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Trauriger Rekord: Berliner Sozialgericht verzeichnet 100.000 Hartz IV-Verfahren

Berlin/Herten. Zur Jahresmitte musste das Sozialgericht Berlin mit einem traurigen Rekord aufwarten. Im Juni wurde das 100.000. Verfahren im Bereich der Hartz IV Umsetzung eröffnet. Kaum ein anderer Bereich der deutschen Gesetzgebung ist so umstritten und juristisch auffällig wie das Regelwerk im SGB II, das Leistungen und Unterstützung für Langzeitarbeitslose regelt. Je länger das Gesetz in Kraft ist, desto mehr steigt die Zahl der Klagen und Verfahren – mit deutlich zunehmender Tendenz. Das Berliner Sozialgericht spricht inzwischen von einer „dramatisch wachsenden Klagewelle“ mit bereits annähernd Zehntausend eröffneten Verfahren allein im laufenden Jahr.Widerspruchsflut durch unklare Gesetzeslage und Intransparenz Am häufigsten beziehen sich Widersprüche und Klagen auf die nicht klar geregelte Übernahme von Unterkunftskosten, die Einkommensanrechnung, Rückforderungen und ausgesprochene Sanktionen. Während der so genannte Regelsatz klar festgelegt ist, gibt es z.B. für die Übernahme der Heiz- oder Wohnnebenkosten keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen. Unklarheiten in Gesetz und Rechtsprechung belasten neben den Sozialgerichten auch die Sozialverwaltungen. „Bei unseren Kunden verzeichnen wir ein ausgeprägtes Bewusstsein was die rechtssichere Bescheiderstellung angeht“, berichtet Bernhard Steffen, Leiter des Produktbereiches Soziales von PROSOZ Herten, dem Marktführer für kommunale IT-Lösungen im Bereich der Sozialen Sicherung. Eine Vielzahl von Novellierungen und Einzelurteilen hat das SGB II zu einem stetigen Entwicklungsbereich werden lassen. „Auch unsere Software müssen wir daher stetig weiter entwickeln. Dass wir dies im engen Dialog mit Amtsleitungen und Sachbearbeitern tun können, hilft uns entscheidend weiter“, so Bernhard Steffen.

Kommunale Flexibilität kann Anfechtungen entgegenwirken Auf kommunaler Ebene ist die Verfahrensflut in Sachen Hatz IV eine deutlich spürbare Belastung. Neben den Jobcentern bzw. Arbeitsgemeinschaften aus kommunalen Sozialämtern und Arbeitsagentur betrifft dies auch die Optionskommunen. Diese ausgewählten Kreise und kreisfreien Städte nehmen alle Aufgaben der Betreuung von Langzeitarbeitslosen in kommunaler Eigenregie wahr. Ein Modell, das sich durchaus bewährt hat und im Zuge der neuesten Grundgesetzänderung bundesweit auf ein Viertel aller Kommunen ausgeweitet werden soll. Hier erweist sich die Betreuung und Vermittlung der Langzeitarbeitslosen durch das Know-how vor Ort auch bei der rechtssicheren Anwendung der Hartz IV-Gesetze als positiv.

Reduzierung von Widerspruchsquoten durch Transparenz und gezielte Software-Unterstützung Die für die Betroffenen nicht immer verständlichen Bescheide haben einen nicht unerheblichen Anteil an der hohen Zahl von Klagen, die bei den Sozialgerichten zu einem kaum noch zu bewältigenden Verfahrensstau geführt hat. Neben den häufig persönlich als ungerecht empfundenen Ablehnungen und Rückforderungen sind viele Widersprüche hierauf zurückzuführen. Vorbeugende Maßnahmen durch verständliche Vermittlung von Entscheiden und Auszahlungsberechnungen können sich damit durchaus auszahlen. „Gerade im Bereich der Unterkunftskosten haben unsere Kunden durch verständliche Bescheide mit transparenten Nachweisen die Belastungen durch Widersprüche erheblich senken können“ bestätigt Claus Ulrich Schiller aus der Fach- und Organisationsberatung der PROSOZ Herten GmbH. Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen aus Berlin; „Zahlreiche Klagen wären vermeidbar, wenn Bescheide bürgerfreundlicher formuliert wären“, so das Fazit der Nachricht zur 100.000. Verfahrenseröffnung der Senatsverwaltung.