat wird über den Engelsbegriff bei Stefan George und Walter Benjamin und über „Die Dämonen“ von Fedor Michajlovic Dostoevskij sprechen.
Lutz Gallinat