Politik & Wirtschaft

Mindestlohn: DEHOGA kritisiert Unions-Pläne für Lohnuntergrenze

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen haben sich für eine festgelegte Lohnuntergrenze ausgesprochen. Merkel kündigte an, dass beim CDU-Bundesparteitag vom 13. bis 15. November in Leipzig über die Idee abgestimmt werden soll, eine Lohnuntergrenze für alle Branchen einzuführen, die bislang keine Tarifverträge haben. Die Untergrenze soll durch eine „Kommission der Tarifpartner“ festgelegt werden und sich am Tarifniveau der Zeitarbeit orientieren. Der Mindestlohn der Zeitarbeiter liegt bei 7,01 Euro pro Stunde im Osten und 7,89 Euro im Westen.Arbeitgeberpräsident kritisiert bedenklichen politischen Schwenk

Der DEHOGA kritisiert die Kehrtwende von Teilen der CDU in Sachen Mindestlohn genauso wie die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt erklärte, ein derartiger politischer Schwenk sei bedenklich. Wenn auf Vorschlag einer Kommission eine allgemeine Lohnuntergrenze festgesetzt werde, komme dies einem „politischen gesetzlichen Mindestlohn“ gleich. Ein gesetzlicher Mindestlohn sei aber im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die möglicherweise der Stimmung in der Bevölkerung geschuldeten Überlegungen gefährdeten Arbeitsplätze.

Vieles erscheint aktionistisch und wenig durchdacht

DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges kritisierte das Vorhaben im ZDF-Morgenmagazin als aktionistisch. Auf der einen Seite gebe die CDU ein klares Bekenntnis zur Tarifhoheit ab, auf der anderen Seite schlage sie willkürlich die Tarife der Zeitarbeit als Lohnuntergrenze vor. Gerade für gering Qualifizierte müssen die Hürden aus Sicht des DEHOGA niedrig gehalten werden. Mindestlöhne, die über der Produktivität der Schwachen auf dem Arbeitsmarkt liegen, sind nicht nur ökonomisch unsinnig, sondern auch unsozial, weil sie manche Hilfskräfte dauerhaft aus der legalen Arbeit verdrängen. Ein guter Beleg dafür, dass der Mindestlohn sich tatsächlich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken kann, ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit von 25 Prozent in Frankreich bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 9 Euro. Dabei wird in der aktuellen Berichterstattung gerade auf Frankreich als „positives“ Beispiel für den funktionierenden Mindestlohn gern Bezug genommen. Aber auch neben der Frage, wie sich eine Lohnuntergrenze auf den Arbeitsmarkt auswirken würde, gibt es viele offene Fragen. Wie stellt sich die Regierung wohl die Besetzung der „Kommission der Tarifpartner“ vor? BDA und DGB, an die die CDU offenbar bei ihren Plänen denkt, sind keine Tarifparteien. Alleine für das Gastgewerbe müssten vielmehr 18 Vertreter einkalkuliert werden – denn Tarifparteien sind in diesem Fall die Landesverbände des DEHOGA. Branchenübergreifend könnte schnell eine Besetzung in dreistelliger Höhe zusammenkommen – man braucht sicher nicht viel Phantasie, um sich Schlagkraft und Konsensfähigkeit einer solchen Kommission auszumalen. Völlig offen ist zudem die Frage, warum gerade der Tariflohn der Zeitarbeiter – einer Branche ohne jede Tariftradition – als Maßstab herausgegriffen wurde. Im Gastgewerbe liegen die niedrigsten Tariflöhne derzeit – je nach Region – zwischen 6,19 und 9,10 Euro. Aus Sicht des DEHOGA kann es nicht sein, dass durch Mindestlöhne oder politische Lohnuntergrenzen die zwischen der Gewerkschaft NGG und den DEHOGA-Landesverbänden verhandelten Entgelte in Frage gestellt werden.

Auch CDU-Wirtschaftsflügel und FDP sehen Gefahren für deutschen Arbeitsmarkt

Beim Wirtschaftsflügel der Union sowie beim Koalitionspartner FDP stieß das Vorhaben ebenfalls auf Kritik. So gefährden staatliche Eingriffe in die Lohnfindung nach Ansicht des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Joachim Pfeiffer die Tarifautonomie und konterkarieren das bewährte und verfassungsrechtlich gestützte System der Lohnfindung. Ein gesetzlicher Mindestlohn und der damit einhergehende Überbietungswettbewerb schadeten dem Standort Deutschland und gefährdeten Arbeitsplätze. Auch verschlechtere ein gesetzlicher Mindestlohn die Berufseinstiegschancen für Geringqualifizierte und Jugendliche ganz erheblich. Der Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung Hans Michelbach nannte die Festlegung einer Lohnuntergrenze „ordnungspolitisch nicht vertretbar“. Ein branchenübergreifender Mindestlohn widerspreche den Prinzipien der Marktwirtschaft, für die die Union stehe.

Das Interview mit DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges im ZDF-Morgenmagazin können Sie sich hier ansehen…

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