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Verstehen ist eine Reise im Land des anderen: Ein Jahr Taekwondo-Zentrum Enver Duman

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Kaum zu glauben: Aber das Taekwondo – Zentrum Enver Duman besteht nun schon seit einem Jahr. Der Sprung ins „kalte Wasser“ des neuen Standortes Lübeck Am Waldsaum 2/’Ecke Heiligen-Geist-Kamp ist geglückt. Denn Enver Duman sieht seine Erwartungen als erfüllt. Lübeck hat diese Neugründung gut angenommen. Nun heißt es, die Arbeit mit weiter großem Engagement fortzusetzen. Herzlich willkommen daher zu einem weiteren Tag der Offenen Tür nun am Sonnabend, dem 5. Mai 2007, zwischen 15 und 18 Uhr. Wie an diesen Tagen zuvor wird das Zentrum, aber vor allem zwischen 16 und 17 Uhr wieder das Training und der Entwicklungsstand der jungen wie älteren Schülerinnen und Schüler vorgestellt. Auch diese besondere Stunde beginnt mit einer „Solo“ – Vorführung Enver Dumans.

Enver Duman stellt sich vor
Die Lübecker Stadtzeitung nahm aus Anlass seines kleinen „Jubiläums“, des ersten und damit schwierigstem Jahr, Gelegenheit, mit Enver Duman über seine Person und seine „Philosophie“ um sein Taekwondo Zentrum und dessen Leitbild „Denken und Bewegen“ zu plaudern. 1960 in Istanbul geboren, zog er 1974 mit seinen Eltern nach Kiel. Diese gingen gut sechs Jahre später wieder zurück. Seine Absicht in Deutschland zu bleiben, zeigte schon damals, dass er sich zu entscheiden wusste und bis heute weiß. Für den jungen Türken, dann auch seit 1997 als Deutscher. Darauf ist er übrigens, wie er unterbricht, ganz besonders stolz: „Ich bin sehr dankbar dafür, hier leben zu dürfen!“ Entscheidungsfreudig auch sein Schritt, mit fast 24 Jahren sein eigenes Taekwondo Zentrum auf Fehmarn zu gründen, es nach vielen Jahren zu schließen und in Lübeck neu zu eröffnen. Eine gute Entscheidung wohl auch seine und die seiner Frau Katharina, zu heiraten. Schließlich heißt das Geschenk dafür „Suna“, das im August geborene Töchterchen. Dafür dankt er von ganzem Herzen, denkt dabei auch an die „großartigen Schwestern“ im Marienkrankenhaus.

Mit Sicherheit hat ihn in und seit dieser Zeit der Sport geprägt. Dieser sein Sport hieß damals schon Taekwondo, den ihm der „Vater“ des Taekwondo für Norddeutschland, der Trainer und 7. Dan Großmeister Hans – Ferdinand Hunkel im „Tangun Kiel“ vermittelte. Schon früh lernte Enver Duman also, selbstbewusst zu sein und Verantwortung zu übernehmen. Vor allem für sich, als er die Entscheidung traf, in Deutschland zu bleiben. Entscheidungen, die die Weichen stellten für sein künftiges Leben. Den sportlichen Weg dabei anders als sein Meister zu gehen, nämlich das Denken vor das Bewegen zu setzen, ist eine weitere Entscheidung, die letztlich zu dem von ihm entwickelten „Enver Duman System“ geführt hat. Sein Denken ist beeinflusst von den großen Philosophen dieser Welt. Kaum eine Stelle an den Wänden seines Zentrum – Empfangs, an dem nicht ein großes Taekwondo – Poster mit Weisheiten dieser Philosophen geschmückt ist. Übrigens schreibt er selbst Gedichte, wovon unter anderem eines bereits 1997 in „Die Welt“ veröffentlicht wurde. Sein erstes Ziel, das er daher mit seinen Schülern – und dabei immer individuell – erreichen will, ist, diese stabil von innen nach außen zu machen. Wie bei einem Baum, der erst von Stützen umsorgt wird, und der irgendwann selbst stark genug ist, voller Kraft selbst zu stehen. Heißt demnach, seine Schüler so lange zu begleiten, wie sie seine Hilfe brauchen. Das gilt im freien Denken wie im Handeln.

