Politik & Wirtschaft

Debatte über Reform des Verfassungsschutzes – Innenminister Andreas Breitner: Genau hinsehen und differenziert urteilen

In der Debatte über eine Reform des Verfassungsschutzes in Deutschland hat Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner vor schnellen Fehleranalysen und voreiligen Schlussfolgerungen gewarnt. „“Ohne eine solide Aufarbeitung der Pannen und ihrer Ursachen kann es keine sinnvollen und tragfähigen Beschlüsse für die künftige Arbeit der Verfassungsschutzbehörden geben““, sagte Breitner am Dienstag (28. August) vor Beginn der Innenministerkonferenz in Berlin. Dass ausgerechnet der Bundesinnenminister mit Forderungen nach mehr Kompetenzen für den Bund vorpresche, nannte Breitner angesichts der jüngsten Schredder-Affäre im Bundesamt für Verfassungsschutz einen „Treppenwitz der Geschichte“.

Breitner mahnte, dass das Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter und fehlerhafte Strukturen in einigen Behörden nicht dazu führen dürften, die Arbeit des Verfassungsschutzes insgesamt und pauschal in Zweifel zu ziehen. „“Es geht darum, genau hinzusehen und differenziert zu urteilen““, sagte der Minister. Wo Schwachstellen festgestellt würden, müssten sie sofort und auf Dauer beseitigt werden. Das setze jedoch eine gründliche und ursachenorientierte Aufarbeitung der Vorgänge voraus. Grundsatzdebatten über den Sinn von Geheimdiensten seien überflüssig. „“Wir brauchen den Verfassungsschutz, aber wir brauchen keine Lösungen für Probleme, die es nicht gibt““, sagte Breitner.

Als nicht praktikabel bezeichnete Breitner eine vom Bund vorgeschlagene Aufteilung der Beobachtung in gewaltorientierte Gruppierungen und legalistische Extremisten. Um die einen soll sich das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln kümmern, um die anderen die Länder, so offensichtlich die Vorstellungen des Bundesinnenministers. „“Das geht an der Wirklichkeit vorbei““, sagte der Minister. Es gebe häufig keine klaren Trennungslinien. Die Übergänge seien fließend. Der Verfassungsschutz müsse stets ein Gesamtbild der Lage haben. „“Unser Verfassungsschutz bleibt für alle Formen des Extremismus in Schleswig-Holstein zuständig““, stellte Breitner klar.

Er lehnte zugleich eine Zusammenlegung oder Auflösung der Landesverfassungsschutzbehörden ab. Darüber rede ohnehin niemand mehr, außer der für diese Fragen unkundigen und unzuständigen Bundesjustizministerin. Die föderale Aufgabenverteilung im Bereich der Inneren Sicherheit stehe auch nach den Erkenntnissen um den NSU-Komplex nicht zur Disposition. „“Nicht die Zahl der Behörden ist entscheidend, sondern die Qualität der Zusammenarbeit““, sagte Breitner. Gut aufgestellte Landesbehörden des Verfassungsschutzes mit vertieften Kenntnissen der örtlichen und regionalen Szenen seien zur Beobachtung und Analyse extremistischer Phänomene unabdingbar. Allerdings müssten Potentiale und Ressourcen im Verbund besser genutzt werden. „“Es muss eine noch stärkere Verpflichtung zum Informationsaustausch im Verfassungsschutzverbund geben““, sagte Breitner.

Der Minister sprach sich für eine Stärkung der bereits im Grundgesetz verankerten Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz aus, ohne dadurch die originären Länderkompetenzen einzuschränken. Um eine effektive Zusammenarbeit des Verfassungsschutzverbundes untereinander zu gewährleisten, ist nach Ansicht von Breitner eine starke Bundesbehörde als Zentralstelle erforderlich. Sie soll gesetzliche Koordinierungskompetenzen haben, länderübergreifende Nachrichtensammel- und Analysefunktionen wahrnehmen und das in den Ländern gewonnene Wissen bündeln und den Informationsrücklauf in die Länder sicherstellen. Eine entsprechende Richtlinie soll die Zentralstellenaufgaben und die Zusammenarbeit neu regeln.