Schleswig-Holsteins Schulen wappnen sich gegen Cybermobbing
Mobbing an Schulen ist keine Randerscheinung. Während früher die Beleidigungen nach Schulende vorbei waren, werden sie heute oft im Internet mithilfe digitaler Medien fortgesetzt. Das Fatale am sogenannten „Cybermobbing“: Gerüchte oder demütigende Bilder sind einem unbekannten und breiten Publikum zugänglich – und das auf unbestimmte Zeit. Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) ist bereits mehr als jeder dritte Jugendliche schon einmal Opfer von Angriffen im Internet gewesen.
Um dagegen vorzugehen, hat die TK gemeinsam mit dem Schleswig-Holsteinischen Ministerium für Schule und Berufsbildung, dem Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen (IQSH) sowie dem Kinder- und Jugendschutz e.V. (AKJS) ihr Projekt „Mobbingfreie Schule“ vor genau einem Jahr ausgeweitet. Das neue Modul „Cybermobbing“ soll potentielle Täter wie auch Opfer im Unterricht erreichen und für das Thema sensibilisieren. Bei den Lehrkräften im Land kam der neue Baustein gut an: Seit Anfang des Jahres haben sich bereits rund 150 Pädagoginnen und Pädagogen an über 90 Schulen des Landes an der vom IQSH durchgeführten Fortbildung für das Modul ausbilden lassen. Auch für das kommende Jahr liegen bereits Anmeldungen vor.
Herzstück des Moduls ist ein Film über einen Jungen, der im sozialen Netzwerk zum Mobbingopfer wird. Das Video zeigt, welche Mobbingarten es gibt und wie schwierig es ist, sich zur Wehr zu setzen. „Der Film hat die Schüler sehr gerührt und sie haben sich mit den darauf aufbauenden Arbeitsaufträgen intensiv auseinandergesetzt“, sagt die Lehrerin einer siebten Klasse aus Flensburg. „Den TK-Koffer setzen wir auch beim sozialen Kompetenztraining an unserer Schule ein.“
Die Materialien sollen nicht nur Heranwachsenden helfen, Mobbing vorzubeugen, sondern auch Lehrkräfte und Eltern gleichermaßen unterstützen, Symptome frühzeitig zu erkennen und gezielt zu intervenieren. Eine spezielle Elterninformationsbroschüre mit Hinweisen, wenn beispielsweise das eigene Kind Opfer oder Täter ist beziehungsweise einen Vorfall beobachtet hat, ist zusätzlich eine Hilfe im außerschulischen Bereich.
„Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Cybermobbing eine weit verbreitete Realität ist. Betroffene Kinder leiden häufig Jahre lang an den seelischen und körperlichen Folgen. Deshalb ist es wichtig, dass alle Beteiligten genau hinschauen und sich im Ernstfall richtig verhalten“, sagt Dr. Johann Brunkhorst, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein.
„Um das Projekt noch nachhaltiger zu unterstützen, bieten wir seit diesem Schuljahr in Kooperation mit den Jugendschützern der Kreise und Städte regionale Fortbildungskurse zum Mobbingberater an“, sagt Christa Wanzeck-Sielert, Leiterin des IQSH-Zentrums für Prävention. Diese Kurse stießen ebenfalls auf eine große Resonanz.
Zum Hintergrund:
Für die Forsa-Umfrage wurden im Jahre 2011 in Deutschland 1.000 Schüler zwischen 14 und 20 Jahren telefonisch interviewt.
Im Schuljahr 2009/2010 hat die TK in Schleswig-Holstein zusammen mit dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft die Aktion „Mobbingfreie Schule – gemeinsam Klasse sein“ ins Leben gerufen. Dabei werden Lehrkräfte der Jahrgänge fünf und sieben weiterführender Schulen fortgebildet und erhalten daraufhin für ihre Schule den „Anti-Mobbing-Koffer“. Dieser enthält umfangreiches Material für eine Projektwoche, in der der Zusammenhalt in der Klasse nachhaltig gestärkt werden soll. Die TK hat den Schulen in Schleswig-Holstein bisher 1.000 Koffer zur Verfügung gestellt.
Das Modul „Cybermobbing richtet sich an die siebten Klassen und kann ebenfalls über das IQSH in Verbindung mit einer entsprechenden Fortbildung angefordert werden.