Taekwondo ist Kampfsport
Stellt sich die Frage, was Taekwondo für Enver Duman ist und damit für seine Schüler sein soll: Taekwondo ist Kampfsport. Richtig. Aber der Kampf findet für ihn eben doch zunächst im Inneren statt. Zu bekämpfen ist Negative, der schlechte Gedanke als der eigentliche Feind. Bis dahin, innerlichen Frieden zu finden, zu friedlichem und damit „richtigem“ Verhalten. „Einfach leben, edel denken“, sagt Enver Duman. „Mit Herz eben“! Oder: Besagte Verantwortung übernehmen für sich selbst, seine Familie – den Mitmenschen gegenüber. So beginnt für Enver Duman die „gerechte“ Gesellschaft, beginnt im Grunde im eigenen Vorleben. Vorleben nach Werten wie Liebe, Respekt, Rücksichtnahme, nur um einige zu nennen. Auch Toleranz, selbstverständlich. Aber da blitzen die Augen Enver Dumans: „Doch die hat gewisse Grenzen! Eindeutig; denn sie darf nicht zur Selbstaufgabe führen“! Seine Schüler sollen mit der Zeit zu besagtem Selbstbewusstsein, aber auch Selbstvertrauen, Stolz und Wertschätzung dann auch der eigenen Person finden. Nur so und mit stark ausgeprägtem Willen lässt es sich mit den verschiedensten Situationen fertig werden. „Meine Schüler sind für mich wie ein ungeschliffener Stein, an dem ich arbeite. An jedem anders sicherlich – so wie jeder Mensch anders ist als ein anderer. Aber immer nach individuellen geistigen wie körperlichen Möglichkeiten“, beschreibt Enver Duman seine Einstellung. Beschreibt in diesem Gespräch so gut wie nicht Taekwondo als „Bewegen“. „Das zeige ich beispielsweise auf dem Tag der Offenen Tür“, lacht er. Seine Bescheidenheit ehrt ihn: Immerhin hat er in New York die 4. Dan – Prüfung abgelegt, als vielfacher Meister fast die ganze Welt gesehen und wurde vom koreanischen Taekwondo – Verband besonders ausgezeichnet. Auch die sportlichen Erfolge seiner Ehefrau Katharina können sich sehen lassen.

Denken als Vorgabe
„Oftmals wird wenig Mitgefühl, wenig Rücksichtnahme mitgebracht – ein Spiegel der Gesellschaft. Diese kann nur verändert werden, wenn man sich selbst verändert“, stellt Enver Duman fest. Das beginnt bei jedem einzelnen, wie er anfügt. Auch wenn jeder eine andere Erwartung hat. „Das Leben verändert sich ständig“, seine Überlegung weiter. Wer jedoch seinen Blick nicht nach innen wendet, wird sich nicht verändern, wird sich selbst nicht finden und damit auf der Suche bleiben. Immer wieder in sich selbst hinein zu schauen, zu hören, sein eigenes, aber auch das Verhalten anderer kritisch zu beobachten, hilft dabei. Man muss sich außerdem klar darüber sein, dass das Leben „endlich“ ist, egal ob man arm ist oder reich. „Man stirbt sogar täglich ein wenig“, sinnt Enver Duman. „Aber Denken und Bewegen hält das durchaus auch auf!“ Geholfen in seinem Denken haben ihm Vorbilder. Als Kind waren es Mutter und Vater, seine Familie. Im Denken genannte Philosophen. Den türkischen Philosophen Fazil Hüsnü Daglarca schätzt er ganz besonders. Er ist sein bester Freund, und mit ihm telefoniert er regelmäßig jede Woche. Daher setzt Enver Duman einige dessen Verse an das Ende des Gesprächs:

Sternengeschichte

Schicksal haben wir die Sterne genannt
haben sie beobachtet
von schiffen
und Bergen aus

Unser Leiden haben wir von ihnen erfragt
unser Leben
unser Sterben
haben ihnen gelauscht tausende von Jahren

und wie haben wir uns aufgetrennt
später in Land Land Land
Heimat Heimat Heimat
während doch die Sterne
uns niemals unterscheiden.