„Das Evangelium der Unschuld“ von Achim Elfers
Viele fortgeschrittene Theologen sind ihrer Quelle fortgeschritten.
Oder sie schritten in ihren Fortschritten im Kreise um das Licht,
doch nicht zu ihm hin. Die meisten Christen glauben an einen
Christus, den sie nicht verstehen. Zugleich glauben sie
antagonistisch an die Wahrheit der Welt, die den Christus ablehnt und
mit dem Christus auch nicht in Einklang zu bringen ist. Nun gewährt
ein neues Buch tiefe Einblicke in die Legenden um Jesus und in die
Botschaft Christi. Vielleicht ist das ja etwas für Sie und Ihren
Feuilleton?
„Das Evangelium der Unschuld“ von Achim Elfers,
erschienen im Verlag Ch. Möllmann.„Quid est veritas? – Was ist Wahrheit?“, ist die bekannte Frage des
Heiden Pontius Pilatus. Die Christgläubigen sind geneigt zu bekennen,
dass der Christus die Wahrheit sei (Joh 14,6). Was aber ist der
Christus, dass er nicht einfach die Wahrheit sage, sondern sie sei?
Und muss die Christus-Wahrheit nicht etwas weit Höheres sein denn
bloße „Ungelogenheit“ oder die „Zutreffendheit einer Aussage“ oder
deren „Übereinstimmung mit einem Gegenstande“, den wir ja doch nicht
vollständig und umfassend trefflich zu beurteilen vermögen? Muss sie
nicht auch die Unschuld implizieren oder gar sein, die der Christus
als Erlöser aus Sünde und Schuld uns gewährt? Wieso aber glauben so
viele Menschen an den Christus und dennoch an die Wahrheit der
Schuld? Wissen sie denn genau, an was sie da glauben? Wissen sie, was
der Christus sei?
Dieser zumeist ungekannte und ungewusste Christus ist höchst
merkwürdig. Er begegnet dem Menschen gern in einer ihm unliebsamen,
ja: widerwärtigen Gestalt. So kam er einst nicht als prachtvoll
strahlender König mit unüberwindlichen Heerscharen, um die Feinde
Israels ruhmreich zu besiegen, sondern als ärmlich staubiger
Wanderprediger mit einer langhaarigen Jüngerhorde, um den
Feindglauben Israels ungerühmt zu vergeben. So entging den meisten
Zeitgenossen jenes Wanderpredigers die Größe Christi hinter der
weltlichen Kleinheit Jesu.
Nun ist ein neues Buch erschienen, dessen Botschaft bisher so einsam
verschallt, wie wohl die ersten Predigten des Johannes des Täufers in
der Wüste. „Das Evangelium der Unschuld“ von Achim Elfers predigt das
Evangelium Jesu in einer Sprache, die den gewohnheitlichen
Erwartungen nicht entspricht. Da werden ‚Synagoge‘ und ‚Sympathie‘
mit u statt y geschrieben (wie ja auch in ‚Musik‘ oder ‚Lukas‘), ‚da‘
mit r am Ende (wie ja auch in ‚dar-an‘, ‚dar-unter‘, ‚dar-stellen‘),
‚Gleichnis‘ mit doppeltem s (wie ja auch im Plural) und
latinisiert-verdeutschte Namen wie ‚Jesus‘, ‚Judas‘ und ‚Jerusalem‘
werden zu ‚Jeschua‘, ‚Jehuda‘ und ‚Jeruschalajim‘ rehebraifiziert.
Wozu all das? Soll etwa hinter einer sprachlich unliebsamen Gestalt
wiederum der Christus oder seine Botschaft verkannt werden?
Der Mensch – auch der gebildete! – möge nicht seine Gewohnheit mit
Wissenschaft verwechseln und nicht seine bodenständige Umgangssprache
mit der tief reichenden Sprache für Gottes bodenloses Wort. Hinter
der ungewohnten Gestalt der Elfersschen Kunstsprache atmet der Geist
des Erkennens der Unschuld. Dieser aber wird nur äußerst schwer
willkommen geheißen werden, so lange der Mensch noch an die
vermeintlich bewiesene Wahrheit seiner sprachlich fixierten
Denkgewohnheiten und seines Schulddenkens glaubt.
