Türkei: Eine der ältesten Kirchen angegriffen
Türkei: Eine der ältesten Kirchen angegriffen – Eine der ältesten Kirchen der Welt wurde am 28. Januar bei heftigen Kämpfen zwischen kurdischen Separatisten und türkischen Truppen beschädigt. Im Anschluss beschuldigten türkische Medien die Christen, Beziehungen zu terroristischen Gruppierungen zu unterhalten.
Im Sommer 2015 war der ethnische Konflikt zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Minderheit eskaliert, wodurch besonders der südöstliche Teil des Landes in einen bürgerkriegsartigen Zustand geriet. In diesem Gebiet haben schon seit langer Zeit syrisch-orthodoxe Christen gelebt. Anfang Dezember 2015 erreichte die Gewalt den Teil der Stadt Diyarbakir, in dem die 1.700 Jahre alte syrisch-orthodoxe Kirche steht.
Am 26. Januar ordnete die Regierung aufgrund der Straßenkämpfe zwischen der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und türkischen Streitkräften eine Evakuierung des Stadtviertels an. Der Pastor der Kirche, Yusuf Akbulut, hatte sich zunächst geweigert, die Kirche zu verlassen, weil er befürchtete, dass das dann leerstehende Gebäude durch einen Luftangriff dem Erdboden gleichgemacht werden würde. Doch dann waren die Explosionen vor seiner Haustür so stark geworden, dass er befürchtete, das Haus würde zusammenbrechen. Also floh er mit seiner Frau.
Verleumdung durch Medienberichte
Ein Teil der Mauer, welcher die Kirche umgibt, wurde durch Panzerfäuste zerstört. Yusuf Akbulut und seine Frau konnten noch nicht wieder nach Hause zurückkehren, da die Kämpfe weiterhin andauern. Als ob diese Situation nicht schon schwierig genug wäre, berichteten türkische Medien nach dem Angriff, die Kirche stehe mit den kurdischen Separatisten der PKK in Verbindung. Zeitungsmeldungen zufolge sei ein Versteck für Munition und Sprengstoff an der Seite der Kirche gefunden worden. Akbulut wies alle Verdächtigungen, Beziehungen zu gewalttätigen Terroristen zu pflegen, als Verleumdung zurück.
„Wir kennen das Ziel solcher Berichte, die hasserfüllt und völlig erfunden sind“, erklärte Evgin Turker, der Präsident des Verbundes syrischer Stiftungen. „Nachdem die Nachrichten veröffentlicht wurden, hagelte es von allen Seiten Drohungen gegen uns.“ Dabei hatten türkische Kirchenführer bereits zuvor die Gewalt vonseiten der PKK verurteilt und zur friedlichen Lösung des Konflikts aufgerufen. Auch Christen anderer Denominationen sind von der Gewalt betroffen. Eine protestantische Gemeinde, die sich direkt gegenüber der syrisch-orthodoxen Kirche trifft, kann schon seit zwei Monaten keine regulären Gottesdienste mehr abhalten.
„Diese Kirche ist ein Symbol für den christlichen Glauben. Sie ist ein heiliger Ort“, sagt Pastor Akbulut. Seit Jahrhunderten kamen bedeutende Geistliche aus dieser Kirche. Erst in jüngster Zeit wurde sie aufwändig restauriert. Aufgrund der allgemeinen Restriktionen gegen Kirchen wird es sehr schwierig bis unmöglich sein, Reparaturarbeiten an dem beschädigten Gebäude durchzuführen.
Zunehmende Islamisierung und Nationalismus
In der Türkei gibt es keine Pressefreiheit, die Medien werden stark zensiert. Die regierende Partei AKP verfolgt eine Politik der Islamisierung des Landes, in deren Konsequenz die christliche Minderheit immer häufiger diskriminiert und bedroht wird. Dabei werden auch Mitglieder traditioneller Kirchen überwacht und in ihren Aktivitäten eingeschränkt. Im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die kurdische Bevölkerung hat der türkische Nationalismus noch weiter zugenommen. Gegen Christen werden starke Vorurteile geschürt, die in den lokalen Medien verbreitet werden.
Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors nimmt die Türkei derzeit Platz 45 derjenigen Länder ein, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Im vergangenen Jahr haben die gewaltsamen Übergriffe gegen Christen zugenommen.
Quellen: World Watch Monitor, Open Doors