Lübeck Lupe

Frieda Biesenthal: Die älteste Taxifahrerin Europas geht in Rente

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Text und Fotos: Wolfgang Freywald

Seit 1943 sitzt sie im Taxi, 1960 war sie in Lübeck die erste Taxifahrerin – heute fährt sie immer noch. „Aber am 6. Februar ist Schluss, dann hört ich auf,“ sagt sie. „Mein Taxischein läuft ab und ich lasse ihn nicht verlängern, ich will nicht mehr.“

Frieda Biesenthal wird in diesem Jahr stolze 85 Jahre alt und ist damit vielleicht Europas dienstälteste Taxifahrerin… „Am Anfang fuhr ich einen großen BMW V 8, da pöbelten mich die Männer an, eine Frau fährt kein Taxi. Heute pöbeln sie mich wieder an, sagen, Frieda hör auf, du bist zu alt. Das ist wirklich nicht schön.“ Die noch unglaublich rüstige Frau ist knapp 1,60 Meter groß, „ich bin jetzt ein bisschen pummelig“, und sie hat schlohweisses Haar. Doch im Autofahren macht ihr kaum einer etwas vor, nach den Kilometern ist sie dreimal um den Erdball gefahren. Sie fährt sehr vor- und umsichtig: „Ich bin sehr korrekt“, fahre nur so, wie es erlaubt ist. Wenn ein Schild mit 30 steht, fahre ich die auch nur.“ Und trotzdem wurde sie einmal erwischt. „Ich bin statt 30 Stundenkilometer 40 gefahren, das war vor 30 Jahren, da musste ich zehn Mark bezahlen. Stammkunden nennen sie Frieda. Ein einziges Mal musste Frieda Biesenthal eine Taxifahrt selbst bezahlen, „mir liefen zwei Typen einfach fort, ohne zu bezahlen.“ Sie fährt gerne Taxi, „das ist mein Leben, ich bin ein Arbeitstier“, sagt die alte Dame. Wenn Fahrgäste mit schweren Koffern kommen, „dann schleppe ich die auch“, erzählt Frieda Biesenthal. Tanzen und Gymnastik halten sie fit, wenn sie nicht gerade am Lenkrad sitzt.

„Jeden Tag fuhr ich, auch an den Wochenenden“, sagt sie, „und ich fuhr sogar schon einmal nach Osnabrück und auch nach Rostock.“ Sie fuhr schon Ivan Rebroff, Paul Kuhn, Nino de Angelo, Gotthilf Fischer und Gerda Steiner.

Regelmäßig wurde sie von Ärzten auf Herz und Nieren durchgecheckt, immer alles in Ordnung. Und weil sich eine Frau vor gut zwei Jahren beschwerte, „dass Frieda durch die Stadt schleicht“, musste sie erneut eine Fahrprüfung machen, die bestand sie mit Bravour. Später stellte sich heraus, das die Frau nur auf Frieda nicht gut zu sprechen war, „was soll`s, die bestandene Prüfung zeigt doch, das ich es noch kann.“

In den vielen Jahren hat sie etwa 10 Taxis gehabt, zwei davon fuhr man ihr Schrott. „Der eine Unfall war ganz schön schlimm. Ich stand am Halteplatz an der Schwartauer Allee und las Zeitung. Da krachte mir mit voller Wucht ein Auto hinten drauf, ich erlitt schmerzhafte Schulter- und Armprellungen.“

1939 kam sie von Karlsruhe in die Hansestadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg lenkte Frieda Biesenthal schwere Lastwagen für eine Spedition, bis sie schliesslich Taxifahrerin wurde. „Zuerst fuhr ich nach Feierabend, dann ging es richtig los.“ Im September (15.9.) hat sie Geburtstag, zu ihrem 80igsten, im Jahr 2000, lud Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe sie zum Kaffeetrinken ins Rathaus ein. Frieda Biesenthal war viermal verheiratet, ihr erster Mann kam 1944 nicht aus dem Krieg zurück. Seit 1970 ist sie nun alleine, von den anderen Männern liess sie sich scheiden, oder sie starben vor ihr. Sie hat vier Kinder, das erste starb bei einem Unfall, die drei anderen sind heute 54, 52 und 50 Jahre alt. „Viel Geld konnte ich nicht zurücklegen, ich habe nur knapp 500 Euro Rente. Da muss ich mir was zuverdienen, denn das Geld ist einfach knapp.“
Nun will die Taxi-Institution in Lübeck mit der Taxi-Nr. 77 ihren Lebensabend genießen und sich ihren Hobbys, tanzen und Reisen. Ade Frieda, alles Gute für die Zukunft.