Ist aber die Schuld wahr? Kann sie dies sein, wenn der Christus die
Wahrheit ist, welcher aus der Schuld erlöst? Die Menschheit ist aber
noch nicht aus der Schuld erlöst, nur weil Jeschua am Kreuze starb,
denn die meisten Menschen wohnen gedanklich immer noch in ihr und sie
in ihnen. Tagtäglich wird dies offenbar und der Mensch bemerkt es
zumeist nicht. Er weiß nicht, dass er an Schuld glaubt und dies nur
aus dem Grunde glauben kann, weil er eben nicht an den Christus
glaubt, sondern höchstens an „den lieben Herrn Jesus“. Er weiß nicht,
dass der Christus die Einsheit der Menschen wie der ganzen ewigen
Schöpfung ist, darinnen der Schaden unmöglich ist, auf den er sein
eben nur weltliches Schulddenken stützt. Er glaubt ja an die
vergängliche Welt als Wahrheit und setzt sie gedankenprüflos mit der
unvergänglichen Schöpfung gleich und staunt dann bestürzt, wenn diese
Welt und deren Dinge, an die er sein Herz gehängt hat, zerstört
werden und vergehen, obwohl die Schöpfung ewig ist. Das Vergehen der
Dinge aber, an die er wider die biblische Empfehlung sein Herz
gehängt hat, wertet er als den Schaden, welchen er als Grundlage für
seinen streng genommen doch eher heidnisch anmutenden Schuldglauben
verwendet. Jesus starb aber am Kreuze erst dann auch für ihn, wenn er
diese Grundlage und den auf ihr genährten Schuldglauben zu revidieren
bereit ist.
Im „Evangelium der Unschuld“ wird nun in ungewohnter und dennoch
schöner, poetischer, tiefsinniger Sprache erzählend (und in der
Exegese zudem kritisch) beschrieben, dass Unschuld nicht allein durch
ehrbare Gesetzestreue und Unterlassung des verbrecherischen
Gesetzesbruches entsteht, sondern erst durch dessen Vergebung. Die
Weisung wird demnach nicht durch buchstabengemäße Gesetzesbefolgung;
sondern durch die Vergebung des Bruches ihres Buchstabens vollendet.
Die Schau der Unschuld des Verbrechers wird als der Weg zu der
Eröffnung der eigenen Unschuld benannt. So werden die bekannten
Legenden und Geschehnisse um Jesus so erzählt, dass bei allen
Beteiligten der Unschuldsgedanke lebt. In dem Ereignis der nicht
statt gefundenen Steinigung der Ehebrecherin laufen die Pharisäer und
Schriftgelehrten nicht boshaft oder verstockt weg und „dachten, wie
sie ihn umbrächten“, sondern nach Jesu Wort: “ … werfe also jener
unter Euch, der gänzlich ohne Schuld, den erste Stein!“ bekennen sie
aufrichtig nach kurzem Besinnen: „Rabbi, keiner unter uns ist
gänzlich ohne Schuld. So wirf Du den ersten Stein!“ Er aber lächelte
und sprach: „Wer dar ohne Schuld ist, der schaut einzig seines
Nächsten Unschuld.“ Dar widersprachen sie ihm: „Aber Rabbi! Ihre
Schuld ist doch erwiesen!“ Und er fragte sie: „Und ist Eu’re Schuld
nicht auch erwiesen? Nicht verurteilt sie, und auch Ihr werdet nicht
verurteilt, denn Vergebung ist der Weg zu’r Unschuld.“
Das ist bis auf das Lächeln Jesu eigentlich dem Wesen nach nicht neu,
jedoch noch immer genau so brisant und spannend wie vor zweitausend
Jahren, wenn man sich gedanklich darauf einlässt. Möge es nicht
abermals an der üblichen schuldgläubigen Verfallenheit der Menschen
an die Welt abprallen wie seit Jesus immer wieder.
Über das Buch siehe: www.chmoellmann.de
Über den Autoren siehe: www.sternensohn.de
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Achim Elfers – Autor
Christoph Möllmann – Verleger
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