Medibüro Kiel: Gesundheitsversorgung auch für Menschen ohne Papiere ermöglichen! Medibüro Kiel unterstützt Landtags-Antrag für anonymen Krankenschein
Das Medibüro Kiel unterstützt den Antrag der Fraktionen Die LINKE und Bündnis 90 / Die GRÜNEN, der am Freitag, 24. Februar auf der Tagesordnung des Kieler Landtags steht und Menschen ohne Aufenthaltsstatus Zugang zu Gesundheitsversorgung ermöglichen soll.
Deutschland hat eines der am höchsten entwickelten Gesundheitssysteme der Welt. Dennoch fallen manche durch das medizinische Netz. Betroffen sind besonders Menschen, die sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufhalten. Schätzungen gehen von bis zu einer Million Menschen ohne Papiere aus. Das restriktive deutsche Asyl- und Aufenthaltsrecht drängt sie in die Illegalität.
Besonders problematisch wird es, wenn jemand krank oder schwanger wird, denn Menschen ohne Papiere können keine Krankenversicherung abschließen. Ohne diese jedoch sind die Behandlungskosten meist kaum zu bezahlen. Auch das Sozialamt kann nicht eingeschaltet werden: es ist verpflichtet, den Aufenthaltsstatus zu erheben und der Ausländerbehörde mitzuteilen, die eine Abschiebung einleiten wird(Ausnahme: unaufschiebbare Notfallbehandlungen im Krankenhaus). Till Koch vom Medibüro Kiel stellt fest: „Diese Situation führt dazu, dass Menschen über Monate dringend nötige Behandlungen hinausschieben. Krankheiten, die zunächst gut heilbar gewesen wären, chronifizieren. Frauen durchleben Risikoschwangerschaften oder geraten bei der Geburt ihres Kindes in Lebensgefahr“. Zwar erfahren einige von ihnen schon jetzt Unterstützung z.B. durch das Medibüro Kiel und die kooperierenden Arztpraxen. Diese basiert jedoch ausschließlich auf ehrenamtlichem Engagement und Spenden und ist damit notwendigerweise eng begrenzt.
Im Sozialpakt der Vereinten Nationen verpflichten sich die Unterzeichner in Artikel 12, für jedermann im Krankheitsfall Zugang zu medizinischen Einrichtungen und ärztlicher Betreuung sicherzustellen. „Damit dieses Menschenrecht auch von Menschen ohne Papiere in Anspruch genommen werden kann, müssen Politik und Verwaltung klarstellen, dass sie dies gefahrlos tun können“, so Till Koch vom Medibüro Kiel. „Wir befürworten deshalb das Modell des ‚Anonymen Krankenschein‘, wie der Antrag der Oppositionsparteien im Landtag vorsieht“. Menschen ohne Papiere können sich an eine Clearingstelle wenden, die ihnen bei Bedarf einen Krankenschein ausstellt, mit dem sie sich in ärztliche Behandlung begeben können. Die Ärzte können dann mit dem Sozialamt abrechnen, ohne dass der Ausländerbehörde der fehlende Aufenthaltsstatus mitgeteilt wird. „Dies ergibt sich aus Respekt vor der ärztlichen Schweigepflicht und ist Voraussetzung dafür, dass Menschen ohne Papiere ihr Menschenrecht auf Gesundheitsversorgung wahrnehmen können“, betont Till Koch vom Medibüro Kiel. Dieses Anliegen trifft auch auf Unterstützung in der Bevölkerung: für einen Zugang zu Notfallversorgung unabhängig vom Aufenthaltsstatus sprechen sich laut einer Studie des Marschall-Instituts 8 von 10 Deutschen aus, immer noch weit über die Hälfte sind der Meinung, dies solle für jede medizinische Hilfe gelten.